Menden. . Schlimme Folgen nach dem Maiwandern 2017. Ein 21-Jähriger wurde bei einer Schubserei schwer verletzt. Ein Zweig bohrte sich in sein Gehirn.
Eine Auseinandersetzung beim Maiwandern 2017 hat einen 21-jährigen Mendener fast das Augenlicht gekostet. Er leidet noch heute unter einer Hirnverletzung. Die rechtliche Aufarbeitung des Falls gestaltet sich äußerst schwierig. Die Strafe für den Täter fällt – gemessen an der Verletzung – gering aus. Eine Verkettung ziemlich vieler unglücklicher Umstände.
Der 21-Jährige war mit Freunden auf dem Rückweg vom Oesberner Sportplatz auf der Straße Rohaus/Lahr unterwegs, nachdem Ordnungsamt und Polizei die Fläche wegen Hooligan-Ausschreitungen geräumt hatten. Während seine Freunde auswichen, stellte er sich vor ein Auto. Zeugen bestätigen, dass sich der junge Mann auf die Motorhaube legte. Der 21-Jährige soll stark betrunken gewesen sein. „Ich bin da immer etwas lustig“, gesteht er bei der Verhandlung vor dem Mendener Amtsgericht ein.
Zweig bohrt sich durch Bindehaut ins Gehirn
Was dann passierte, lässt sich auch vor Gericht nicht bis ins letzte Detail aufarbeiten. Gesichert scheint: Der 24-jährige Fahrer des Autos soll aus dem Auto gesprungen sein, sich den Betrunkenen gepackt und vor sich her geschoben haben. Zum Schluss muss es einen Schubser gegeben haben.
Der 21-Jährige fiel in einen Graben, drehte sich unglücklich im Fall. Ein schmaler Zweig bohrte sich unter sein Auge, durchstieß die Bindehaut und riss einen Knochensplitter von der Schädeldecke ab. Der Splitter steckt bis heute im Hirn.
Autofahrer erstattete selbst Anzeige
„Ich bin da ziemlich unglücklich reingefallen“, sagt das Opfer selbst. „Wäre der Ast in paar Millimeter weiter oben eingetreten, wäre ich blind gewesen. Ein paar Millimeter weiter oben wäre ich tot“, sagt der Jugendliche ganz nüchtern. Das wahre Ausmaß wurde erst im dritten Krankenhaus nach mehreren Tagen deutlich.
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Der Autofahrer will vor Gericht zunächst nicht ganz raus mit der Sprache. Er habe die Personalien des Wanderers feststellen wollen, sagt er erst. Das Handgemenge gibt er nicht so zu. Gemeinsam mit seiner damaligen Freundin war der 24-Jährige erst davongefahren – zur Mendener Polizeiwache. Dort hatte er selbst Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet. Eine Beule in der Motorhaube soll 250 Euro teuer gewesen sein. Die Polizisten hatten Mühe, die Beule zu dokumentieren. Am Ende der Verhandlung vor dem Mendener Amtsgericht bittet der Autofahrer dann doch um Verzeihung: „Es tut mir leid. Es war nicht geplant, dass du dich schwer verletzt.“
Angeklagter bekommt eine Geldstrafe
Genau das ist für die Staatsanwaltschaft der entscheidende Punkt. „Man muss natürlich die Handlung, aber nicht die Konsequenz ahnden“, sagt die Staatsanwältin in einem ungewöhnlich langen Plädoyer mit viel Für und Wider. Auch für Amtsrichter Wefers gibt es einige Punkte, die für den Angeklagten sprechen. Die Verletzungen seien in diesem Ausmaß nicht zu erwarten gewesen. Das Opfer habe sich im betrunkenen Zustand auch vielleicht nicht so gut abgefangen wie nüchtern. Dennoch sei die Reaktion auf den Motorhauben-Fall absolut unangemessen und keine Notwehr: „Wer jemanden wegstößt, nimmt billigend in Kauf, dass sich jemand verletzt.“
Das Gericht verurteilt den 24-Jährigen, der wegen mehrerer Führerschein-Straftaten vorbestraft ist, zu 3900 Euro Geldstrafe, aufgeteilt auf 130 Tagessätze.
Der Fall ist noch nicht endgültig juristisch aufgearbeitet. Das Opfer behält sich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche vor. Der 21-Jährige ist weitestgehend genesen. Er muss aber auf große Anstrengung verzichten. Der Splitter im Hirn soll sich in 30 Jahren aufgelöst haben.