Menden. Die Pfingstkirmes-Auswahl läuft. Schausteller-Sprecher Konstantin Müller übt Kritik: Ungerechtes Verfahren nach unbestätigtem Korruptionsverdacht.

Ja, ist denn heut schon Pfingsten? Nein, aber das größte Ereignis im Mendener Mai wirft lange Schatten voraus: Gerade jetzt läuft im Rathaus die jährliche Auswahl der etwa 200 Fahrgeschäfte und Stände. Für Schausteller entscheidet sich die zumeist lukrative Teilnahme in diesen Tagen. Kritik üben sie am Mendener Auswahlverfahren, die auch jetzt wieder aufkommt. Die WP sprach über Kirmes-Themen mit Konstantin Müller, 1. Vorsitzender des Schaustellervereins Iserlohn/Schwerte und stellvertretender Bundesfachberater für Bildung im Deutschen Schaustellerbund.

WP: Herr Müller, seit vor Jahren ein neuer Auswahl-Modus für die Kirmes im Rathaus erdacht wurde, laufen Sie Sturm dagegen. Hat sich dieser Sturm jetzt etwas gelegt?

Konstantin Müller: Leider nicht! Es bleibt ja dabei, dass das Auswahlverfahren in Menden uns als Unternehmern keinerlei Planungssicherheit gibt. Man ist in einem Jahr dabei, im nächsten nicht. Das ist weiterhin eine schlechte Grundlage für uns.

Wie ist das denn auf anderen Kirmesplätzen?

Da kann man sich mit den Worten: „Bis zum nächsten Jahr!“ von den Kolleginnen und Kollegen verabschieden. In Menden geht das nicht, zumal die Auswahlkriterien für uns als Betroffene nach wie vor nicht nachvollziehbar sind. Ich bin im Jahr auf bis zu 25 Kirmesplätzen. Aber bangen muss ich nur in Menden.

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Was kritisieren Sie genau daran?

Dass es überhaupt keine Berücksichtigung findet, ob jemand in Menden 30, 40 Jahre lang gute Arbeit geleistet hat. Ob er aus der Umgebung kommt, wird auch nicht berücksichtigt. Und es geht nur nach der Papierform, also Fotos und Text der Bewerbung. Das sind aber reine Äußerlichkeiten, da zählt der Schausteller selbst gar nichts. Ob man gute Ware anbietet oder freundlich zu den Kunden ist, ist egal. Hauptsache, das Fahrgeschäft oder der Stand sehen gut aus. Und da gefällt dann heute Grün und morgen Rot. Nur können wir so nicht planen.

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Aber kann man der Stadt verdenken, dass ihre Pfingstkirmes Abwechslung bieten soll? Heimatnähe bedeutet außerdem nicht automatisch Qualität.

Das sehe ich genauso. Aber die meisten unserer heimischen Anbieter müssen keinen Vergleich scheuen, da ist alles tipptopp. Abwechslung gibt’s schon durch die natürliche Fluktuation, durch Besitzer- oder Generationswechsel. Aber musste man der 82-jährigen Kollegin nach 49 Jahren Pfingstkirmes fürs 50. Jahr absagen? Welchen Sinn macht es, den Mandelwagen aus Unna durch einen aus Oldenburg in Holstein zu ersetzen? Oder den Pizzawagen aus Dortmund durch den aus Hamburg, den Breakdance aus Witten durch dasselbe Karussell aus Osnabrück? Ganz zu schweigen davon, dass diese Kolleginnen und Kollegen das Gros ihres Gewinns auf der Autobahn lassen.

Sie bewerben sich ja trotzdem.

Menden ist und bleibt auch attraktiv. Aber mir sind inzwischen Kollegen bekannt, die andere Standorte vorziehen, weil sie da wissen, woran sie sind, und weil sie ihre Leistung dort gewürdigt sehen.

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Und wann weiß man, ob man 2020 genommen wird?

Üblicherweise werden die Verträge bis 15. Januar verschickt. Wer keinen erhält, ist außen vor.

Jetzt sollen die Standgebühren auf der Kirmes in Menden auch noch erhöht werden.

Ja, aber das sehe ich nicht so dramatisch. Es geht dabei vor allem um die Wasserkosten, die bisher noch extra abgerechnet werden. Künftig kommt unser Wasser von den Stadtwerken, und das wird ab 2021 eingepreist. Ich gehe davon aus, dass sich das in vernünftigen Grenzen hält.

Im Wohnwagenpark auf dem Parkplatz des Hönne-Berufskollegs machen die Kinder ihre Hausaufgaben im „Klassenmobil“.
Im Wohnwagenpark auf dem Parkplatz des Hönne-Berufskollegs machen die Kinder ihre Hausaufgaben im „Klassenmobil“. © Stefan Meinhardt

Nochmal etwas ganz anders: Was tun Sie als stellvertretender Bundesfachberater für Bildung im Schaustellerbund?

Da geht es um die Betreuung und Schule für Schaustellerkinder, ein ganz wichtiges Anliegen. Wir sind zum Beispiel gerade dabei, für Kita-Kinder neue Kindergärten zu installieren, so wie es für die Jugendlichen unter 18 mit Schulabschluss schon heute drei Berufsschul-Standorte gibt. Am Hamburger Dom haben wir jetzt eine Kita-Betreuung von 14 bis 18 Uhr, auch in Düsseldorf funktioniert das gut mit einem Kita-Wagen, der von der katholischen Schausteller-Seelsorge betreut wird.

Wäre solch ein Angebot auch für Menden denkbar?

Nein, denn das macht nur an Standorten Sinn, wo der Aufenthalt länger dauert. In Menden sind es ja nur vier Tage. Außerdem: Die Pfingstkirmes findet über lauter Feiertage in den Ferien statt. Und wir sind schon sehr zufrieden mit dem Klassenmobil, das hier für unsere Schulkinder seit Jahren zur Verfügung steht.