Menden. . DNA-Spuren führen Ermittler nach dem Überfall in der Thüringenstraße zum mutmaßlichen Täter. Interpol liefert dann den entscheidenden Treffer.
„Die Frau stand sichtlich unter dem Eindruck des Geschehens“, berichtet der Beamte, der eines der Opfer vom Überfall in der Thürigenstraße zuerst vernommen hat. Es ist der vierte Verhandlungstag vor der Zweiten Großen Strafkammer als Schwurgericht am Landgericht Arnsberg zum Überfall auf ein Rentner-Ehepaar in der Thüringenstraße. Dabei wird deutlich, wie die Ermittler dem mutmaßlichen Täter auf die Schliche gekommen sind und welches Bild sich von den beiden Opfern in der ersten Befragung ergeben hat.
Erinnerung an Münzsammlung
Demnach hatte ein Balver Polizeihauptkommissar, der bei der Hagener Mordkommission arbeitet, unmittelbar nach dem Überfall den ersten Kontakt zum Rentner-Ehepaar im Krankenhaus. Die Bewohnerin sei so aufgelöst gewesen, dass eine Vernehmung fast nicht möglich war. Dabei soll sie auf Nachfrage viele Sätze mehrfach wiederholt haben. „Sie sprach immer wieder davon, dass die Einbrecher ihren Mann totschlagen würden“, so der Polizeihauptkommissar. Ins Haus habe sie nicht zurückkehren wollen.
Mendener schildert die Nacht des Überfalls
Eines der Opfer, ein 86-jähriger Mendener, sagte bereits am zweiten Verhandlungstag aus.
Mit den Folgen hat das Rentner-Ehepaar noch heute zu kämpfen. So leidet der Senior laut eines Attestes an einer chronifizierten Posttraumatischen Belastungsstörung.
Der Beamte sagte zudem aus, dass sich der 86-Jährige für seine Ehefrau verantwortlich fühlt.
Das 86-jährige Opfer, das ins Uniklinikum Dortmund eingeliefert wurde, ist nach dem Überfall zunächst nicht ansprechbar. „Er sah schon schlimm aus, das Opfer hatte massivste Verletzungen an Kopf und Oberkörper“, sagt der Beamte aus, die Einschnitte der Kabelbinder an den Handgelenken hätten sich deutlich abgezeichnet. Der Familie des Opfer raten die Polizisten – angesichts des Zustandes – zunächst von einem Besuch ab. Erst rund zwei Monate nach dem Überfall können die Beamten den 86-Jährigen dann im Mendener Krankenhaus befragen. „Er hat versucht, uns zu helfen, das hat man deutlich gemerkt“, sagt der Polizeihauptkommissar. Immer wieder soll ein vom Opfer als „Anführer“ bezeichneter Mann diesen mit Schlägen gegen den Kopf und Oberkörper malträtiert haben. Das Ziel der Einbrecher: der Schlüssel für den Waffenschrank. „Hat das Opfer in der Zeit vom Überfall bis zur Vernehmung abgebaut?“, will der Vorsitzende Richter Klaus-Peter Teipel vom Beamten wissen. „Man merkte, wie schwer ihm das Ganze fiel“, so der Polizist. Als es bei späteren Treffen im Haus der Opfer dann aber um die gestohlenen Wertsachen – Bargeld, Waffen und eine Münzsammlung – geht, sei der 86-Jährige „auf Zack gewesen“. Er habe sich an alle Teile der Münzsammlung genauestens erinnern können.
Trio steht nicht in Verbindung
Drei Tatverdächtige, die im Zuge der Ermittlungen in einem Mendener Hotel festgenommen worden sind, konnten die Ermittler indes nicht mit dem Verbrechen in Verbindung bringen. Zwar sei, so der Beamte, bei den beiden Männern und einer Frau Diebesgut aus mehreren Einbrüchen gesichert worden; mit dem Überfall auf das Ehepaar in der Thüringenstraße hätten diese aber nicht verknüpft werden können. „Keine Chance, die waren mega abgezockt“, sagt der Beamte.
Das Trio war demnach bereits in den 90er-Jahren in ganz Deutschland aktiv, aber deren Einbrüche seien nie von Gewaltanwendung geprägt gewesen.
Erklärung erwartet
Dem vor dem Landgericht angeklagten 35-jährigen Serben sind die Ermittler indes durch DNA-Spuren auf die Schliche gekommen. Ein Abgleich mit der Datenbank brachte den Treffer. Die DNA am Tatort in Menden passte zu einer Probe, die dem Serben nach einem Einbruch in Wien 2002 abgenommen worden ist. Auf Nachfrage des Staatsanwaltes wird deutlich: Der 35-Jährige scheint europaweit aktiv gewesen zu sein. „Es gab auch Spuren aus Norwegen und Schweden, das lief aber über Interpol“, erklärt der Polizeihauptkommissar.
Bisher schweigt der mutmaßliche Täter; einzig einen weiteren Einbruch in Fürth (Bayern) hat er bislang eingeräumt. Sein Verteidiger, Dr. Klaus Kirchner, kündigte allerdings eine Erklärung zum Ende der Hauptverhandlung an.
Der Prozess wird am 24. Januar fortgesetzt.
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