Eisborn/Menden. Kleine Wunder im Alltag: Familie Michael aus Eisborn hat sie erlebt. Ihr Dorf spendete für eine Delfin-Therapie. Sie half der kleinen Franziska.
Franziskas Augen sprechen, obwohl sie sonst nur schweigt. Ihre kristallblauen Augen leuchten, wenn es ihr gut geht. Gerade geht es ihr sogar besonders gut. Franziskas Augen strahlen. Mehr noch: Die Hände der kleinen Eisbornerin sind entspannt. Für Mutter Julia Michael und ihre Familie ist das ein kleines Wunder.
Die Neunjährige leidet nämlich an dem seltenen Rett-Syndrom – eine seltene Gehirnkrankheit, die nur Mädchen betrifft. Kinder wie Franziska sind an den Rollstuhl gefesselt, sie können nicht sprechen, oft plagen sie epileptische Anfälle. Das kleine Wunder begann für Franziska und ihre Familie in den Herbstferien in der Türkei, es begann mit einer Delfintherapie. Die Geschichte hinter der Delfintherapie wiederum ist ein weiteres kleines Wunder. Doch der Reihe nach.
Familie Michael macht in den Sommerferien vorigen Jahres auf Gran Canaria eine Entdeckung. „Wir waren in einem Tierpark, und nach der Show sind wir mit Franziska zu den Delfinen gegangen. Franziska sitzt ja im Rollstuhl“, erzählt Julia Michael (39). „Franziska war am Beckenrand, und wir haben uns gewundert, wie positiv Franziska auf den Kontakt mit den Tieren reagiert hat.“ Franziska ist wie verwandelt: So hat sich Vater Mario Michael (45) nach dem Urlaub erinnert. Von Franziska sind, ungewöhnlich, sogar einige Laute des Wohlbehagens zu vernehmen.
Ein ganzes Dorf hilft
Das bringt Julia Michael auf eine Idee. Im Hauptberuf ist sie Erzieherin in Hüingsen, in ihrer Freizeit trainiert sie Eisborns Frauen-Fußballteam. Beim Training erzählt sie von ihrem Traum: Eine Delfin-Therapie könnte Franziska mehr Lebensqualität bescheren. Die Sache hat nur einen Haken: Die Krankenkassen zahlen nicht, weder Kosten noch Zuschuss. Was tun?
Fußball-Damen haben einen Plan
Die Hobby-Sportlerinnen sind sofort bereit zu helfen, und sie haben einen Plan. Sie wollen ein Benefiz-Turnier ausrichten, mit Unterstützung des ganzes Dorfes.
Aus der Idee wird bald Wirklichkeit. Der Dorfausschuss macht mit. Und alle, alle Vereine in Eisborn sind bereit, sich an dem Wohltätigkeitsturnier zu beteiligen.
Es kommt sogar noch besser. Fast ganz Balve erklärt sich bereit, Spenden zu sammeln. So engagiert sich der Förderverein des St.-Antonius-Kindergartens in Beckum, auch Fitnesstrainerin Andrea Krüger lässt sportbegeisterte Zeitgenossen in ihrem Garbecker Studio für Franziska schwitzen – um nur einige, wenige Beispiele zu nennen.
Am 24. August steigt die Wohltätigkeitsveranstaltung an der Mailinde: Sport gibt’s, und Musik, eine Tombola, und Deilinghofens ehemaliger Kufen-Star Jörg Schauhoff, heute Immobilien-Makler, stiftet Rares für Bares.
Jede Menge Spenden
Tatsächlich kommen Tausende an Euros zusammen. Es reicht locker für eine Delfin-Therapie.
Familie Michael hat sich kundig gemacht. Sie vertrauen Ärzten und Therapeuten des Anbieters My Dolphins Turkey im Raum Antalya an der Mittelmeerküste. In den Herbstferien ist es soweit.
Julia Michael gerät 14 Tage nach Rückkehr der Familie immer noch ins Schwärmen: „Ich habe schon jetzt wieder Gänsehaut.“ Das Delfinarium liegt 15 Auto-Minuten vom Hotel entfernt. Franziska erhält täglich 30 Minuten Therapie. Was oberflächlich betrachtet wenig wirkt, ist in Wirklichkeit viel. „Franziska hatte ein 1:1-Betreuung, mit Therapeut Dogan und Delfin Lucky“, berichtet Julia Michael. Alle drei fassen schnell Zutrauen zueinander. Ruhige Musik sorgt für eine entspannte Atmosphäre. Der Delfin liegt im Wasser. Dogan sorgt dafür, dass Franziska den Delfin anfassen und mit ihm kuscheln kann. „Beim Schwimmen hat Franziska sogar aktiv Fußbewegungen gemacht.“ Ihre Eltern sind stets mit am Beckenrand.
Doch die Entspannungsübungen kosten Franziska Kraft. „Danach“, erinnert sich Julia Michael, „hat Franziska am Nachmittag stundenlang geschlafen.“
Ein Strahlen geht über ihr Gesicht
Was bleibt vom Therapie-Urlaub? „Franziskas Handspastiken ließen nach. Sie hat sofort ihre Hände geöffnet. Und das ist bis heute so.“ Julia Michael sind Freude und Erleichterung anzumerken, als sie das erzählt. Familie Michael – neben Mutter Julia, Vater Mario und der sechsjährige Sohn Jonathan – macht noch eine weitere Entdeckung, die für Menschen, die am Rett-Syndrom leiden, alles andere als selbstverständlich ist: „Franziska hat zuletzt mehrere Nächte durchgeschlafen.“ Franziska hört aufmerksam zu, und ein Strahlen geht über ihr Gesicht. Julia Michael: „Was gibt es Schöneres, als sein Kind glücklich zu sehen?“