Rüblinghausen. Energiepreise und KI-Umbruch im Fokus: Wirtschaftsrat hinterfragt politische Weichenstellungen.
Es ist ein wenig schwer vermittelbar, aber die Vereinigung, die ganz offiziell „Wirtschaftsrat der CDU“ heißt, ist nicht Teil der CDU. Dennoch duldet die Partei diesen Namenszusatz, den der Lobby- und Berufsverband daher tragen darf, gegründet 1963 als Gegenpol zu den seinerzeit extrem starken Arbeitnehmerausschüssen der CDU, die als „Christlich-Demokratische Arbeitnehmerschaft“ (CDA) ganz offiziell Teil der Union sind. Und während die CDA in ihrer Bedeutung seitdem deutlich abgenommen hat, ist der Wirtschaftsrat zu einer wichtigen Stimme der Wirtschaft in Deutschland geworden.
Das „Technikum“, Bildungs- und Tagungszentrum der Metallwerke Gebr. Kemper an der Rüblinghauser Hütte, war nun Schauplatz einer Zusammenkunft ebendieses Wirtschaftsrats: Die örtliche Sektion hatte den Generalsekretär des Wirtschaftsrats Deutschland, Wolfgang Steiger, eingeladen, um über die aktuelle Situation der Wirtschaft in Deutschland zu sprechen. Und zahlreiche Wirtschaftsvertreter aus der näheren und weiteren Region waren der Einladung gefolgt.
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Werner Schmidt, Chef der Olper Unternehmensberatung VIA Consult, ist Vorsitzender der Sektion Olpe und begrüßte die Gäste, darunter die Bürgermeister Peter Weber (Olpe), Bernd Clemens (Wenden) und Tobias Puspas (Lennestadt). Der Wirtschaftsrat sei die „Stimme der Sozialen Marktwirtschaft“ und kämpfe für die Rückkehr zu den ursprünglichen Werten von Ludwig Erhard. Kemper-Geschäftsführer Christian Küste machte anhand von Zahlen klar, wie dramatisch die Energiepreis-Steigerungen für ein energieintensives Unternehmen wie Kemper mit seinen Schmelzöfen und Warmwalzanlagen seien. Nicht nur die Energiepolitik sei in der Krise: Seines Erachtens sei der Umbruch hin zur Künstlichen Intelligenz einer der größten „Game Changer“, doch „die Politik hat darauf keine Antworten. Dabei wäre die Zeit für große Würfe gekommen“.
Dass Wolfgang Steiger, für die CDU im Bundestag, die Ampelkoalition ins Visier nahm, war keine Überraschung, dabei verwendete er eher das Zweihandschwert als das Florett: Deutschland sei dabei, wieder der kranke Mann Europas zu werden. Zuletzt sei die Lage 2002/2003 so schlecht gewesen, dass zwei Jahre hintereinander Rezession geherrscht habe, doch habe damals Gerhard Schröder die richtige Antwort gefunden. „Und ich habe meine Zweifel, dass die Ampel die Kraft zu so etwas hat.“
Sodann erhielten zwar vorrangig die Grünen, aber kaum weniger die FDP verbale Prügel. Den Grünen warf Steiger vor, Lebenslügen nachzuhängen und diese „auf Teufel komm ‘raus“ durchzusetzen. Die FDP hingegen habe die nötige Kompetenz, schaffe es aber nicht, sich in der Ampel durchzusetzen. Der Haushalt 2025 werde in seinen Augen der Prüfstein dafür sein, ob die Liberalen mehr Wachstum und weniger Sozialleistungen erreichen könnten. Er habe aber Zweifel, dass die Koalition bis dahin halte.
Technologie gegen Klimawandel
Seine Handlungsempfehlungen für die Politik: Es sei höchste Zeit, „das zu tun, worauf es ankommt, nicht das, was ankommt“. Er betonte, die Soziale Marktwirtschaft sei das, was gebraucht werde, und die sei etwas anderes als der kalte Kapitalismus. „Planwirtschaft wird nicht besser, wenn sie von den Grünen kommt und nicht aus dem Politbüro.“ Steiger sprach sich klar gegen den Atomausstieg aus, den „Heiligen Gral der Grünen“. Seine Theorie: „Nur mit Technologie können wir den Klimawandel global bremsen.“ Das neue Grundsatzprogramm der CDU sei ein guter Anfang, und der Wirtschaftsrat müsse sich die Frage stellen, wie man die Herzen der Menschen für die Soziale Marktwirtschaft zurückgewinne.
Auch kritische Meldungen
Unternehmer Dr. Christopher Grünewald, mit am Vorstandstisch des Wirtschaftsrats, lobte Steigers „schonungslose Analyse der Situation in Politik und Gesellschaft“. Doch erhielt der Referent auch kritische Meldungen aus dem Plenum, so den Hinweis eines Energieversorgers: Zwar habe Steiger die Probleme der Energiepreise korrekt dargestellt, doch sei dies nicht Schuld der Grünen, sondern von der Regierung Merkel beschlossen worden. Die CDU-Minister Annegret Kramp-Karrenbauer und Peter Altmaier hätten seinerzeit „Sachen beschlossen, die sie nicht verstanden haben“.
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Warum die SPD in seiner Rede kaum vorgekommen sei, erklärte der Referent so: „Die lasse ich weitgehend weg, weil sie nicht mehr stattfindet, genau wie ihr Kanzler.“ Im Grunde bedauere er es, dass die Arbeitnehmer in Deutschland keine Vertretung mehr hätten, denn die SPD kümmere sich mehr um Leistungsempfänger als um Leistungsträger. Die Nachfrage von Kemper-Gesellschafter Rupprecht Kemper, wer denn für die CDU bei der nächsten Bundestagswahl noch als Koalitionspartner übrigbleibe, ließ Steiger unbeantwortet, er hatte aber eine Empfehlung: „Die CDU sollte selbst versuchen, so stark wie möglich zu sein.“ Die Landtagswahl in Rheinland-Pfalz zeige, dass dies von Erfolg gekrönt werde. Martin Häner, Steuerberater und Wirtschaftsrat-„Überzeugungstäter“, sprach das Schlusswort: Steigers Rede sei der Beweis dafür, dass es höchste Zeit sei, sich von Ideologien zu verabschieden