Menden. Ein Mann, ein Hahnenschrei: Sebastian Meisterjahn ist diesmal Mendens „Gockel des Jahres“. Gekürt von der MKG Kornblumenblau, geht’s in die Bütt!

Sebastian Meisterjahn ist Sozialdemokrat. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass ihn der Vorstand der Mendener Karnevalsgesellschaft MKG zum „Gockel des Jahres“ gekürt hat – viel zu lachen hatten Sozialdemokraten zuletzt eher nicht. Umso mehr ehrt es Meisterjahn, dass er dem Vorsitzenden von Kornblumenblau, Gisbert van Gelder, die Teilnahme an der Närrischen Ratssitzung an Rosenmontag zusagte. Denn das brockte ihm neben der Pflicht zur Gockelrede auch dieses Interview ein.

WP: Herzlichen Glückwunsch dem „Gockel des Jahres“!

Sebastian Meisterjahn: Danke.

Hand aufs Herz: Was ist Ihnen tief im Innern wirklich wichtiger? Die SPD oder der Karneval?

Ah, eine Fangfrage! Egal was ich jetzt sage, es ist verkehrt.

Genau. Und?

Dann sage ich: Im Karneval ist selbstverständlich der Karneval wichtiger!

Nicht schlecht gelöst. Sie müssen in der Närrischen Ratssitzung am Rosenmontag nun die Gockelrede halten. Ist das etwas für Sie?

Naja, an der Rede feile ich noch. Dabei hilft mir zum Glück ein guter Bekannter, der selber schon Gockel war. Dem schickt man schon mal was zum Drübergucken. So ein Austausch ist natürlich extrem wichtig.

Und man muss viel reden üben. Da ist es natürlich nicht gut, dass im Stadtrat keine Haushaltsreden mehr gehalten werden. Sie hätten trainieren können...

Das ist natürlich richtig.

Und wenn die Gockelrede jetzt so richtig schlecht wird?

Dann halte ich sie beim nächsten Mal als Haushaltsrede!

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Abgemacht. Beim Co-Autor muss es sich um Mirko Kruschinski handeln, den Gockel des Vorvorjahres, der als „Ede Krawallski“ auftrat. Ihr Vorsitzender in der SPD! Wissen Sie schon, wer Sie seien wollen? Krawummski vielleicht?

Ehrlich gesagt, ich überlege noch. Außerdem soll’s ja eine Überraschung werden!

Waren Sie entsetzt oder begeistert, Gockel des Jahres zu werden?

Also, ich empfinde das schon als eine Auszeichnung. Immerhin ist ja Bedingung, dass die oder der Auserwählte vorher sehr kräftig und gut hörbar gekräht haben muss. Und ein bisschen Humor trauen sie einem offenbar auch zu. Als ich zuhause davon erzählt habe, war das genau die erste Frage meiner Frau: Wie kommen die auf DICH? Wie wird man denn da ausgewählt?

Steckbrief: Das ist Sebastian Meisterjahn

Sebastian Meisterjahn ist 38 Jahre alt, verheiratet und Vater einer Tochter. Von Beruf ist er Bankkaufmann.

Der Sozialdemokrat ist Mitglied des Stadtrates.

Er ist stellvertretender Vorsitzender der SPD Menden und Fraktionsgeschäftsführer.

Seine Hobbys: Fußball (acht Jahre war er erst Kassierer, dann Geschäftsführer der DJK Bösperde), American Football (nicht nur beim Super-Bowl) und das Schützenwesen (er ist Oberleutnant bei HBL).

Es soll vor allem Ihre Aktion „Aktenordner für Dänemark“ gewesen sein, mit der Sie die Domain afd-menden besetzen wollten. Außerdem sind Sie für humorige Zwischenrufe im Stadtrat bekannt. Als neulich in der Debatte zum Rats-TV gefragt wurde, was passiert, wenn ein Ratsmitglied reden, aber nicht gefilmt werden will...

...ja, da habe ich einen Werbeblock vorgeschlagen.

Sowas schreit geradezu nach der Gockel-Ehre. Nach allem, was die WP so hört, sind die Erwartungen an Ihre Rede ziemlich hoch.

Das ist das Problem.

Was hat das Narrenvolk da zu erwarten? Haue für die Union? Oder Dresche für die Bundes-SPD?

Ich denke, ich werde weder Walter-Borjans noch Esken zum Thema machen, weil ich da nichts witzig finde. Klar ist, dass es um Menden gehen muss. Und es wird auf jeden Fall so sein, dass ich unserer eigenen SPD mal den Spiegel vorhalte.

Wir sind gespannt. Wie gefällt Ihnen die Närrische Ratssitzung als Bühne überhaupt?

Seit 2015, als der damalige VHS-Leiter Achim Puhl der Gockel war, bin ich regelmäßig dabei. Mir macht das Spaß, das ist eine tolle Veranstaltung, ich bin wirklich gerne da. Allerdings bin ich auch karnevalistisch vorbelastet. Und fürs Reden habe ich hoffentlich auch ein paar Gene mitbekommen.

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Moment. Das müssen Sie beides mal näher erklären.

Ich habe lange Jahre beim Fanfaren-Corps Kolping Lendringsen Trompete gespielt. Da sind wir natürlich auch im Karneval aufgetreten, das hat mir immer Riesenspaß gemacht. Und da weiß man später, was auf einen zukommt.

Wie kamen Sie als Berufsbösperder überhaupt nach Lendringsen?

Ganz einfach: Indem ich am Berkenhofskamp aufgewachsen bin!

Ah, okay. Und wie war das mit Ihren Genen?

Mein Opa mütterlicherseits, Josef Dasbeck, zeichnete sich immer dadurch aus, dass er zu jedem Anlass in der Familie ausgiebige Reden hielt. Geburtstage, Silberhochzeit, egal: Mein Opa hat dazu immer humorvolle Klamotten rausgehauen. Das kenne ich also seit frühester Kindheit. Vielleicht ist da was auf mich übergegangen.

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Könnten Sie sich vorstellen, auch nach der aktiven Zeit als Gockel später im Karneval noch eine Rolle zu spielen?

Mirko Kruschinski ist als Ede Krawallski ja auch im Jahr darauf nochmal aufgetreten und hat die Figur auch im Internet noch weiterleben lassen. Ich schließe also nichts aus. Aber jetzt würde ich erstmal gerne diese Gockelrede hinter mich bringen. Das macht man schließlich nicht täglich. Schlagfertigkeit ist das eine, aber eine gut pointierte Rede zu halten, schon noch etwas anderes. Und im nächsten Jahr kommt dann ja noch die Laudatio auf meinen Nachfolger – oder meine Nachfolgerin.

Herr Meisterjahn, wir wünschen Ihnen und Ihren Zuhörern eine guten Auftritt – auch wenn dann keine Haushaltsrede mehr daraus wird!

Danke, das wünsche ich mir auch.