Menden. . Das Nordwallcenter ist derzeit wieder das Top-Thema in Stadt und Politik. Als Vision hat es eine bewegte Vergangenheit. Eine Chronologie.

Obwohl noch kein Stein auf dem anderen steht, hat das Nordwall-Center in Menden schon eine bewegte Geschichte hinter sich. Da war 2011 der hoffnungsvolle Beginn, als man loslegte wie die Feuerwehr – mit der Aussicht, die Einkaufsstadt mit einem großen Wurf für die Bürger und auswärtige Einkäufer attraktiver zu machen. Zugleich würde die Stadt mit dem 2010 wegen Einsturzgefahr endgültig geschlossenen Parkhaus einen Schandfleck los. Man hätte auch die Dieler-Brache sinnvoll eingesetzt und mit der Neugestaltung der Unnaer Straße zur optisch verlängerten Fußgängerzone mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Der hoffnungsvolle Beginn

Als es 2011 richtig losgeht – vorher hat es bereits die Planungen und den Zuschlag für die Düsseldorfer ITG gegeben –, ziehen fast alle an einem Strang. Es geht Schlag auf Schlag: Im März ‘11 gibt die Politik der Verwaltung grünes Licht für Verhandlungen mit der ITG. Im Mai wird der Bebauungsplan beantragt, im Juni folgt der Aufstellungsbeschluss. Die erforderlichen Gutachten zur neuen Verkehrsführung und den Altlasten werden beigebracht. Das Verfahren für alle „Träger öffentlicher Belange“ läuft bis Anfang 2013, im Juli fasst der Stadtrat den Satzungsbeschuss, der Kaufvertrag für das Parkhaus wird beurkundet. Im September liegt der Bauantrag im Rathaus – auf „Neubau eines Einkaufszentrums mit Gastronomie und Parkgarage“.

Die Umsetzung läuft an

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Der Kaufvertrag enthält indes „aufschiebende Bedingungen“, die bis Mitte 2015 erfüllt sein müssen, wenn er Gültigkeit erlangen soll. Es ist die Phase, in der die ITG nochmals bundesweit hausieren gehen will, um attraktive Geschäfte als Mieter zu finden. Ist das Center voll besetzt, will sie den Kaufvertrag gültig stellen. Dann würden der bis dahin erworbene alte Dieler-Markt, das Parkhaus und das Wohnhaus samt der Gartenstraße dazwischen abgerissen und das Einkaufszentrum errichtet.

Bunte Pläne eines attraktiven, dreigeschossigen Centers werden vorgestellt und abgedruckt. Bis Juli 2014 weicht das Textil-Unternehmen Dieler vom angestammten Platz an der Unnaer Straße, bleibt Menden aber treu und eröffnet an Kirchstraße und Lendringser Hauptstraße zwei neue Häuser. Die Besitzer des abzureißenden Wohnhauses an der Gartenstraße erhalten als Entschädigung brandneue Häuser, eins auf der Hönne-Insel, eins am Lenzenplatz.

Zeit der Rückschläge

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Zugleich aber beginnt auch eine Zeit der Nackenschläge: Anlieger vom Bromberken klagen gegen die Baugenehmigung der Stadt und den Bebauungsplan. Erst ein knappes Jahr später schließen sie mit der ITG einen Vergleich, der ihnen einen besseren Schallschutz ­sichert – und zugleich ein Urteil und mögliche weitere Verzögerungen verhindert. In der Phase der Rechtsunsicherheit sind laut Investoren-Vertreter Horst Jütte allerdings auch mehrere Miet-Optionen ausgelaufen. Als man erneut bei den Interessenten angefragt habe, hätten einige das Interesse verloren oder neue Zuschnitte verlangt. Klar ist damit: Das Center kann nicht so entstehen wie geplant. 2015 bittet die ITG den Stadtrat um weitere zwei Jahre Zeit, um Pläne zu ändern und weitere Interessenten zu suchen. Über den aktuellen Stand will die ITG auch auf ausdrückliche Nachfrage der Ratspolitiker jedoch nichts sagen – auch nicht, bei wieviel Prozent der Gesamt-Vermietungen sie bisher überhaupt steht. Nordwall und Unnaer Straße werden eher fertig als das Center, das sie umgeben sollen.

Skepsis kommt auf

Der Rat gibt für die erbetene Zwei-Jahres-Frist trotzdem grünes Licht. Auch die FDP wird dabei überstimmt, die halbjährliche Berichte und den sofortigen Abriss des Parkhauses als „vertrauensbildende Maßnahmen“ fordert. Die Skepsis in der Stadt wächst allerdings. Weitere Umplanungen ergeben weniger Parkplätze und den Verzicht auf die urspüngliche Restaurant-Etage. Aus drei Geschossen werden damit wieder zwei, die vorgesehene Mietfläche auf dem Reißbrett schrumpft. Und im November 2016 kommt noch die Nachricht, dass Luftbilder der ­Bezirksregierung Hinweise auf Kriegsmunition im Boden des künftigen Baufeldes enthalten.

Saturn setzt Hoffnungszeichen

Allerdings gibt es zwischenzeitlich auch immer wieder Signale der Hoffnung: Auf Anfrage der WP bestätigt der Elektronikriese Saturn, dass man sich einen Markt im Nordwall-Center vorstellen könne. Saturn gilt als Magnet, der weitere interessante Geschäfte nach Menden locken kann. Der Initiativkreis Mendener Wirtschaft (IMW) stellt sich zum wiederholten Male hinter das Projekt: Was Menden fehle, seien vor allem große Verkaufsflächen. Als dann im Februar 2017 auch das Grün rund um das längst zugewucherte Nordwall-Parkhaus entfernt wird, kann jeder sehen: Es geht voran. Und im Juni läuft die Zwei-Jahres-Frist aus. Bürgermeister Martin Wächter betont denn auch beim Jahresempfang der Stadt, er hoffe, „dass der ins Auge gefasste Eröffnungstermin im Herbst 2018 gehalten werden kann“.

Fristverlängerung statt Baubeginn

Doch es kommt wieder anders. Die Zeit bis Juni wird immer knapper, die Verwaltung muss auf drängende Nachfragen der Politik mehrfach erklären, dass ihr noch keine Pläne für die angekündigten Veränderungen im Center vorliegen. Auch der IMW fordert auf seiner Hauptversammlung ein „klares Bekenntnis“ der ITG zur Realisierung des Projekts. Stattdessen muss der Erste Beigeordnete Sebastian Arlt im Mai im Bauausschuss verkünden, dass die ITG eine erneute Fristverlängerung beantragt hat – diesmal bis Ende 2017.

Einladung und „positiver Druck“

Arlt will wissen, wie die Stadt sich dazu stellen sollen, doch die Politiker wollen das erst in ihren Fraktionen beraten. Die CDU beantragt zudem eine Sonderratssitzung Ende Juni, zu der die ITG erscheinen soll. Nach ihrer Fraktionssitzung vom Montagabend verkündet sie, die ITG vorher für den 19. Juni auch selbst einladen zu wollen. Es müssten Fakten auf den Tisch, um über die erneute Fristverlängerung im Stadtrat beraten zu können. Die FDP verweist auf ihren Antrag aus 2015 und will ihn erneuern. Die Werbegemeinschaft Menden, die das Center stets unterstützt hat, will jetzt ein nein der Politik. Der Vorsitzende der Händlerschaft, Frank Oberkampf, erhofft sich davon „positiven Druck“.

>>>Immobilien-Treuhand-Gesellschaft aus Düsseldorf

  • Die Immobilien-Treuhand-Gesellschaft ITG aus Düsseldorf erhielt 2011 den Zuschlag zur Errichtung des Nordwallcenters. Gegründet wurde darauf in Bad Wildungen eine „Geschäftshaus in Menden, Wolf GmbH“.
  • Laut Aussage der Stadtverwaltung vertritt die ITG diese GmbH in allen Belangen. Für die ITG sprach in Menden stets Horst Jütte.