Menden/Rödinghausen. Kann in den einsturzgefährdeten Stollen von Schwalbe 1 eine Gedenkstätte entstehen? Es gibt viele Befürworter, aber der Weg zum Museum wäre lang.
Es gibt immer mehr Stimmen in Menden, die für eine museale Nutzung der alten Nazi-Stollen von Schwalbe 1 plädieren. Bis dahin wäre es aber wohl im wahrsten Sinne des Wortes noch ein langer Weg. Unmachbar ist eine legale Begehung einzelner Teile aber nicht. Rheinkalk warnt Touristen.
Das Unternehmen Rheinkalk/Lhoist will sich aktuell zu einer möglichen Öffnung nicht äußern. Der Kalkproduzent strebt aktuell eher weitere Sicherungsmaßnahmen an, um zu verhindern, dass noch mehr Höhlentouristen illegal in den Untergrund klettern. Auch die Aufarbeitung des Besuchs eines Iserlohner Filmteams ist für Rheinkalk noch nicht abgeschlossen. Das Unternehmen prüft weiter rechtliche Schritte gegen die Filmer. Es ist noch offen, ob Rheinkalk beispielsweise Strafanzeige stellt. Die Filmer sehen sich weiter im Recht, das Gelände betreten zu dürfen.
Lebensgefahr im Tunnelsystem
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Im Tunnelsystem herrscht derzeit akute Lebensgefahr. Die Schächte gelten zwar als halbwegs stabil. Von der Decke können sich aber jederzeit große Felsbrocken lösen, weil der Felsen unter Druck steht und außerdem verwittert. Besucher schildern gegenüber der Redaktion lebensgefährliche Szenen.
Der Mendener Ortsheimatpfleger Antonius Fricke plädiert vor dem Hintergrund der geschichtlichen Bedeutung seit Jahren für eine teilweise Öffnung des Stollensystems und die Einrichtung einer Gedenkstätte. Fricke und Heimatforscher wie der Balver Adalbert Allhoff-Cramer vom naturhistorischen Verein Hönnetal warnen seit Jahren vor dem illegalen Betreten: „Unsere Position dazu ist klar: Das ist kein Abenteuerspielplatz. Eher eine Gedenkstätte. In jedem Fall ist das Betreten verboten, und zwar aus gutem Grund – mehr als einem.“
Wie sind die Chancen auf eine legale Öffnung wirklich: Bürgermeister Martin Wächter (CDU) kündigt auf WP-Nachfrage an, mit dem Unternehmen ein Gespräch führen zu wollen. Bislang gibt es nur wenige authentische Relikte aus der Bauzeit in Menden. Der 10.000 Zwangsarbeiter und hunderter oder tausender Opfer wird regelmäßig an einem Gedenkstein auf dem Lendringser Friedhof gedacht.
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Der Zugang zu dem Stollensystem an der Stadtgrenze zwischen Menden und Balve führt aktuell nur über das Werksgelände von Rheinkalk. Abenteuer-Touristen, die den Weg über den ehemaligen Steinbruch Emil wählen befinden sich in besonderer Gefahr. Es handelt sich um ein Trainingsgelände für Elite-Polizisten. Das Gelände wurde sogar schon an ausländische Spezialeinheiten vermietet. Was ebenfalls lebensgefährlich ist: Auf dem Gelände wird scharf geschossen. Außerdem wird die Fläche bewacht.
Was eine museale Nutzung eher schwierig macht: Ein großer Teil der Relikte in den Stollen stammen nicht aus der Nazi-Zeit, sondern wurden nach dem Zweiten Weltkrieg von Rheinkalk eingebaut, darunter ein großer Steinbrecher. Tatsächlich gibt es aber auch noch einige Teile, die der Treibstoffproduktion für die Messerschmitt-Flugzeuge dienen sollten.
Finanzierung für Gedenkstätte
Wer könnte ein Museum finanzieren? Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe winkt jedenfalls schnell ab. „Das ist Entscheidung der Politik“, sagt Sprecher Markus Fischer. Der LWL betreibe zwar selbst Museen, greife aber nicht mehr aktiv in das Geschehen ein, ohne dass über die politischen Gremien eine Idee vorangetrieben wird. Fischer verweist aber auf einen Topf, aus dem Gedenkstätten finanziert werden. Das könnte auch der passende Rahmen für Schwalbe sein.
Die beiden Iserlohner Filmer Max Scheller und Sefa Öz haben mittlerweile weitere Fotos ins Netz gestellt. Auf 360-Grad-Bildern sind jetzt Rundum-Fotos aus den Höhlen zu sehen.
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