Menden. Wo ist die zehnjährige Lia? In Menden läuft seit Samstag eine großangelegte Suche. Es kommen dabei auch viele technische Hilfsmittel zum Einsatz.

Ein unachtsamer Moment und plötzlich ist die zehnjährige Lia aus Menden verschwunden. Vermutlich barfuß und im Schlafanzug. Drei Tage nach dem Verschwinden der Zehnjährigen gibt es eine neue Spur in der Hönne – doch die Suche bringt erneut keinen Erfolg. Tausende Menschen beteiligen sich an der großangelegten Suche nach dem autistischen Kind. Außer Manpower kommen auch viele Spezialkräfte und technische Hilfsmittel zum Einsatz.

1. Die Rettungshundestaffeln

Sie haben eine extrem geschulte Nase und verfolgen stets die neuste Spur: Rettungshunde. Hundeführer machen sich mit sogenannten Mantrailer- oder Flächenspürhunden auf die Suche nach Lia. Viele Stunden lang, im Hellen und im Dunkeln, bei Kälte, im Regen – doch leider ohne Erfolg. Verschiedene Staffeln aus dem Umkreis machen mit und geben alles, um das Mädchen aufzuspüren. Mit dabei sind unter anderem die Rettungshundestaffeln Märkisches Sauerland um Nicole Stumpf und die Rettungshundestaffel Südwestfalen um Christine Behniger. Die Ehrenamtler sind mit ihren Privathunden unterwegs und gehören dem Bundesverband Rettungshunde (BRH) an.

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Nicht nur die Diensthunde der Polizei sind im Einsatz, sondern auch Rettungshundestaffeln.
Nicht nur die Diensthunde der Polizei sind im Einsatz, sondern auch Rettungshundestaffeln. © Alex Talash | Alex Talash

Die Polizei fordert ihre Hilfe an. „Es ist immer ein anderes Gefühl, wenn ein Kind weg ist“, sagt Nicole Stumpf. „Vor allem wenn man selbst Mutter ist und vielleicht ein Kind im selben Alter hat.“ Gemeinsam mit ihrem Team aus Ehrenamtlern ist sie Samstag und Sonntag nach Menden gereist, um Lia zu finden. Sechs Hundeführer mit ihren Tieren, vier Suchtruppenhelfer und ein Zugführer waren in ihrem Team. „Wir haben die Uferrandsuche gemacht.“ Nicole Stumpf ist sehr betroffen. „Ich finde es ganz schlimm“, sagt sie und denkt dabei auch an die Eltern des kleinen Mädchens.

Der Einsatz in Menden hat es in sich, nicht nur weil es für die Ehrenamtler emotional ist. Die Hönne hat einen hohen Pegel, die Luft wird dort verwirbelt und Spuren verblassen schneller. Wetter und Geografie sowie das Alter von Spuren beeinflussen die Suche. Je länger jemand vermisst ist, desto schwächer ist der Geruch. Die Flächenspürhunde suchen nach Menschen in einem bestimmten Gebiet, die Mantrailerhunde konkret nach Lia. „Die Gewinnung des Geruchsartikels ist schwierig“, erklärt Christine Behniger. Er dürfe nicht kontaminiert sein, um dem Hund keine falschen Eindrücke zu liefern.

Die Tiere sind hochspezialisiert, haben eine drei bis fünf Jahre lange Ausbildung hinter sich und sich auf alle Situationen trainiert. Sie lassen sich nicht ablenken. „Gut sind beispielsweise die Innensohlen von Schuhen“, sagt die Expertin. Auch Körperflüssigkeiten würden sich eignen, da andere Personen diese nicht gerne berühren. Der Hundeführer wählt den Geruchsträger aus und zeigt ihn dem Tier. Es nimmt dann die Spur auf und folgt dieser bis zum Schluss. Die Hunde laufen an der Leine und verfolgen immer die frischeste Spur – so lange, bis es nicht weitergeht oder sie die Person gefunden haben.

2. Strömungsretter in der Hönne

Wenn die Mendener Feuerwehr mit ihren Überlebensanzügen nicht weiterkommt, dann kommen Strömungsretter verschiedener Feuerwehreinheiten und helfen. Wie bei der Suche nach Lia in der Hönne. Kräfte aus unter anderem Balve, Hagen und Fröndenberg steigen mit Spezialausrüstung in den Fluss, um Hinweisen nachzugehen. Mal ziehen sie eine Weste aus dem Wasser, mal einen Schlafsack.

Die Strömungsretter haben keinen leichten Job.
Die Strömungsretter haben keinen leichten Job. © Westfalenpost | Thomas Hageman

Strömungsretter sind speziell ausgebildete Kräfte der Feuerwehren, die Menschen aus fließenden Gewässern retten. Sie wenden unterschiedliche Techniken an, um zum Erfolg zu gelangen. Entweder sie werfen eine Leine zu der betroffenen Person als Sicherung oder lassen sie selbst schwimmen. Alternativ und abhängig von Wassertiefe und Strömung des Gewässers waten die Einsatzkräfte auch zur Person. Sie waten dabei stromaufwärts. Mit beispielsweise vier Kräften bilden die Retter eine Raute und stützen sich gegenseitig. Die zu rettende Person nehmen sie auf dem Rückweg in die Mitte.

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Die Einsatzmöglichkeiten sind vielfältig. So ist es bei einer im Wasser treibenden Person auch möglich, dass ein Retter ins Wasser springt und das Opfer umklammert. Der Retter ist dabei durch eine Leine gesichert. Die Helfer an Land spannen das Seil und lassen Schwimmer und die Person ans Ufer pendeln. Auch über eine sogenannte High Line kann gerettet werden. Dabei werden Leinen oberhalb der Person gespannt, an der wiederum Leinen befestigt werden, die ein Boot halten. Das Boot kann dann über Seile gesteuert werden und mithilfe des Bootes die Person aus dem Wasser geholt werden.

3. THW sucht mit Booten und Sonarsonde

Das Technische Hilfswerk THW hat bei der Suche nach Lia am Wochenende geholfen. Zwölf ehrenamtliche Einsatzkräfte aus den Ortsverbänden Balve und Wetter waren am Sonntag, 2. Februar, beteiligt – angefordert durch die Landespolizei.

Auch das THW Balve unterstützt bei der Suche.
Auch das THW Balve unterstützt bei der Suche. © THW Balve | THW Balve

„Der örtlich zuständige Ortsverband Balve führte den THW-Einsatz mit seinem Zugtrupp. Der Ortsverband Wetter unterstützte mit seiner Fachgruppe Wassergefahren die Suche direkt“, sagt Sebastian Vogler vom Bundesverband. Diese Fachgruppe verfügt über verschiedene Wasserfahrzeuge und ein Sonar. Dieses Messgerät kam auch in Menden zum Einsatz.

„Bei der Suche in Menden setzten die THW-Kräfte ein normales Schlauchboot ein, das als Träger für das Sonar dient. Das Boot zieht die Sonarsonde durch das Wasser.“ Die Ergebnisse werden dann auf einem Bildschirm, der sich auf dem Boot befindet, angezeigt. Sonar sei ein gängiges Verfahren zur Unterwasserortung mittels ausgesandter Schallimpulse.

4. Hubschrauber der Polizei kreisen

Verschiedene Hubschrauber unter dem Rufnamen „Hummel“ hat die Polizei bei der Suche nach der zehnjährigen Lia am Samstag, Sonntag und Montag eingesetzt. Sie kamen unter anderem von Dortmund nach Menden, sagt Christof Hüls. Er ist Pressesprecher der Kreispolizeibehörde. Die neusten Helikopter der Landespolizei NRW sind mit moderner Technik ausgestattet: Sie haben unter anderem eine Wärmebildkamera, ein hochauflösendes Videobildsystemen und Hochleistungsscheinwerfer an Bord. Auch das Cockpit und die Kommunikationstechnik sind auf dem neusten Stand, der Autopilot unterstützt vor allem bei Nachteinsätzen.

Der Hubschrauber der Polizei kreist über Menden.
Der Hubschrauber der Polizei kreist über Menden. © Alex Talash | Alex Talash

„Beim Einsatz des Hubschrauber geht es auch um den Spürsinn der Kollegen und darum, eine andere Perspektive einzunehmen“, erklärt Christof Hüls. Den Einsatz in Menden hat ein Polizeiführer koordiniert. Er ist es auch, der bei der Landespolizei bei Bedarf einen Hubschrauber anfordert.

Je nachdem, wie viele Einsatzlagen es in NRW gibt, ist ein Helikopter verfügbar. „Sie sind sehr flexibel einsetzbar“, sagt Hüls. Es sei jedoch nicht möglich, einen Hubschrauber über Stunden zu „blockieren“, da die Flugobjekte im gesamten Bundesland benötigt werden. Sie sind unter anderem in Düsseldorf und Dortmund stationiert. „Der Helikopter muss gezielt eingesetzt werden, wenn ein konkreter Suchauftrag vorliegt.“

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In Menden sei das beispielsweise durch den veränderten Wasserpegel der Hönne der Fall gewesen. Generell kommen die Fluggeräte eher über unbebauten Gebieten zum Einsatz, zu genauen Einsatzmethoden möchte der Polizeisprecher aus taktischen Gründen nichts sagen. Der Suchradius sei groß gewesen – bis zur Ruhr. „Wir hoffen einfach weiter, dass sie sich doch nur irgendwo versteckt hat“, sagt Christof Hüls. Doch die Chancen die Zehnjährige gesund zu finden, werden mit jeder verstrichenen Stunde geringer.

5. Drohnen von Polizei und Feuerwehr

Ob nach einem Hausbrand zum Auffinden von Glutnestern in unzugänglichen Dächern, zur Dokumentation von Unfallstellen, für Vermessungen von Geländen oder zur Suche nach Vermissten: Drohnen als Einsatzmittel sind auch bei Polizei und Feuerwehr heute keine Seltenheit mehr. In Menden gilt das allerdings nur bedingt: Die Polizei-Drohne, die auf der Suche nach Lia entlang der Hönne zum Einsatz kam, hatte die Wuppertaler Bereitschaft mitgebracht. Die Polizei Wuppertal ist eine von zehn Pilot-Behörden für die Multikopter: Sie sollen die Eignung von Drohnen für bestimmte polizeiliche Dienste testen. Das Projekt ist erst wenige Wochen alt, erklärte ein Sprecher in Wuppertal auf WP-Anfrage.

In Essen führte ein Drohnen-Einsatz erst vor wenigen Tagen zu einem Fahndungserfolg: Bei Kontrollen in einem unübersichtlichen Gewerbegebiet wurden zwei Flüchtende mit Hilfe der Drohne entdeckt und festgenommen worden. Auch die Essener Polizei nimmt an dem Pilotprojekt teil.

Das Foto zeigt die Drohne der Polizei, mit der Lia (10) gesucht wird.
Das Foto zeigt die Drohne der Polizei, mit der Lia (10) gesucht wird. © Polizei

Mit ihrer fest installierten Kamera überfliegt der ferngesteuerte kleine Hubschrauber Einsatzstellen und filmt das Geschehen am Boden, wobei den Videos auch scharfe Standbilder entnommen werden können. Drohnen-Kameras sind grundsätzlich auch als Wärmebildkameras zu benutzen, die bei der Vermisstensuche von entscheidender Bedeutung sein können.

Die Mendener Feuerwehrleute setzten ihre Drohne auf der Suche nach Lia an unzugänglichen Stellen entlang der Hönne in Bösperde ein. In der heimischen Wehr ist die Drohne noch kein offizielles Einsatzmittel. Doch Kameraden mit entsprechender Bescheinigung und Drohnen-Führerschein hätten in diesem besonderen Fall von ihren Flugapparaten Gebrauch gemacht, berichtet Feuerwehrsprecher Stefan Deitel.

Vom Preis her dürften die Multikopter der Polizei im oberen Segment liegen. Drohnen gibt es als günstige Spielzeuge, als faltbaren Spaßflieger für wenige hundert Euro – aber auch als absolute High-Tech-Produkte im fünfstelligen Euro-Bereich.

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