Oberhundem/Kirchhundem. Gemeinde spricht von „Pflegemaßnahme“. Anlieger bezweifeln Sinn und Zweck. Erinnerungen an „Birkentöter-Affäre“ vor zehn Jahren.

Die Motorsägen sind schon aus der Ferne zu hören. Der Bauhof der Gemeinde Kirchhundem nutzte das schöne Wetter und die frostigen Temperaturen zum Wochenbeginn, um an dem Bachlauf im Kurpark in Oberhundem mit einer „Pflegemaßnahme“ zu beginnen. So nennt es Michael Schwenke, Leiter der Gemeindewerke, im Rathaus. Anlieger am Schanzenweg oberhalb des Kurparks zweifeln Sinn und Zweck der Maßnahme, der nicht nur schwache Gehölze, sondern auch stattliche Erlen zum Opfer fielen, an.

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Für den Gemeindewerkeleiter ist der Fall klar. „Wir sind verkehrssicherungspflichtig für alle Bäume auf öffentlichen Flächen.“ Und gerade im Kurpark, der von vielen Spaziergängern genutzt wird, sei man sehr sensibel, dass von Totholz und Ästen, die abzubrechen drohen, keine Gefahr ausgehe.

Reste einer gefällten Erle. Ein vereidigter Baumgutachter hatte die Bäume vorher in Augenschein genommen. 
Reste einer gefällten Erle. Ein vereidigter Baumgutachter hatte die Bäume vorher in Augenschein genommen.  © WP | Volker Eberts

Die Fällung der Bäume passiere nicht willkürlich, sondern: „Ein vereidigter Baumgutachter hat den Bereich untersucht und darüber entschieden, welche Bäume entnommen werden müssen“, so Schwenke. Dass einige Baumabschnitte, die im Kurpark noch auf ihre Abfuhr warten, einen noch recht vitalen Kern vorweisen, sei kein Indiz, dass diese Bäume völlig gesund sind: „Einige Bäume leiden unter einer Verpilzung, die kaum zu erkennen ist, aber die Standfestigkeit gefährdet.“

Ein vereidigter Baumgutachter hat die Bäume untersucht.
Michael Schwenke, Betriebsleiter der Gemeindewerke

Dennoch wunderten sich die Anrainer des Kurparks über die Maßnahme. In den 30 Jahren, seitdem der Kurpark jetzt bestehe, seien die Erlen noch nie beschnitten und auch noch kein Baum gefällt worden. Gefahr ginge viel mehr von Ahorn- und Buchenbäumen in Häusernähe aus. „Da müsste die Gemeinde mal was machen“, so ein Anlieger.

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Fest steht: Im Kurpark geht es künftig lichter zu, auch rund um das Haus des Gastes wurde das Gehölz gelichtet. Eigentlich, so die Gemeinde, sollte die Maßnahme schon früher stattfinden, aber der Dauerregen der letzten Wochen machte es unmöglich, den Kurpark mit schwereren Fahrzeugen zu befahren, ohne die Wiesen in Schlammflächen zu verwandeln. Erst der strenge Frost in diesen Tagen macht dies möglich. Die Gemeindewerke bitten um Verständnis für die Maßnahme. Es würden nicht alle, sondern nur die angegriffenen und vom Baumgutachter ausgesuchten Bäume geschnitten, tritt Schwenke den schlimmsten Befürchtungen entgegen.

Vor zehn Jahren: „Birkentöter-Affäre“ in Kirchhundem

Dezember 2013 in Kirchhundem: An der Rathausfassade prangt gut sichtbar und in roter Farbe „Birkentöter“.
Dezember 2013 in Kirchhundem: An der Rathausfassade prangt gut sichtbar und in roter Farbe „Birkentöter“. © WP

Größere Pflegemaßnahmen im Baumbestand führen immer wieder zu Diskussionen – auch in der Gemeinde Kirchhundem. Der „Birkentöter-Fall“, der über die Gemeinde hinaus für Schlagzeilen sorgte, jährte sich im Dezember letzten Jahres zum zehnten Mal: Die Kirchhundemer Gemeindeverwaltung hatte damals, am Donnerstag, 28. November 2013, die gesamte aus 92 Bäumen bestehende einseitige Birkenallee bei Würdinghausen, zwischen der Schafsbrücke (L 713) und der Kreuzung „Vierlinden“ oberhalb von Flape, abholzen lassen, nachdem ein Baumgutachter die Bäume als „krank“ erklärt hatte.

Die „neue“ Birkenallee bei Würdinghausen heute. Alle 2014 gepflanzten Bäume sind angegangen.
Die „neue“ Birkenallee bei Würdinghausen heute. Alle 2014 gepflanzten Bäume sind angegangen. © WP | Volker Eberts

Aus Protest gegen diesen Kahlschlag hatte der Kirchhundemer Unternehmer und Naturfreund Dieter Mennekes (✝) am Samstagnachmittag, 7. Dezember 2013, mit roter Farbe das Wort „Birkentöter“ auf die vordere Rathausfassade in Kirchhundem gesprüht und sich in unserer Zeitung zu der Aktion bekannt. Damit war der adventliche Friede in der Gemeinde nachhaltig gestört.

Die Abholzaktion und der ungewöhnliche Protest dagegen hatten eine breite Diskussion in der Bürgerschaft ausgelöst, die sich unter anderem in vielen Leserzuschriften ausdrückte. Im Frühjahr 2014 war die Birkenallee dann neu gepflanzt worden - mit Erfolg. Alle neuen Bäume stehen noch und haben bis heute eine stattliche Höhe erreicht.