Menden. . Lebensretter werden: Für die an Leukämie erkrankte Mendenerin Petra Huckschlag findet heute eine große Typisierungsaktion im Bürgersaal statt.

  • Für die an Leukämie erkrankte Mendenerin Petra Huckschlag findet heute eine große Typisierungsaktion im Bürgersaal statt
  • DKMS hofft auf mehrere hundert Menschen, die sich registrieren lassen
  • Tombola, Roosters-Autogrammstunde und Waffelverkauf

Etwa drei bis vier Wochen dauert es, bis alle potenziellen Stammzellspender, die sich heute für die an Leukämie erkrankte Mendenerin Petra Huckschlag typisieren lassen, im Spenderregister gelandet sind. Jeden Tag, so erläutert Pamela Kölbl von der DKMS, „kommen weltweit mehrere tausend dazu“. Also auch für Patienten, für die in einer ersten Suche kein passender Spender gefunden werden konnte, gebe es auf diese Weise neue Chancen. Die DKMS hofft auf „mehrere hundert“ Menschen, die sich heute (10 bis 15 Uhr, Bürgersaal) registrieren lassen. Um die Gewebemerkmale zu bestimmen, werden fünf Milliliter Blut aus der Armvene entnommen.

KOMMENTAR: Lebensrettender Strohhalm

Es kostet nur wenige Minuten Zeit – und die Folgen können so positiv für lebensbedrohlich erkrankte Patienten sein. Wer sich in der Vergangenheit noch nicht als potenzieller Stammzellspender hat typisieren lassen und zwischen 17 und 55 Jahre alt ist, hat am heutigen Samstag die Chance dazu. Familie und Freunde von Petra Huckschlag haben in den vergangenen Wochen Beachtliches auf die Beine gestellt. Es ist beeindruckend, dass das „Team Petra“ nicht nur die eigentliche Registrierungsaktion organisiert hat, sondern auch noch ein Rahmenprogramm mit Waffelbacken, Tombola und Roosters-Autogrammstunde anbietet und Spendengelder sammelt.

Die Entscheidung, ob man sich als potenzieller Stammzellspender registrieren lässt, ist sicher eine höchstpersönliche. Doch wer sich dagegen entscheidet, sollte sich fragen, ob man selbst im Falle einer Erkrankung nicht unendlich froh und dankbar wäre, wenn ein fremder Stammzellspender der lebensrettende Strohhalm wäre.

Von Corinna Schutzeichel

Autogrammstunde der Roosters

Familie und Freude von Petra Huckschlag organisieren die Typisierungsaktion. Gestern Nachmittag begannen die Aufbauarbeiten im Bürgersaal. Neben der Typisierung sind dort weitere Aktionen geplant: Autogrammstunde von Roosters-Spielern, eine Tombola sowie Kaffee-, Kuchen- und Waffelverkauf – der Erlös geht vollständig an die DKMS, um damit weitere Typisierungen zu bezahlen.

>>>INTERVIEW MIT ONKOLOGIN ELISABETH LANGE

Mit der Diagnose und Therapie von Bluterkrankungen kennt sich Elisabeth Lange aus. Sie ist Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin des Evangelischen Krankenhauses Hamm. Für die WP beantwortet sie vor dem Hintergrund der Typisierungsaktion für die Mendenerin Petra Huckschlag (heute, Samstag, 10 bis 15 Uhr, Bürgersaal) die wichtigsten Fragen rund um das Thema Stammzelltransplantation.

In welchen Fällen ist eine Stammzelltransplantation das Mittel der Wahl?

Elisabeth Lange: Eine allogene Stammzelltransplantation wird bei Patienten mit Akuten Leukämien durchgeführt, die ein hohes Risiko des Wiederauftretens (Rezidiv-Risiko) haben oder bei denen die Leukämie bereits nach einer Chemotherapie zurückgekehrt ist.

Wie läuft eine Stammzelltransplantation ab?

Lange: Man sucht zunächst einen gewebeverträglichen Stammzellspender in der Familie (Geschwisterspender). Sollte man dort keinen Spender finden, sucht man einen gewebeverträglichen Fremdspender in nationalen und internationalen Datenbanken, in denen alle potenziellen Spender, die sich haben typisieren lassen, aufgeführt sind. Vor der Stammzelltransplantation wird bei dem Patienten eine Chemotherapie durchgeführt, um die Krankheitsaktivität zu minimieren (d.h. Erzielen einer Remission). In 80 Prozent der Fälle werden heute Stammzellen aus der Blutbahn entnommen.

Wie wird der Spender vorbereitet?

Elisabeth Lange, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin des Evangelischen Krankenhauses Hamm.
Elisabeth Lange, Chefärztin der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Palliativmedizin des Evangelischen Krankenhauses Hamm. © privat

Lange: Der gewebeverträgliche Spender erhält zur Mobilisierung seiner Knochenmarkstammzellen einen Wachstumsfaktor gespritzt. Dieses Medikament steigert die Anzahl der Stammzellen im peripheren Blut, die über ein spezielles Verfahren aus dem Blut gefiltert werden. Nach Durchführung einer weiteren Chemotherapie beim Patienten transfundiert man dem Patienten die Stammzellen des Spenders. Die Stammzellen siedeln sich über den Blutstrom im Knochenmark an.

Wann weiß man, ob die Transplantation gelungen ist?

Lange: Nach zwei bis vier Wochen zeigt sich, ob die neuen Stammzellen ausreichend gesunde Blutzellen bilden können, also ob die Stammzelltransplantation erfolgreich war.

Wie gut sind nach einer Stammzelltransplantation die Chancen für einen Leukämie-Patienten, wieder zu gesunden?

Lange: Der Patient ist in den ersten Monaten nach der Transplantation stark abwehrgeschwächt und somit gefährdet, Infektionen zu erwerben, die schnell lebensbedrohlich werden können. Darüber hinaus kann es zu Unverträglichkeiten gegenüber den Stammzellen des Spenders kommen (so genannte Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung). Der Patient muss aus diesem Grunde über eine längere Zeit Medikamente einnehmen, die das Abwehrsystem unterdrücken. Dies führt zusätzlich zur Steigerung der Infektionsgefahr. Heute können circa 60 Prozent der Patienten durch eine allogene Stammzelltransplantation gerettet werden. Viele Patienten führen später ein völlig normales Leben.

Gibt es für einen Leukämie-Patienten noch andere Überlebenschancen als eine Stammzelltransplantation?

Lange: Bei vielen Leukämieformen kann man den Patienten bereits durch eine Chemotherapie – häufig kombiniert mit einer so genannten Antikörpertherapie – heilen. Bei der Antikörpertherapie handelt es sich um eine „zielgerichtete“ Therapie gegen bestimmte Zellstrukturen. („Targeted Therapie“). Mit diesen neuen Behandlungsformen sind heute viele Patienten über Jahre und Jahrzehnte krankheitsfrei.