Fröndenberg. Christoph Krause greift jeden Abend um 19 Uhr vor dem Schmallenbach-Haus in Fröndenberg zum Baritonhorn und spielt für Bewohner und Mitarbeiter.
„Ich spiele noch so lange weiter, bis ich für Besuche wieder ins Haus gehen kann“, verspricht Christoph Krause. Für die Bewohner und Mitarbeiter des schwer Corona-gebeutelten Schmallenbach-Hauses in Fröndenberg spielt der engagierte Ehrenamtliche jeden Abend altbekannte Lieder auf seinem Horn. Natürlich aus sicherer Entfernung.
Beginn ist pünktlich um 19 Uhr. Und dann spielt Christoph Krause in der Regel von fünf verschiedenen Punkten aus rund um das
Schmallenbach-Haus
auf dem Hirschberg, damit ihn auch möglichst alle hören können. Das Repertoire, welches er auf seinem Baritonhorn anstimmt, sind wohlbekannte Volks- und Kirchenlieder, die gerade (aber sicher nicht nur) ältere Menschen auswendig mitsingen können.
Und sie passen auch zur Tageszeit: „Der Mond ist aufgegangen“ gehört an jedem Abend dazu. „Nun ruhen alle Wälder“, „Müde bin ich geh zur Ruh“, „Komm Herr segne uns“, „Guten Abend gute Nacht“, „Kein schöner Land“ und noch ein paar mehr folgen dann in wechselnder Reihenfolge. Oder auch „Der Tag, mein Gott, ist nun vergangen“. „Das ist mein Lieblingslied, auch wenn es wohl nicht ganz so bekannt ist wie die anderen.“
Aktion gestartet, kurz nachdem Coronavirus die Einrichtung erreicht hat
Auf Wunsch hat er für Bewohner des Schmallenbach-Hauses auch schon Liedzettel gedruckt und in ihre Briefkästen geworfen. Seine eigenen Noten sind laminiert, als Schutz gegen Regen. „Ich spiele nämlich bei jedem Wetter“, sagt Christoph Krause über seine Aktion, die er am 29. März gestartet hat. Das war kurz nachdem das Virus die Einrichtung erreicht hatte. Angehörigen und auch Ehrenamtlichen war das Betreten zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr möglich.
Einst war der Fröndenberger sehr oft in dem Haus. Als Ehrenamtskoordinator, unterstützend im Bewohnerbeirat, im Besuchsdienst, nicht nur zu Geburtstagen, auch bei anderen Festen. Aber ebenso in den schweren Stunden vieler Menschen, denn Krause arbeitet auch im Hospizdienst.
Bewohner auf Terrasse oder Balkon
In Kontakt kam er mit dem Schmallenbach-Haus, als seine pflegebedürftige Mutter dort lebte. Im Fröndenberger Posaunenchor der evangelischen Kirchengemeinde kann er seine Leidenschaft für die Musik ausleben. Nun nimmt er sein Instrument, das Baritonhorn, jeden Abend mit auf den Hirschberg, macht schon im Auto Aufwärmübungen für die Lippen.
Wenn er zu spielen anfängt, kommen die Bewohner – so weit es ihnen noch möglich ist – auf ihren Balkon oder Terrasse, oder öffnen zumindest die Tür. Selbst am Montagabend, wo bei eigentlich ganz frühlingshaften Temperaturen aber eine ganz ordentliche Brise wehte. So weit die Zeit dazu ist, kommen auch Pflegerinnen und Pfleger dazu. Und mittlerweile – natürlich in sicherer Distanz – auch Menschen aus dem angrenzenden Wohngebiet.
Christoph Krause denkt an Verstorbene aus dem Schmallenbach-Haus
Der Applaus seiner Zuhörer, die Freude über die seit Kindertagen bekannten Melodien sei selbstverständlich ein wunderbarer Lohn, sagt der 79-jährige Krause. „Ich mache es aber auch für mich. Die Musik tut meiner Seele gut.“ Und sie tröstet, wenn Krause an die aus dem Altenzentrum durch das Virus Verstorbenen denkt. „Das ist so unfassbar und traurig.“ Er erzählt als Beispiel von einer Frau, die eigentlich körperlich noch in ganz guter Verfassung war.
Für das Team des Hauses rund um Geschäftsführer Heinz Fleck hat er nur lobende Worte. Den Gratulationsdienst zu den Geburtstagen der Senioren kann Christoph Krause zumindest am Telefon weiter führen. Sein Konzert vor dem Gebäude endet nach gut einer halben Stunde. Weil dann auch so langsam das Anblasen des Mundstücks an seinem Instrument anstrengend wird. Es passt aber auch insofern gut, weil im Anschluss jeden Abend um 19.30 Uhr in ökumenischer Verbundenheit alle Kirchenglocken (nicht nur) in Fröndenberg läuten.