Fröndenberg. Drei weitere Tote über die Ostertage, davon wohl mindestens eine Frau (86) aus dem Schmallenbachhaus: Dort gibt es weiter Kritik am Kreis Unna.

Niederschmetternde Nachrichten zur Corona-Krise aus Fröndenberg: Neun Tote zählt inzwischen zählt das Gesundheitsamt des Kreises Unna, drei mehr als vor den Ostertagen. Damit ist Fröndenberg weiterhin nicht nur der einsame und traurige Spitzenreiter in der schlimmsten Corona-Statistik: Bislang kamen alle Verstorbenen aus dem stark betroffenen Altenheim Schmallenbachhaus am Hirschberg. Doch weil der Kreis Unna – wie zuvor angekündigt – am Montag ausschließlich die Zahlen, aber keine näheren Informationen veröffentlichte, blieb über Ostern unklar, ob alle zuletzt mit Covid-19 Verstorbenen ebenfalls aus dieser Einrichtung stammen.

Sohn meldet dem Schmallenbachhaus den Tod der Mutter

Nicht einmal dessen Geschäftsführer Heinz Fleck kann das noch mit Bestimmtheit sagen, weil inzwischen etwa 20 Bewohnerinnen und Bewohner in Krankenhäuser verbracht wurden. Der Einrichtungsleiter muss allerdings in einem Fall davon ausgehen, dass es erneut das Schmallenbachhaus getroffen hat: Der Sohn einer 86-jährigen, positiv getesteten Hochrisikopatientin hatte ihn über den kürzlichen Tod seiner Mutter im Krankenhaus Lünen informiert.

Geschäftsführer bewertet Informationspolitik als „unerträglich“

Heinz Fleck zeigt sich mit der Informationspolitik des Kreises absolut nicht einverstanden: „Sicher haben wir Feiertage. Aber wir reden hier von einer Gesundheitsbehörde in einer absoluten Ausnahmesituation.“ In einer solchen Lage müsse auch der Kreis Unna zumindest für unmittelbar Beteiligte die notwendigen Informationen liefern. Und ob Feiertage oder nicht: Im Ungewissen darüber zu bleiben, ob zwei weitere seiner Bewohner unter den Verstorbenen sind, sei „unerträglich“, kritisiert Fleck. Es gebe in Fröndenberg auch andere Häuser mit positiv getesteten Bewohnern, hinzu komme die Möglichkeit, dass es auch Menschen betreffen kann, die gar nicht in einer Senioreneinrichtung leben.

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Er mache gerade zum wiederholten Mal die Erfahrung, dass sich offenbar nur dann etwas zum Besseren wendet, wenn er Zustände öffentlich anprangere. So habe erst sein Hilferuf in der Presse zur ärztlichen Versorgung des Schmallenbachhauses zu durchgreifenden Verbesserungen geführt. Zunächst kam auf Vermittlung der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) bekanntlich ein Notfallmediziner aus Lünen ins Schmallenbachhaus. Zuvor hatten Leitungskräfte aus dem Schmallenbachhaus beim regulären Ärztlichen Notruf der KV mehrfach vergebens um Arztbesuche gebeten.

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Seit Donnerstag hat nun mit Dr. Thomas Huth ein Allgemeinmediziner aus Fröndenberg die feste medizinische Betreuung der Schmallenbachhäuser übernommen. Dr. Huth ist seit mehr als zehn Jahren auch Geschäftsführer der Gesundheitsnetz Unna GmbH. Diesem Arzt ist Heinz Fleck nach eigenen Worten unendlich dankbar: „Er ist täglich mehrere Stunden bei uns. Das nimmt hier viel Unruhe heraus.“

Einrichtung sieht von Amts wegen täglich neue Anforderungen statt Hilfen

Gleichwohl blieben für ihn als Geschäftsführer zu viele Fragen offen. Etwa die, wie es um die Zahl der wieder gesundeten Bewohnerinnen und Bewohner steht. Und als Fleck angesichts von mehr als 50 positiv getesteten Beschäftigten beim Kreis anfragte, ob er nun Fremdfirmen beauftragen oder Helfer einsetzen dürfe, habe er lange keine Antwort erhalten. Stattdessen solle er laut einer Anordnung des Gesundheitsministeriums jetzt in voll besetzten Häusern Normal-, Quarantäne- und Isolierbereiche einrichten.

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„Notfalls“ Zwölf-Stunden-Schichten und Fixierung dementer Bewohner?

Die Arbeitszeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dürften zudem „notfalls“ auf bis zu zwölf Stunden am Stück ausgedehnt, Patienten „notfalls“ auch fixiert werden. Fleck dazu: „Wir haben bis zu 80 Prozent dementiell veränderte Bewohnerinnen und Bewohner. Viele von ihnen bleiben nun mal nicht auf ihren Zimmern. Was man ihnen sagt, haben sie kurz darauf wieder vergessen.“ Und wer von Pflegekräften jetzt zwölf Stunden verlange, habe offenbar noch nie unter einer Schutzmaske gearbeitet. Stattdessen seien im Schmallenbachhaus inzwischen auch Leitungskräfte wieder unmittelbar in der Pflege tätig geworden.