Kreis Olpe/Siegen. Die aktuelle Konjunktur-Umfrage der IHK Olpe/Siegen macht wenig Hoffnung auf Besserung für Wirtschaft und Handel. Das sind die größten Probleme.
Die Gemütslage in der heimischen Wirtschaft hat sich zwar leicht verbessert, doch von einer Aufbruchstimmung gibt es bei den Betrieben und Unternehmen aus Industrie, Handel, Bau- und Gastgewerbe sowie im Dienstleistungssektor keine Spur. So lässt sich die jüngste Konjunktur-Umfrage der IHK für die Kreise Olpe und Siegen/Wittgenstein zusammenfassen, an der sich 477 Unternehmen mit insgesamt mehr als 36.000 Mitarbeitern beteiligt haben. „Das lange Warten auf einen kräftigen Aufschwung hält an. Durchgreifendes Wachstum ist nach wie vor nicht in Sicht, die Unsicherheit bleibt ständiger Begleiter wirtschaftlichen Handelns“, fasst IHK-Präsident Walter Viegener, geschäftsführender Gesellschafter des Attendorner Sanitär- und Heizungsspezialisten Viega, die aktuelle Konjunkturlage zusammen. Genauso wie IHK-Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener blickt der Attendorner Unternehmer sorgenvoll in die Zukunft.
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„Wir müssen aufpassen, dass wir keine Deindustrialisierung betreiben. Unseren Wohlstand haben wir unserer Industrie zu verdanken. Doch Teile unseres Mittelstands überlegen ernsthaft, ob sie noch willkommen sind“, warnt Gräbener davor, dass selbst standorttreue Unternehmer die Reißleine ziehen könnten, wenn sich die Rahmenbedingungen nicht schleunigst ändern. Eine Zahl der IHK-Umfrage sticht dabei im Besonderen heraus: 17 Prozent der Umfrage-Teilnehmer gaben an, dass sie aufgrund der hohen Energiepreise Standortverlagerungen konkret in Erwägung ziehen. Zudem spielen immer weniger Unternehmer mit dem Gedanken, überhaupt noch zu investieren. Gräbener weiß: „Wer nicht mehr investiert, der hat den Glauben an seinen Standort verloren. Hier müssen die Alarmglocken schrillen.“
Vor allem im Handel, im Gastgewerbe und bei energieintensiven Unternehmen sei eine deutliche Investitionszurückhaltung zu spüren. Kein gutes Zeichen, weiß der Hauptgeschäftsführer: „Es fehlt an Vertrauen. Kaputte Straßen und Brücken, fehlende Gewerbeflächen, Regulierungswut sowie hohe Steuern und Abgaben schmälern die Investitionsbereitschaft.“
Leere Auftragsbücher in der Industrie
Darüber hinaus schlagen Faktoren wie der bekannte Fachkräftemangel, der sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen wird, der Mangel an Gewerbeflächen, auf die expanierfreudige Unternehmer mitunter Jahrzehnte warten müssen, sowie die schwache Inlandsnachfrage kräftig ins Kontor. Leere Auftragsbücher in der Industrie, die zu deutlich eingetrübten Ertragsprognosen führen, machten es vielen Unternehmern noch schwieriger, positiv in die Zukunft zu schauen. Viegener: „Die Produktionsauslastung ist weiterhin unterdurchschnittlich. Eine spürbare Steigerung ist aufgrund der schwächelnden Neuaufträge nicht in Sicht.“ Die Ertragslage in der Industrie breche gar auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Corona-Pandemie ein. Kein gutes Zeichen.
Laut Gräbener fehle den emsigen Unternehmern, Händlern und Dienstleistern zudem die politische Unterstützung. „Was uns fehlt, ist Tempo. Für den Bau einer Ortsumgehung brauchen wir 45 Jahre. Geschwindigkeit hat bei uns keine Lobby, genauso fehlt für neue Gewerbeflächen eine Lobby.“ Der Bürokratie-Wahnsinn und „die Regulierungsfreude“ (Gräbener) verärgern die Betriebe zusehend.
Zur Wahrheit gehört allerdings auch, dass nicht alle Branchen gleichermaßen über die genannten Probleme klagen. Denn aus der kürzlich durchgeführten IHK-Konjunkturumfrage geht beispielsweise hervor, dass der Bausektor deutlich optimistischer in die Zukunft schaut. Hier seien die Auftragsbücher, vor allem bei den Tiefbauern, gut gefüllt. Ein Aber schiebt Stephan Häger ein, Leiter des IHK-Referates Konjunktur, Arbeitsmarkt und Statistik nach: „Der Wohnungsbau wird zur Dauerbaustelle. Ein Ende der Abwärtsspirale ist dort nicht in Sicht. Fehlende Neuaufträge und ein verstärkter Preisdruck belasten die Unternehmen.“ Aufgehellt habe sich die Stimmung im Großhandel, anders als im stationären Einzelhandel, der sich nicht nur gegen den Onlinehandel zur Wehr setzen muss, sondern auch unter der gesunkenen Konsumlaune der Kunden leide. Gegensätzlich sind laut Umfrage auch die Stimmungslagen in den Bereichen Gastgewerbe und Dienstleistung. Während erstgenannte Branche trotz weiterhin hoher Energiepreise oder fehlendem Personal etwas optimitischer ist als noch im vergangenen Jahr, habe sich die Stimmung bei den Dienstleistern eingetrübt.
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Den berühmten Kopf in den Sack stecken will Klaus Gräbener trotz des „bestensfalls durchwachsenen Konjunkturklimaindexes“ nicht. Denn er weiß um die Widerstandsfähigkeit der Unternehmer in den Kreisen Olpe und Siegen/Wittgenstein: „Unsere Wirtschaft hat sich in der Vergangenheit allen Krisen zum Trotz immer wieder neu erfunden. Der Innovationsgrad ist immens, wir haben kaum Konzernstrukturen und trotz allem eine immer noch große Heimatverbundenheit.“ Sollte jedoch diese Affinität zum Sauer- und Siegerland verloren gehen – und einige Unternehmer setzen ihre Drohung, die Region zu verlassen, in die Realität um –, drohe der heimischen Wirtschaft und somit der gesamtem Region noch viel größeres Ungemach.