Kreis Olpe. Die Freude über die Erlaubnis zum Segnen auch homosexueller oder geschiedener Menschen in Partnerschaften währte nur kurz

Anfangs war der Jubel unter vielen Katholiken groß, als rechtzeitig zu Weihnachten die Nachricht die Runde machte, die Führung der römisch-katholischen Kirche habe die Segnung etwa auch gleichgeschlechtlicher Paare erlaubt. „Fiducia supplicans“ heißt das Dokument, das am 18. Dezember veröffentlicht und zunächst mit großer Freude aufgenommen wurde. So lobte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing: „In ,Fiducia supplicans‘ wird erläutert, dass es dem geweihten Seelsorger grundsätzlich möglich und erlaubt ist, auf den Wunsch von Paaren einzugehen, die um einen Segen für ihre Partnerschaft bitten, auch wenn sie nicht in jeder Hinsicht nach den Normen der Kirche leben. Das bedeutet, dass Paaren, die etwa aufgrund einer Scheidung nicht die Möglichkeit zur kirchlichen Trauung haben, und gleichgeschlechtlichen Paaren ein Segen gespendet werden kann. Die Praxis der Kirche kennt eine Vielzahl von Segensformen. Es ist gut, dass nun dieser Schatz für die Vielfalt von Lebensmodellen gehoben wird.“

Schwester Katharina Hartleib von den Olper Franziskanerinnen will keinen Segen nach Zehn-Sekunden-Vorgaben.
Schwester Katharina Hartleib von den Olper Franziskanerinnen will keinen Segen nach Zehn-Sekunden-Vorgaben. © WP | Privat

Doch dauerte es nicht lange, und dem Dokument folgte weitere Post. Am 4. Januar ergänzte der Präfekt der römischen Glaubenskongregation, Manuel Kardinal Fernández, eine Pressemitteilung, „um zur Klärung der Annahme der Erklärung Fiducia supplicans beizutragen“. Und darin wird deutlich gemacht, was der Präfekt darunter versteht, eine klare Abgrenzung zum sakramentalen Segen im Rahmen der kirchlichen Trauung einzuhalten. De facto solle der nun erlaubte Segen sogenannter „Paare in irregulärer Situation“ zehn bis 15 Sekunden dauern und nur an kirchlich nicht wichtigen Orten vollzogen werden. „Wenn zwei Personen gemeinsam herantreten, um einen Segen zu erbitten, bittet man einfach den Herrn um Frieden, Gesundheit und andere Güter für diese beiden Personen, die ihn erbitten. Gleichzeitig bittet man darum, dass sie das Evangelium Christi in voller Treue leben mögen und dass der Heilige Geist diese beiden Personen von allem befreien möge, was nicht seinem göttlichen Willen entspricht und alles, was der Reinigung bedarf“, heißt es unter anderem in der Erklärung.

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Vor Ort sorgt diese Klarstellung für Empörung. Pater Siegfried Modenbach ist Leiter des Geistlichen Zentrums auf dem Kohlhagen und hat sich seinen Ärger von der Seele geschrieben. „,Fiducia supplicans‘ spricht lediglich von dem, was immer schon möglich war, dass nämlich unter bestimmten Bedingungen ein ,irreguläres‘ Paar, also ein gleichgeschlechtliches Paar oder ein wiederverheiratetes geschiedenes Paar, gesegnet werden kann. Aber Vorsicht bitte! Die beiden beteiligten Personen können gesegnet werden, nicht aber ihre Beziehung als solche! Der Segen muss spontan erfolgen – er darf nicht geplant oder innerhalb einer gottesdienstlichen Feier gespendet werden. Die Beziehung bleibt weiterhin ,irregulär‘ und wird nach römischen Vorstellungen durch den Segen nicht legitimiert.“ All das sei schon in der eigentlichen Erklärung enthalten. Doch die Spezifizierung vom 4. Januar setze noch eins drauf: „,Es ist eine Angelegenheit von zehn oder 15 Sekunden‘, schreibt der oberste Glaubenshüter.“

Ein solcher „Ratz-Fatz-Segen, der nur Sekunden dauern darf, ist eine Demütigung – nicht mehr und nicht weniger“, macht Pater Modenbach seinem Ärger Luft. „Eigentlich ist er eher ein Fluch. Denn es wird weiterhin diskriminiert und verteufelt – mit klarer Ansage! Deshalb haben mich die Beifallsstürme nach der Veröffentlichung von Fiducia supplicans ohnehin schon irritiert. Denn es gab ja sofort viel mehr rote Linien als Spielräume. Und in den bisher bei uns in Deutschland stattfindenden Gottesdiensten zum Valentinstag war wesentlich mehr möglich: das waren Gottesdienste in Kirchenräumen und es wurden alle gesegnet, die kamen – ohne Beschränkung durch Stand, Ansehen, Aussehen, sexuelle Orientierung und Sündenregister. Wozu also jetzt dieser unwürdige Fiducia-Segen?“

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Und auch Schwester Katharina Hartleib von den Olper Franziskanerinnen spart nicht mit Kritik. „Man hat wirklich manchmal das Gefühl, die hohen Herren sitzen im Vatikan im Elfenbeinturm und denken sich etwas aus, weil sie merken, dass die Situation immer bedrängender wird, und dann kommt sowas.“ Autos dürften in aller Ausführlichkeit gesegnet werden, „und dann soll die Liebe zwischen zwei Menschen in diesen Fällen nur in Zehn-Sekunden-Häppchen zu segnen sein? In der Bibel steht es klipp und klar: Gott ist die Liebe. Dann macht man sich doch lächerlich, wenn man dieser Liebe nur ein Zehn-Sekunden-Segenshäppchen genehmigt.“ Sie ärgere sich sehr, denn derartige Beschlüsse seien keine Hilfe, sondern sorgten ganz im Gegenteil dafür, dass sich noch mehr Menschen von der Kirche abwenden. Dabei sehe sie bei ihrer Arbeit an jedem Tag, wie groß das Bedürfnis der Menschen nach Glaube und Spiritualität trotz aller Kirchenkrise sei.