Menden. Ein interner Bericht US Army offenbart im Nachhinein, was Menden gedroht hätte, wenn die deutschen Oberbefehlshaber nicht kapituliert hätten.

Am 8. Mai 1945 ab Mitternacht schwiegen die Waffen an allen Fronten endgültig, der Zweite Weltkrieg war zu Ende. In Menden hatte der 2. Weltkrieg bereits einige Tage vorher, am 14. April, sein Ende gefunden. War die Stadt in den vorherigen Kriegsjahren fast unversehrt geblieben, so drohte in den letzten Tagen des Krieges doch noch Zerstörung und Tod.

An der Bäckerei Battenfeld starb durch Artilleriebeschuss eine große Anzahl Menschen noch in den letzten Tagen. Die Mendener hatten für Brot angestanden. Am Papenbusch lag auf deutscher Seite das Flakregiment 24 in den dortigen Kasernen. Die Gebäude wurden nach dem Krieg bis 1993 als Northumberland Barracks Standort der Briten.

General nannte seine Soldaten „Battle Babies“

Aus Richtung Iserlohn und Hemer näherte sich die amerikanische 394th Infantry Division gemeinsam mit der 99th Infantry Division unter dem Kommando von Major General Walter E. Lauer, der später seine Erinnerungen in seinem Buch „Battle Babies“ veröffentlichte. Er nannte seine Soldaten „Battle Babies“, was man vielleicht mit „Kindersoldaten“ übersetzen kann, denn sie waren kaum volljährig und völlig unerfahren.

Angespannte Lage

Nach dem Krieg kamen Flüchtlinge nach Menden, Evakuierte aus dem Ruhrgebiet befanden sich in der Stadt. Zwangsarbeiter wurden befreit und versorgten sich notfalls auch mit Gewalt mit Essen. KZ-Insassen aus dem Biebertal wussten nicht wohin. In den Lazaretten, wie im späteren Heilig-Geist-Gymnasium, lagen Verwundete.

Von der Kanalküste über die Ardennen, wo die 99th Division eine furchtbare Feuertaufe erlitt, über Remagen und das Sauerland vorgerückt, stand sie nun vor Iserlohn und Hemer. Am 10. April 1945 gab das Oberkommando der Wehrmacht noch bekannt: „ … nördlich der Sieg und im Ostteil des Sauerlandes halten unsere Divisionen dem pausenlos angreifenden Gegner stand.“ Dies war ein Trugschluss. Menden, Hemer und Iserlohn gehörten zum östlichen Teil des Ruhrkessels, der mit der Kapitulation von Hauptmann Albert Ernst am 16. April 1945 zerbarst.

Ein von den Deutschen zurückgelassener Sturmtiger-Panzer. Amerikanische Soldaten machen erinnerungsfotos. Der Sturmtiger soll in der Nähe des Huckenohl-Stadions (damals Adolf-Hitler-Kampfbahn) am Oesberner Weg gestanden haben.
Ein von den Deutschen zurückgelassener Sturmtiger-Panzer. Amerikanische Soldaten machen erinnerungsfotos. Der Sturmtiger soll in der Nähe des Huckenohl-Stadions (damals Adolf-Hitler-Kampfbahn) am Oesberner Weg gestanden haben. © usa | Harry Haines

Die Rolle von Albert Ernst ist bis heute umstritten, jedoch durfte er sich öffentlich und in Ehren auf dem Schillerplatz in Iserlohn, wo heute Karstadt steht, ergeben. Seine Tigerpanzer befanden sich zunächst im Raum Hemer und hätten auch die Amerikaner in Menden unter Beschuss nehmen können, zogen sich aber dann nach Iserlohn zurück. Diesen Rückzug hatte Generalleutnant Fritz Bayerlein ausgehandelt. Gegenwehr hätte für Menden das Ende bedeutet.

Tage im Visier der Amerikaner

Zuvor lag Menden im Visier der Amerikaner. Am 13. April bewegten sich zwei Truppenverbände von Südosten auf Menden zu. Die 5th Infantry Division unter dem Kommando von Major Le Roy „Red“ Irwin und die 7th Armored Division unter Major General Robert W. Hasbrouck waren auf dem Weg, um Menden zu befreien. An diesem Tag erreichten sie das Hönnetal, Eisborn, Asbeck und Holzen im Biebertal.

Am 14. April wurde Menden von Oesbern und vom Hönnetal aus besetzt. Zwischen 15 und 16 Uhr kamen die Amerikaner in die Stadt. Am Vincenzturm wurden unter ungeklärten Umständen weiße Tücher gehisst und zeitweise wieder abgenommen. Oberbefehlshaber Generalleutnant Fritz Bayerlein hatte der deutschen Tigerpanzereinheit befohlen sich zurückzuziehen. So konnten die Amerikaner kampflos in die Stadt einziehen.

Flugblätter mit Warnungen wurden über Menden abgeworfen.
Flugblätter mit Warnungen wurden über Menden abgeworfen. © stadtmuseum iserlohn | Us Army

Am 16. April wurde die Kapitulation zwischen Colonel John L. Ryan, Stabschef der 7th Armored Division, und Generalleutnant Fritz Bayerlein für alle im Raum stehenden Kräfte ausgehandelt. Wie gefährlich die Situation war, kann man dem After Action Report der Amerikaner entnehmen: „15 Minuten wurden den Deutschen für ihre Entscheidung gegeben. Colonel Ryan machte klar, dass Flugzeuge bereitständen, um die ganze Gegend zu bombardieren. In weniger als drei Minuten gaben die deutschen Unterhändler ihre Entscheidung bekannt. Die Kapitulationsbedingungen wurden angenommen.“

Furchtbare Bilder in Hemer

Grausiges fanden die Amerikaner am gleichen Tag in der Nachbarstadt Hemer vor. Dort im Stalag VI A, einem der größten Kriegsgefangenenlager des Reiches, waren 23.000 Gefangene unter schlimmsten Bedingungen untergebracht. Der After Action Report sagt: „Die Lebensbedingungen waren unmenschlich. Im Hospital waren 9000 Patienten mit Typhus, Fleckfieber, Tuberkulose, Darmerkrankungen. Es gab täglich 100 bis 150 Tote, die Toten lagen unbegraben herum.“ Seit 1964 hieß dieser grauenvolle Ort „Blücher-Kaserne“ und war Standort des Bundeswehr, heute liegt dort der Sauerlandpark. Am 9. Mai klang aus den Volksempfängern die Mitteilung des Oberkommandos der Wehrmacht: „ ... Seit Mitternacht schweigen nun an allen Fronten die Waffen. Auf Befehl des Großadmirals hat die Wehrmacht den aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt.“

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