Eisborn. Das Kinderhospiz hilft Familie Michael, und die Eisborner revanchieren sich mit Spenden-Sammeln. Sie sind zutiefst dankbar.

„Einfach Wahnsinn!" Julia Michael fehlen immer noch die Worte. Mit wenigen Sätzen im Familien- und Freundeskreis initiierte die Eisbornerin eine Spendenaktion für das Kinderhospiz in Olpe, deren Resonanz nicht nur sie überwältigte. Hintergrund ist die Krankheitsgeschichte ihrer Tochter Franziska.
Franziska lacht viel, den Trubel im heimischen Garten verfolgt sie aufmerksam mit ihren Augen. Aber die Achtjährige spricht nicht. Nicht mehr. „Mama und Papa und andere Sachen konnte sie mal sagen, aber irgendwann hat das aufgehört“, erzählt ihre Mutter Julia Michael. Als Franziska eineinhalb Jahre alt war, bekamen Julia und Mario Michael die Diagnose: Ihre Tochter leidet am Rett-Syndrom. Eine Entwicklungsstörung aus dem Bereich des Autismus, die fast ausschließlich Mädchen betrifft, derzeit etwa 2000 bis 3000 in Deutschland.

Regressiver Krankheitsverlauf

Der Krankheitsverlauf ist regressiv, erlernte Fähigkeiten entwickeln sich also wieder zurück. Laufen konnte Franziska Michael noch nie. Dazu kommen epileptische Anfälle. Und auch was die Lebenserwartung ihres Kindes betrifft, bekam Familie Michael eine harte Diagnose. Julia Michael: „Es gibt auch junge, erwachsene Frauen mit Rett-Syndrom. Sehr viele aber erreichen dieses Alter nicht.“

„Diese Nachricht war zunächst natürlich ein Hammer“, sagt Julia Michael. „Alle Eltern wünschen sich natürlich ein gesundes Kind. Mittlerweile haben wir gelernt, jeden Tag mit Franzi zu genießen. Ihre Lebensfreude ist ansteckend und gibt uns so viel." Seit 2014 mehrmals im Jahr, meist eine Woche am Stück, und in wechselnden Konstellationen – mal die Mama, Papa und dem fünfjährige Bruder Jonathan, mal mit der Tante, mal mit den Großeltern – ist Franziska im Kinderhospiz Balthasar in Olpe. „Diese Einrichtung ist so wichtig für uns geworden. Franzi ist gut aufgehoben. Zuhause sind wir rund um die Uhr für sie da und mit ihr beschäftigt. Wenn mein Mann und ich dann mal nicht mit ihr dort sind, ist das auch eine Verschnaufpause, die wir zwischendurch auch unbedingt brauchen."

So entstand die Idee, dieser Einrichtung etwas zurück zu geben. Einen kurzen Text mit ihrem Plan verbreitete Julia Michael Ende April in ihren Whatsapp-Gruppen sowie auf ihrem Facebook-Profil. Das Ergebnis übertraf die kühnsten Erwartungen: über 2000 Euro. Und damit ein Luxusproblem: Denn so viel Geld war für das geplante Geschenk gar nicht notwendig.

Spielzeug, Farben, Bastelmaterial

Tonieboxen – sehr robuste und deshalb gerade für körperlich eingeschränkte Kinder gut geeignete Musikboxen – mit dazugehörigen Tierfiguren, Hörspiele und Liederabspielen, sollten es sein. Vom dem Geld, das noch über war, kaufte Familie Michael in Absprache mit dem Hospiz Sandspielzeug, Farben und anderes Bastelmaterial.

Insgesamt gut 80 Familien beteiligten sich – aus Eisborn selbst, aber auch weit darüber hinaus: Julia Michels Arbeitskollegen in Menden sowie aus dem Fußballverein SV Oesbern, aus Meschede oder Bestwig.

Bruder hilft bei Betreuung

Auch Jonathan Michael wuselt hier mittendrin herum. Über den Fünfjährigen sagt Mutter Julia: „Nach Franzis Diagnose war Jonathan das beste, was uns passieren konnte. Und vor allem ihr. Er ist ein unfassbar tolles Kind, hilft so viel bei Franzis Betreuung mit."

Was genau, das möchte er selber erzählen: „Beim Wickeln oder mit der Magensonde. Ich passe auf sie auf oder beruhige sie bei einem Krampf." Genießen tut er vor allem das ganz normale geschwisterliche Miteinander. Da ist auch die Kommunikation kein Problem: „Ich frage sie etwas, zum Beispiel ob wir zusammen Fernseh gucken wollen. Lachen als Antwort heißt Ja."

Jonathan selbst gibt neben Fußball die Eisborner Schützenbruderschaft als sein Hobby an: „Beim Festzug dieses Jahr habe ich die Kinderfahne getragen." Mama Julia ergänzt: „Aber auch Franziska ist voll ins Dorfleben integriert, wird von allen geliebt. Nächstes Jahr wird sie in Eisborn mit zur Erstkommunion gehen. Und die Musik beim Schützenfest hört sie sehr gerne."

Die Diagnose Rett-Syndrom bekam Familie Michael genau in der Zeit, als Julia und Mario die Bruderschaft als Königspaar repräsentieren durften. „Auch damals schon haben uns alle im Verein und unsere Freunde aufgefangen. Der Zusammenhalt ist riesig. Und weil wir das haben, schaffen wir auch die schweren Zeiten, die es natürlich immer wieder gibt," so Julia Michael. Ihr Vater Franz Danne, der mit ihm Haus lebt und ihre Schwester Silke Rötz direkt aus der Nachbarschaft sind dabei mit die größten Hilfen.