Menden. Zum zweiten Mal müssen die Mendener Wahlbezirke neu zugeschnitten werden. Damit ist die Kandidatenkür der SPD ebenso hinfällig wie die der CDU.

Es klingt unglaublich, aber es ist wahr: Wegen einer erneuten Änderung der Regeln für die Kommunalwahlen am 13. September muss jetzt auch die Mendener SPD alle ihre bereits gekürten Wahlbezirks-Kandidaten neu nominieren. Und das, obwohl die Genossen das langwierige und hochbürokratische Prozedere erst am Samstag hinter sich gebracht haben (die WP berichtete). Damit ereilt die Sozialdemokraten dasselbe Schicksal wie die CDU. Die hatte bereits im November nominiert – und war von der ersten Änderung erwischt worden. Immerhin: Die Union hat ihre Neuauflage in den März gelegt. Die Grenzzieher im städtischen Wahlausschuss dagegen müssen am 19. Februar zum dritten Mal ran: Das dürfte es in der Geschichte demokratischer Wahlen in Menden noch nicht gegeben haben.

Die Mendener Wahl-Organisatorin Sylvia Bastek erklärte auf WP-Anfrage, wie es zu der kuriosen Situation kommen konnte – und warum die Stadtverwaltung aus ihrer Sicht auf einer Reform der Reform bestehen muss. Im Wahlamt sei man „im Dreieck gesprungen“, als man von der erneuten Änderung durch das Innenministerium erfahren habe, berichtet Bastek. Aber der Reihe nach.

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Es begann Anfang Januar mit einem Urteil des NRW-Verfassungsgerichtshofs zu den Wahlbezirken in den Städten. Vorher durfte die Einwohnerzahl in einem Wahlbezirk bis zu 25 Prozent von Durchschnitt aller anderen abweichen. Die Verfassungsrichter verringerten das auf höchstens 15 Prozent. In Menden waren damit Knall auf Fall mindestens zwei der 22 Wahlbezirke, die der Wahlausschuss gerade abgesegnet hatte, zu groß oder zu klein geworden. Auch wenn sich die Zahl der Bezirke und damit auch die Zahl der 22 zu nominierenden Kandidaten nicht änderte, muss die CDU nochmal ran. Denn sie hatte im November ja die „alten“ Wahlbezirke mit Kandidaten besetzt. Ohne Neuauflage, so Sylvia Bastek damals, könnte das Wahlergebnis angefochten werden. Was im Zweifel sogar Neuwahlen in Menden bedeuten könnte.

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Also legte der Wahlausschuss am 22. Januar die Grenzen der 22 Bezirke an einigen Stellen nochmals neu fest. Alles schien in Butter, und am 8. Februar nominierte die SPD ihre 22 Kandidatinnen und Kandidaten. Doch dann grätschte das Innenministerium ins Mendener Idyll: Reichte es vorher aus, die Zahl der Einwohner mit Stand vom 30. April 2019 als Basis für die Berechnung der Bezirke zu nehmen, musste es jetzt der 7. Februar 2020 sein. Sylvia Basteks Team rechnete neu – und siehe da: In diesem Zeitraum hatte die neue Seniorenresidenz an der Kolpingstraße ihre Zimmer weitestgehend aufgefüllt. Die betagten neuen Einwohner des Innenstadt-Wahlbezirks 12 hoben dessen Abweichung vom Mittel aller anderen kräftig an – von zuvor knapp 15 auf jetzt 16,1 Prozent. Zu hoch also.

SPD-Chef verärgert über ausgebliebene Vorwarnung der Stadt

Verärgert über die Stadtverwaltung zeigte sich am Abend der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Mirko Kruschinski: „Zwischen dem 22. Januar und dem 8. Februar wäre doch wohl genügend Zeit gewesen, uns vorzuwarnen. Stattdessen hat man uns mit der Nominierung ins offene Messer laufen lassen.“

Kruschinski erinnerte daran, dass eine Nominierungsveranstaltung auch Geld koste: Von den Einladungen über die Saalmiete bis zur Verpflegung würden mehrere hundert Euro die Parteikasse belasten. „Für nichts.“

Deshalb muss der Wahlausschuss am 19. Februar jetzt zum dritten Mal ran, und die SPD muss mit ihren Kandidaten ebenso nachsitzen wie die CDU. Um den Treppenwitz komplett zu machen: Der Ukas zur Einwohnerzahl traf exakt am 22. Januar im Rathaus ein – dem Nachmittag, an dem der Wahlausschuss seine zweite Aufteilung vornahm, die jetzt wieder hinfällig ist. Zu der Zeit, sagt Bastek, war das Unheil nicht mehr aufzuhalten, denn für die Neuberechnung blieb keine Zeit mehr.

„Äußerst unglücklich“ findet selbst die Mendener Wahl-Organisatorin diese Konstellation. Der einzige Trost für Sylvia Bastek: „Es ergeht gerade auch anderen Städten so.“