Menden. Das Verschwinden von Lia (10) in Menden vereint die Menschen in ihrer Sorge. Hunderte Freiwillige suchen in Garagen, unter Autos, hinter Büschen.

Barfuß ging die kleine Lia. Am Körper trug die Zehnjährige nur ihren rosafarbenen Schlafanzug. So muss sich das Mädchen am Samstagnachmittag gegen 16 Uhr aus dem Elternhaus in Menden geschlichen haben. Seitdem fehlt von ihr jede Spur. „Wir hoffen auf ein Wunder“, sagt Polizeisprecher Marcel Dilling. Die Zuversicht, dass das Drama eine Wendung zum Guten erfahren könnte, schwindet von Minute zu Minute. Und das, obwohl Menden mit Hilfe der Nachbarstädte eine Suchaktion auf die Beine stellte, wie es sie in der Stadt an der Hönne wohl noch nicht gegeben hat.

Spürhunde schlagen an

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Bei der Suche nach Lia halfen viele Mendener mit, die Anteilnahme in Menden war riesig.
Von Thekla Hanke, Tobias Schürmann, Jennifer Wirth, Corinna Schutzeichel und Thomas Hagemann

„Aufgrund einer weiteren Zeugenangabe geht die Polizei gegenwärtig davon aus, dass das Mädchen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hönne gefallen ist“, teilte die Polizei am Sonntagnachmittag mit. Diesen Verdacht hatte es bereits zuvor gegeben. Spürhunde hatten am Ufer angeschlagen. Doch weder in der Hönne noch in der Ruhr wurde das Mädchen bislang entdeckt. Nicht von den Posten der Mendener Feuerwehr, die Flüsse und Ufer ausleuchteten und absuchten, nicht von den Einheiten des Technischen Hilfswerks, das die Ruhr bei Fröndenberg mit Sonar-Booten kontrollierte, nicht von Hagener Tauchern, auch nicht von Strömungsrettern der Feuerwehren Altena, Fröndenberg, Hagen, Nachrodt und Balve oder Wasserrettern aus Langscheid, die alle Meter für Meter die Hönne durchsuchten.

Kampf gegen die Strömung

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Athletische Männer, denen die Strömung immer wieder die Beine wegzog. „Wegen der Strömung muss stark auf den Eigenschutz geachtet werden“, erklärt Annika Thüsing, Sprecherin der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft in Langscheid.

Lia leidet an Autismus, weshalb ihr Verhalten von dem anderer Kinder ihres Alters abweichen könnte. „Das Mädchen versteckt sich – auch bedingt durch die Krankheit – gerne“, teilt die Polizei mit. „Jede Nische, jede noch so kleine Öffnung, in die eine Zehnjährige passen könnte, kommt daher als Versteck in Betracht.“ Sie kann sich also irgendwo in der Stadt verkrochen haben und versteckt halten. Das Kind kann nicht sprechen, sondern nur Laute ausstoßen, und hat nach den Angaben einer Lehrerin eine andere Wahrnehmung von der Welt, was auch für ihr Empfinden für Wärme und Kälte gelte.

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Ihr Verschwinden jedenfalls vereint die Menschen in ihrer Sorge. Mehr als 1000 freiwillige Helfer auch aus Hemer, Fröndenberg und Balve durchkämmen bei strömendem Regen die Stadt – sie suchen in Gärten, hinter Büschen, in Garagen, unter Autos. Überall kann Lia sein. Andre Berbüsse und seine Frau Iris sind mit ihren Hunden aus Gevelsberg gekommen. „Wir sind über Facebook auf die Suchaktion aufmerksam geworden“, sagen sie. Die Fußballer von Menden Türk aus der Kreisliga sagten ihr Spiel gegen Bausenhagen am Sonntag ab und machen sich auf die Suche. Eine Pizzeria und ein Imbiss reichten den Helfern kostenlose Mahlzeiten und Getränke, eine Wäscherei bietet an, durchnässte Kleidung in den Trockner zu stecken. 260 Rettungskräfte waren zudem am Samstag vor Ort.

Beamte aus Bielefeld im Einsatz

Über die Köpfe des vielköpfigen Suchtrupps fliegt ein Helikopter mit Wärmebild-Kamera. Mantrailer – Hunde, die einen bestimmten Menschen finden können – werden ebenso eingesetzt wie Flächensuchhunde, die ganze Waldstücke nach Menschen absuchen. In schwarzen Uniformen ist die Landesbereitschaft der Polizei aus Bielefeld angerückt, um mitzusuchen. Eine Entführung schließt die Polizei am Abend aus. Lias Eltern befinden sich in psychologischer Betreuung.