Menden. Vor dem Start zu seiner Reha braucht der Mendener Daniel Huckebrink einen negativen Corona-Test. Doch keine Stelle fühlt sich zuständig.
Eigentlich klang es so einfach: Vor dem Start einer Reha-Maßnahme sollte der Mendener Daniel Huckebrink einen negativen Corona-Test vorlegen. Doch damit begann für Daniels Familie eine schier unendliche Odyssee.
Daniel Huckebrink ist nach einem schweren Autounfall vor vielen Jahren schwerbehindert, ist auf ständige Betreuung und Pflege durch seine Eltern angewiesen. Nun sollte der 31-jährige Mendener zur Reha in eine Klinik. In dem Anschreiben der Klinik an die Familie stand, dass Daniel für die Aufnahme einen maximal fünf Tage alten negativen Corona-Test benötigt. Die Testung, so die Klinik, erfolge „durch einen ärztlichen Abstrich, etwa durch ihren Hausarzt“.
Hausarzt
Der Hausarzt allerdings habe sich geweigert, so berichtet Mutter Heike Huckebrink: „Das sei keine kassenärztliche Leistung, wurde uns gesagt.“
Krankenkasse
Die Familie wandte sich anschließend an die Krankenkasse. Ergebnis: „Die wissen es nicht, können uns auch nicht weiterhelfen.“
Notdienst
Nächste Station: Die Huckebrinks sollten sich unter der Rufnummer 116117 an den kassenärztlichen Notdienst wenden, so die Empfehlung der Krankenkasse. „Da sind Sie hier aber falsch“, sei der Familie vom kassenärztlichen Notdienst gesagt worden.
Kassenärztliche Vereinigung
Doch so leicht gaben die Huckebrinks nicht auf. Als nächstes wandte sich Heike Huckebrink an die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe. Etliche Warteschleifen später „ist uns dann gesagt worden, dass der Hausarzt das Recht hat, den Test abzulehnen“, berichtet Heike Huckebrink.
Daniel Huckebrink- Von seinem Unfall bis heute
Hinzu komme, dass Daniel weder Corona-Symptome habe noch habe er einen Hinweis durch die Corona-Warn-App bekommen – schließlich sollte der Test nur prophylaktisch erfolgen. Der Mediziner dürfe den Test nur abrechnen, wenn ein begründeter Verdacht auf Corona bestehe.
Privatzahler
Doch die Kassenärztliche Vereinigung hatte sogleich einen Tipp für Familie Huckebrink: „Zahlen Sie den Test doch selbst.“
Kein Problem, das machen wir, dachten sich die Mendener. Doch der Hausarzt lehnte auch den privat bezahlten Test ab, berichtet die Familie.
Gesundheitsamt
Weiterer Anlauf: das Gesundheitsamt des Märkischen Kreises. Von dort kam nach einigen Nachfragen ein Rückruf und die Zusage, in den nächsten Tagen einen Test durchzuführen. Es werde sich jemand melden.
Krankenhaus
Darauf aber wollte sich Vater Rüdiger Huckebrink nicht verlassen, zumal sich in den nächsten Tagen niemand mehr gemeldet habe, erklärt Rüdiger Huckebrink. Er telefonierte so lange, bis er ein Krankenhaus im Märkischen Kreis fand, das sich bereit erklärte, den Test durchzuführen. Zwei Tage vor Beginn der Reha wurde der Abstrich genommen, einen Tag später stand fest: Daniel ist Corona-negativ, er kann in seine Reha starten.
Ursachensuche
Unglücklich gelaufen? Oder wer ist für den Corona-Test zuständig? Das Gesundheitsamt des Märkischen Kreises sei es jedenfalls nicht, erklärt Pressesprecherin Ursula Erkens auf Nachfrage der Westfalenpost. „Wir machen das, wenn Menschen beispielsweise aus dem Krankenhaus entlassen werden und ins Altenheim kommen.“ Eigentlich solle auch in solchen Fällen zunächst der Hausarzt gefragt werden, „aber wenn der das nicht macht und jemand von Jetzt auf Gleich ins Altenheim muss, übernehmen wir das kulanterweise“.
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Für einen Test vor einem Reha-Antritt seien die Hausärzte zuständig, betont Ursula Erkens. Seit einigen Tagen gebe es eine Internetseite (coronatestpraxis.de), auf der Hausärzte aus Südwestfalen, die einen Corona-Test durchführen, gelistet werden. Wenn der eigene Hausarzt den Test nicht durchführe, „kann die Familie andere Hausärzte anrufen. Aber das ist ein Fischen im Dunkeln“, weiß Ursula Erkens.
Und was sagt die Kassenärztliche Vereinigung zu dem Wirrwarr? „Es ist nicht einfach“, räumt Vanessa Pudlo, Pressesprecherin der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe, ein. Das Bundesgesundheitsministerium habe eine „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus“ erlassen, in der unter anderem auch der Corona-Test vor einer Reha geregelt werde.
Danach soll bei Menschen, die keine Corona-Symptome haben, die aber in eine Reha-Einrichtung aufgenommen werden sollen, die jeweilige „epidemiologische Lage vor Ort“ berücksichtigt werden. Leistungserbringer sei der „öffentliche Gesundheitsdienst“, also die Gesundheitsämter vor Ort. Diese könnten aber auch, so Vanessa Pudlo, den Test delegieren, etwa an die Hausärzte: „Das ist je nach Stadt anders.“
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Und wer ist nun in dem konkreten Fall zuständig? „Da ist Verwirrung auf verschiedenen Ebenen“, sagt Vanessa Pudlo. Die Frage sei „völlig berechtigt, aber nicht einfach zu beantworten“. Erster Ansprechpartner sei aber das Gesundheitsamt. Hausärzte seien keinesfalls verpflichtet, bei einem asymptomatischen Patienten einen Corona-Test vorzunehmen. Für Patienten sei es „definitiv verwirrend, und es sollte nicht so sein, dass sie von einer Stelle zur nächsten geschickt werden“.
Überraschung für Familie Huckebrink: Kurz vor Daniels Reha-Antritt wollte auch das Gesundheitsamt des Märkischen Kreises einen Corona-Test durchführen. „Der war dann aber nicht mehr notwendig, weil wir ja schon ein Krankenhaus gefunden hatten“, sagt Rüdiger Huckebrink.
Glückliches Ende
Daniel ist mittlerweile in der Reha-Einrichtung angekommen – dank seines negativen Corona-Tests und der Hartnäckigkeit seiner Eltern.
„Ein halbes Jahr leben wir mit Corona, da sollte es für so etwas doch mittlerweile eine Regelung geben“, zeigt sich Heike Huckebrink verständnislos. Und ihr Ehemann Rüdiger Huckebrink fügt hinzu: „Wenn ich mir im Fernsehen angucke, wie die Menschen, die aus Risikogebieten nach Deutschland zurückkehren, sich am Flughafen testen lassen können, dann verstehe ich nicht, wieso behinderte Menschen wie Daniel im Regen stehen gelassen werden. Das ist unzumutbar.“