Kreis Olpe. Anfangs war es die Angst vorm Autofahren. Dann konnte Lina Scheppe nicht mehr arbeiten. Doch die 58-Jährige findet einen Ausweg und schöpft Mut.

Vor zehn Jahren ging es los. Von einem auf den anderen Tag. Die heute 58-jährige Lina Scheppe aus Attendorn entwickelt eine panische Angst vorm Autofahren. Weder ein Unfall noch eine brenzlige Situation im Straßenverkehr waren der Auslöser für ihr Schicksal. Sie war zu der Zeit als Vertreterin im Außendienst tätig. „Ich konnte nachts nicht mehr schlafen, weil ich ständig ans Autofahren denken musste“, beschreibt sie ihre damalige Situation. Heute weiß Lina Scheppe, dass sie eine generalisierte Angststörung hat.

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„Ich hatte plötzlich Ängste, wo man eigentlich keine haben muss“, sagt sie. Sie zieht sich zurück. Ist geplagt von Ängsten, zur Arbeit zu gehen. Hat große Angst, Fehler zu machen. „Du bist machtlos. Der Kopf sagt, es ist menschlich Fehler zu machen, aber der Körper macht dicht und so verkriechst du dich immer mehr in dein Schneckenhaus“, erklärt die 58-Jährige ihre Gefühlswelt. Ihr damaliges Arbeitsumfeld hat dazu beigetragen, dass ihre Angststörung immer schlimmer wurde. Hinzu kommt ihre Kindheit: „Ich hatte nicht die richtige Unterstützung meiner Eltern und habe den Kontakt schon lange abgebrochen, um mich selbst zu schützen.“

Ich bin sehr froh, dass mein Mann so einfühlsam ist, mich und meine Erkrankung versteht, mich aufbaut und bestärkt.
Lina Scheppe

Nicht arbeitsfähig durch die Angsterkrankung

Aus ihrer Angststörung entwickelt sich eine soziale Phobie. So musste sie jede Kleinigkeit, die nicht gleich funktioniert hat, immer sofort klären. „Ich erinnere mich an einen Einkauf mit meinem Mann. Da haben wir den Einkaufswagen stehen lassen, sind nach Hause, um etwas zu klären und haben den Einkauf erst später fortgesetzt“, erinnert sich Lina Scheppe. Ihr zweiter Mann, den sie vor 13 Jahren geheiratet hat und die beiden erwachsenen Töchter stehen an ihrer Seite und haben Verständnis für ihre Situation. „Ich bin sehr froh, dass mein Mann so einfühlsam ist, mich und meine Erkrankung versteht, mich aufbaut und bestärkt“, so die 58-Jährige.

Durch ihre Angsterkrankung kann die gelernte Bürokauffrau nicht mehr arbeiten gehen und ist als Hausfrau zu Hause. „Hätte ich meinen Mann nicht, würde ich alt aussehen“, sagt Lina Scheppe. Erwerbsminderungsrente kann sie keine beantragen, weil sie darauf keinen Anspruch hat: „Den hätte ich nur, wenn ich in den letzten fünf Jahren etwas einbezahlt hätte.“

Seit einiger Zeit fasst die Attendornerin neuen Mut und Selbstvertrauen durch den Besuch einer psychisch funktionellen Ergotherapie, an der sie wöchentlich teilnimmt. „Diese Stunde ist nur für mich. Hier konzentriere ich mich auf meine Ängste und schaffe es aus der Panik herauszukommen“, erzählt Scheppe. Zu Hause näht sie gerne ihre eigene Kleidung oder schafft es beim Qigong ihren Ängsten zu entfliehen. Außerdem ist sie auf der Suche nach einem neuen Bürojob auf geringfügiger Beschäftigungsbasis.

Gründung einer Selbsthilfegruppe für Angststörungen

Weitere Kraft sucht sie nun in Form einer Selbsthilfegruppe, die sie kürzlich bei der Selbsthilfe-Kontaktstelle des DRK Kreisverband Olpe gegründet hat. Die Gruppe „Keine Angst vor der Angst“ trifft sich erstmals am Dienstag, 4. Juni, um 18 Uhr in Attendorn. Danach sollen regelmäßige Treffen immer am ersten und dritten Dienstag im Monat stattfinden. „Sich zu öffnen und offen über die Ängste und Probleme zu sprechen ist für viele Betroffene ein großer Schritt nach vorne und dabei möchte ich unterstützen“, sagt Lina Scheppe.

Im Bereich psychischer Erkrankungen ist es bereits die 11. Selbsthilfegruppe im Kreis Olpe. „Für viele Menschen ist es eine Überbrückung bis zum Therapieplatz und für andere eine Nachsorge nach der Therapie. Selbsthilfegruppen sind kein Therapieersatz, helfen den betroffenen Personen aber unterstützend“, erklärt Petra Weinbrenner-Dorff von der Selbsthilfe-Kontaktstelle des Kreises Olpe.

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„Zu wissen, dass in der Gruppe Betroffene sitzen, die selbst Ängste haben, kann enorm weiterhelfen. Und zu wissen, was es heißt, damit leben zu müssen“, erklärt Lina Scheppe ihre Intension hinter der Gruppengründung. Schweigepflicht, Anonymität und die Möglichkeit jederzeit den Raum zu verlassen, sind in der Gruppe „Keine Angst vor der Angst“ Bedingung. Informationen gibt es unter 02761/2643 oder shk@kv-olpe.drk.de.