Kreis Olpe/Rönkhausen. Neues Heizgesetz in Kraft: Heizungsbauermeister Michael Poggel aus Rönkhausen erklärt worauf sich Verbraucher zukünftig einstellen müssen.
Michael Poggel ist neuer Obermeister der Innung Sanitär-Heizung-Klimatechnik im Kreis Olpe. Der 60-Jährige hat das Amt seines Vorgängers Thomas Enders übernommen. Was das für ihn bedeutet, wie sich die Branche entwickelt hat, welche Heizung er selber nutzt und was das neue Heizungsgesetz für die Bürger im Kreis Olpe bedeutet, erzählt er im Gespräch mit unserer Zeitung.
Das neue Heizgesetz (Gebäudeenergiegesetz – GEG) ist in Kraft getreten. Können Sie dieses Wort überhaupt noch hören?
(lacht) Hören ist das eine, es umzusetzen ist das andere. Es ist in aller Munde. Überall ist Verunsicherung und niemand weiß, wo die Reise hingeht.
Warum Verunsicherung, was bedeutet das Heizungsgesetz einfach erklärt?
Man muss sich in der Tiefe damit beschäftigen, viele Faktoren spielen hier mit ‚rein, zum Beispiel auch die „kommunale Wärmeplanung“. Wir wollen in Deutschland langfristig weg von der Öl- und Gasverbrennung. Es soll eine Dekarbonisierung stattfinden, hin zur CO²-Neutralität, das heißt, es werden bisherige fossile Brennstoffe durch erneuerbare Energiequellen ersetzt. Wünschenswert in Richtung Wärmepumpe.
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Ist das im Kreis Olpe so umsetzbar?
Wenn die Energieversorger genügend Leistung zur Verfügung stellen und in allen Straßenzügen genügend Elektrizität vorhalten, dass so möglichst viele Wärmepumpen betrieben werden können, dann ja.
Wäre es dann nicht von Vorteil, nicht nur Wärmepumpen großzügig zu fördern, sondern auch Photovoltaikanlagen, um die Wärmepumpen mit dem erzeugten Strom zu betreiben?
Wenn das so einfach wäre. Wir kennen das Sauerland und die Dörfer im Tal und die, wo es im Winter kaum hell wird. Schauen Sie doch mal aufs Sauerländer Wetter. Wärmepumpen brauchen viel Strom, vor allem im Winter. Man kann nicht darauf spekulieren, wenn man eine Photovoltaik-Anlage hat, zu sagen, dass man nun autark ist. Das ist eine Milchmädchen-Rechnung, zu sagen mit einer PV-Anlage sei man unabhängig. Das stimmt nur bei optimalen Bedingungen.
Ist es denn der richtige Weg, schnell weg von Gas und Öl zu wollen?
Langfristig gesehen ist das kein schlechter Weg. In der Vergangenheit haben wir ja schon gesehen, dass es zu Engpässen und künstlichen Verknappungen kommen kann, wenn wir uns abhängig von anderen machen.
Wer profitiert von dem neuen Heizungsgesetz?
Die Industrie gibt sich derzeit große Mühe, gute Anlagen auf den Markt zu bringen. Ich realisiere an der Stelle des Heizungstausches aber kaum Energieeinsparungen, da es eine Verschiebung von dem einen Energieträger auf einen anderen ist. Des Weiteren wird ein betagtes Lieschen Müller von nebenan die höheren Investitionskosten kaum wieder reinholen.
Den Kunden wird doch mit der Förderung ein guter Bonus zur neuen Heizung ermöglicht. Gibt es jetzt einen regelrechten Run auf erneuerbare Heizquellen?
Sicherlich ist die staatliche Förderung in Verbindung mit dem Geschwindigkeitsbonus ein toller Anreiz, um Investitionen überschaubar zu machen. Dennoch ist eine Alternativheizung zu Öl oder Gas schon einen gewissen Anteil teurer. Und das Geld muss man trotz Förderung erstmal auf der hohen Kante haben.
Was kostet denn heutzutage eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus?
Der Heizungstausch mit Demontage der Altanlage, der Öltanks etc. und einer neuen Luft-Wasser-Wärmepumpe ist ab 20.000 Euro aufwärts zu haben, abhängig von Aufwand und Erfordernis.
Wie hat sich die Branche Sanitär-Heizung-Klimatechnik in den letzten Jahren verändert?
Wir als kleiner Betrieb waren immer flexibel und haben sowohl Heizungen als auch Bäder gebaut. Wir haben festgestellt, dass sich durch das Anschubsen des Heizungsgesetzes alles auf den Fokus Heizung konzentriert. So sind die Bäder ins Hintertreffen gerückt.
Das heißt: Sie machen derzeit keine Bäder mehr, weil Ihre Firma ausschließlich neue Heizungen einbaut?
Nein, wir bauen schon noch Bäder, aber deutlich weniger. Der Kunde kann sein Geld, das er angespart hat, nur einmal ausgeben. Und da wird er das Geld dahin geben, wo es am nötigsten ist, und verzichtet eben auf ein neues Badezimmer und investiert in eine neue Heizung.
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Und welche Heizungsform empfehlen Sie aktuell den Kunden im Kreis Olpe?
Das ist ganz individuell. Wir gucken uns die Gebäude und die Bedürfnisse an und die Heizlast innerhalb des Gebäudes und haben dann Lösungsvorschläge für den Kunden parat. Meistens sind es Wärmepumpen oder Pelletheizungen, um die Vorgaben zu erfüllen.
Gibt es denn noch Nachfrage nach Öl- oder Gasheizungen?
Im letzten Jahr, also vor dem Inkrafttreten des neuen Heizungsgesetzes, hatten wir erhöhte Anfragen nach Ölheizungen. Da konnten die Händler aber nicht liefern. Und ab diesem Jahr dürfen Öl- und Gasheizungen nur noch in Verbindung mit regenerativer Energie, sprich als Hybridlösung, eingebaut werden, also unter Auflagen.
Jetzt sind Sie seit kurzem neuer Obermeister der Innung Sanitär-Heizung-Klimatechnik. Wie kam es dazu?
Ich habe den Job als Stellvertreter ja schon seit zehn Jahren gemacht in Begleitung von Thomas Enders. Daher waren mir die Aufgaben kein Neuland und so bin ich nachgerückt, weil ich mich auskannte in dem Bereich. Ich habe einen guten Vorstand hinter mir, mit dem eine gute und konstruktive Arbeit möglich ist.
Sie reden von Arbeit und Job. Was sind denn die Aufgaben eines Obermeisters?
Ein Obermeister repräsentiert das Gewerk den Mitgliedsbetrieben gegenüber. Davon haben wir knapp 50 in der SHK-Innung im Kreis Olpe. Wir sind das Bindeglied zwischen den Mitgliedsbetrieben und dem Fachverband in Düsseldorf.
Wird sich die Branche in Zukunft verändern?
Innovationen gab es ja immer. Im März findet in Essen eine große Messe statt mit vielen Neuheiten, das wird spannend. Was der Markt bringt, kann ich nicht sagen, dafür ist meine Glaskugel auf dem Schreibtisch momentan zu sehr beschlagen.
Was sagt Ihre Glaskugel denn mit Blick auf den Fachkräftemangel?
Jeder sucht ja momentan nach guten Fachkräften, weil wir in Jahrgangssituationen sind, die in den 60er-Jahren als sogenannte Babyboomer-Generationen galten. Heißt: Gute Fachkräfte hören auf und es rücken kaum welche nach. Leider wird in der Schule schon offeriert, bloß nicht ins Handwerk zu gehen, weil man „sich da die Finger schmutzig macht“. Und so werden immer mehr junge Leute Computerfreaks oder Influencer, weil ihnen das Handwerk eben nicht mehr schmackhaft gemacht wird.
Was tun Sie und die anderen Betriebe denn dafür, jungen Menschen das Handwerk und den Beruf des Anlagenmechanikers Sanitär-Heizung-Klimatechnik wieder schmackhaft zu machen? Apropos Influencer: Schon mal drüber nachgedacht, den Beruf auf Instagram vorzutanzen?
(lacht) Das wäre eine Überlegung wert an dieser Stelle. Wir gehen in Schulen, auf Berufsmessen und versuchen dort gezielt Präsenz zu zeigen. Nur leider laufen uns die großen Firmen aus der Industrie derzeit den Rang ab, weil sie auch mehr bezahlen. Einen meiner Gesellen habe ich nun gebeten, diesen Spökes auf Instagram zu machen, weil ich denke, dass wir so junge Leute ansprechen können (lacht).
Wie erklären Sie einem jungen Menschen, dass es Bock macht – wie Sie so schön sagen – , in diesem Beruf zu arbeiten?
Wenn man morgens aus dem Bett kommt, ist der erste Weg ins Badezimmer und wenn da kein Wasser aus dem Hahn kommt, wird sich auch der junge Mensch letztendlich fragen, was ist denn da los an der Stelle. Wir verpacken das Lebensmittel Nummer eins, und das ist das Trinkwasser. Der Job ist schon lange nicht mehr nur „Gas-Wasser-Scheiße“ wie es im Volksmund heißt. Wir sind in unserem Beruf zukunftsträchtig und digital unterwegs.
In meiner Recherche habe ich erfahren, dass viele Azubis im Bereich SHK durch die Gesellenprüfung rasseln. Ist die Prüfung zu schwer?
An und für sich ist da nichts Schweres dran, aber „ohne Fleiß kein Reis“ wie der Chinese sagt. Wenn ich an meine Prüfungen zurückdenke, dann muss ich sagen, dass von uns damals viel mehr gefordert wurde. Wenn ein Geselle, der gerade mit der Note Ausreichend durch die Prüfung gekommen ist, einen Auszubildenden auf der Baustelle anleitet, so sinkt natürlich dadurch das Ausbildungsniveau.
Kann die Innung etwas zur Unterstützung tun?
Die Innung bietet berufsbegleitende Maßnahmen an. Da können sich Auszubildende mit Schwierigkeiten nach Kursen erkundigen.
Künstliche Intelligenz (KI) im Bereich Heizungsbau und Sanitär: Wie wird das funktionieren?
Wir produzieren noch mit unseren Händen. KI wird nie so weit gehen, dass dadurch ein Waschbecken oder WC an die Wand geschraubt wird oder eine Heizung entsprechend installiert werden kann. Unser Gewerk benötigt Fachkräfte und keine KI, weil wir mit unseren Händen arbeiten und somit einen zukunftssicheren und krisensicheren Job haben.
Wie ist Ihre Prognose auf die nächsten fünf Jahre gesehen? Oder sind Sie dann, mit 65, schon im Ruhestand?
Ich will 103 Jahre werden, wenn es am Ende nur 98 sind, bin ich auch zufrieden. Mit 65 Jahren bis dahin wäre es eine lange Spanne des Nichtstuns. Ich habe noch Bock, und solange mir die Arbeit Spaß macht, denke ich noch lange nicht ans Aufhören. Es gibt noch viel zu tun in den nächsten Jahren, und da möchte ich mit anpacken.
Kurz und knapp gefragt:
Frühaufsteher oder Langschläfer? Frühaufsteher
Wärmepumpe oder Gasheizung? Wärmepumpe
Dusche oder Badewanne? Dusche
Feierabendbier oder Wein? Das Gläschen Wein
4-Tage- oder 5-Tage-Woche? Als Selbstständiger: 6-Tage-Woche
Steckbrief: Michael Poggel
Michael Poggel ist 60 Jahre und in Heggen geboren. Aufgewachsen ist er in Rönkhausen, wo er bis heute lebt und seit 1992 seinen eigenen Betrieb „Poggel Haustechnik“ führt. Er hat zwei Kinder (29 und 25 Jahre). Sieben Mitarbeiter sind in seinem Betrieb angestellt. Seine Ausbildung machte er zum Heizungsbauer. Meisterbriefe hält er gleich zwei in den Händen, als Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister und als Gas- und Wasserinstallateurmeister. Außerdem ist er Betriebswirt des Handwerks und Gebäudeenergieberater. Seit 2023 ist er Obermeister der Innung Sanitär-Heizung-Klimatechnik.