Lennestadt. Der Sauerländer Heimatbund ist traditions- und einflussreich, aber er gilt nicht gerade als die beweglichste Organisation im Land. Doch er muss neue Wege gehen, wenn er der Abwanderung junger Leute etwas entgegensetzen will. Jetzt lädt er zu einer Demographie-Werkstatt ein.

Der Sauerländer Heimatbund sucht ein neues Image. Die traditionsreiche und politisch nicht einflusslose Vereinigung ist vom demographischen Wandel genauso betroffen wie andere Vereine und Einrichtungen in der Region. Sie verliert mehr Mitglieder, als neue eintreten. Die Werkstatt „Demographischer Wandel – Strategien für das Ehrenamt“ am 25. Oktober im Kulturbahnhof in Lennestadt-Grevenbrück ist ein Schritt auf dem Weg in die Zukunft.

Die Bausteine heißen Vernetzung und Überwindung des Kirchturmdenkens. Bei der Kooperation mit anderen Organisationen will der Sauerländer Heimatbund seine Kernkompetenzen im Bereich Kultur und Geschichte einbringen.

Hochsauerlandkreis verliert jedes Jahr 2000 Einwohner

Das Problem ist bekannt. Jährlich verliert zum Beispiel der Hochsauerlandkreis rund 2000 Einwohner. „Erschreckenderweise geht das bis zu 50 Prozent auf die sogenannte Bildungswanderung zurück“, bilanziert Franz-Josef Rickert. Die jungen Leute gehen studieren und kommen nicht mehr zurück. Sterbende Dörfer und handlungsunfähige Vereine gehören zum drohenden Zukunftsszenario. „Die Herausforderungen, die sich daraus ergeben, betreffen die ganze Gesellschaft“, so Rickert. Der Mescheder war bis zu seiner Pensionierung Leiter der Stabsstelle für Regionalentwicklung beim HSK; er ist Vorstandsmitglied im Sauerländer Heimatbund und organisiert die Demographie-Werkstatt.

Der demographische Wandel führt Vereine schnell in einen Teufelskreis, falls es ihnen nicht gelingt, über den eigenen Tellerrand hinauszudenken. Wenn in Dörfern die Grundschule geschlossen wird, können Schützenvereine, Feuerwehren oder Sportvereine die Übungsstunden am Nachmittag oft nicht mehr in bisheriger Form weiterführen. Neue Modelle und Kooperationen sind gefragt.

Kommunikation fehlt oft

Auf der anderen Seite fällt den Experten aus Wissenschaft und Politik in der Regel nur das Ehrenamt ein, um die kommenden Lücken zu stopfen. Doch sind die Ehrenamtlichen mit solchen Missionen nicht überfordert? Das sind Fragen, die bei der Demographie-Werkstatt diskutiert werden.

Die Kooperations-These buchstabiert sich leichter, als sie sich realisieren lässt, das weiß Franz-Josef Rickert. Denn das Kirchturmdenken und auch das Konkurrenzbewusstsein sind nach wie vor stark ausgeprägt . „Man stellt selbst jetzt noch immer wieder fest, dass verschiedene Einrichtungen tolle Veranstaltungen auf die Beine stellen, von denen andere nichts wissen, die im selben Bereich unterwegs sind“, erläutert Rickert. „Zur Kooperation gehören ganz einfache Dinge, zum Beispiel vernünftige Verlinkungen in den Internetauftritten. Unerklärlicher Lokalpatriotismus ist immer noch vorhanden. Das ist ein riesiges Rad, das man da drehen muss, und wir sind nur ein kleines Rädchen.“

"Es fehlt ein Stück Identität"

Dass der Sauerländer Heimatbund nun in seinem angestammten historischen Gebiet, dem früheren kurkölnischen Sauerland (die Kreise HSK und Olpe, dazu die Städte und Gemeinden Balve, Menden, Warstein, Rüthen, Möhnesee) die Vernetzung vorantreiben will, geschieht nicht ganz ohne Eigennutz. „Wir wollen den Sauerländer Heimatbund überlebensfähig halten. Wenn wir so weitergemacht hätten, wären keine neuen Mitglieder dazugekommen, und dann wären wir bald Geschichte“, konstatiert Rickert.

Nun gilt der Verein aber nicht gerade als die modernste und beweglichste Organisation in Südwestfalen, oder? „Richtig“, sagt Rickert. „Sie bringen die Sache auf den Punkt, deshalb sucht der gesamte Vorstand auch neue Wege. Man will nicht in Tradition erstarren. Wir müssen überlegen, wie wir flexibel reagieren und uns besser aufstellen können, um junge Leute zu gewinnen.“ Die enorme heimatgeschichtliche Kompetenz soll zudem besser nach außen dargestellt werden. „Das Sauerland fühlt sich in den Köpfen der Menschen vielfach geschichtslos an, es fehlt auch in diesem Bereich ein Stück Identität“, betont Rickert.

Gegenseitiger Austausch

Die Werkstätten zur Demographie sind ein Anfang, der auf großes Interesse stößt. Hier tauschen sich Ehrenamtliche aus den unterschiedlichsten Bereichen aus. Nichtmitglieder des Sauerländer Heimatbundes sind dabei ausdrücklich willkommen.

Werkstatt: Demographischer Wandel - Strategien für das Ehrenamt. Samstag, 25. Oktober, 10 Uhr, Kulturbahnhof Lennestadt-Grevenbrück. Info und Anmeldung: 02961/943382.