Kreis Olpe. FDP-Trend im Kreis Olpe: Lindner soll in Regierung weitermachen. Der stellv. Kreisvorsitzende Colin Stamm lobt die Arbeit der Ampel.
Die FDP hat gesprochen - und will in der Ampel-Koalition bleiben. Wenn auch nur gestützt durch das knappe Votum von 52,24 zu 47,76 Prozent - bei rund 26.000 Abstimmungsteilnehmern von 72.000 Parteimitgliedern. Was aber sagen die FDP-Mitglieder und Parteifunktionäre aus dem Kreis Olpe, nachdem ein gutes Dutzend Otto-Normalbürger - vorwiegend aus der Gemeinde Wenden - mit einem Brandbrief an alle FDP-Kreisverbände für regionalen Aufruhr gesorgt hatte? Eindeutige Forderung seinerzeit: Raus aus der Ampel. Die FDP-Mitglieder auch im Kreis Olpe sind aber offensichtlich anderer Meinung.
Colin Sam Stamm (22) repräsentiert zwar den FDP-Nachwuchs im Kreis Olpe, ist aber bereits Stellvertretender Kreisvorsitzender. Der junge Medizinstudent aus Olpe liefert im Gespräch mit unserer Redaktion eine klare Position: „Ich habe mich an der Abstimmung beteiligt und für den FDP-Verbleib in der Ampel gestimmt.“ Er teile nicht die in seiner Partei verbreitete Auffassung, die Ampel mache schlechte Arbeit. Beispielsweise sei die von der Ampel nicht selbst verschuldete Gasmangellage gut gelöst worden, ein Bürokratieentlastungsgesetz in der Mache, die Aktien gestützte Rente und die Reform bei der Deutschen Bahn geplant: „Das sind alles Zukunftsprojekte, die die Menschen zwar nicht sofort spüren, die die Politik in Deutschland aber für Jahrzehnte positiv beeinflussen werden.“ Eine politische Alternative zur Ampel sehe er ohnehin derzeit nicht. Und eine Neuwahl würde das Land mitten in einer Krise für drei bis vier Monate durch einen Wahlkampf weitgehend zum Stillstand bringen. Selbst drei Wahlniederlagen der FDP in den drei Landtagswahlen in diesem Herbst (Thüringen, Sachsen, Brandenburg) seien für ihn kein Grund, sich aus der Ampel zu verabschieden. Stamm: „Die Ampel muss sich am Riemen reißen, ein einheitliches Bild nach außen tragen und kommunikativ auftreten.“ Zu den vor allem in den östlichen Bundesländern explodierenden Umfragewerten der AFD sagt Stamm: „Die AFD hat zu all diesen Themenfeldern keine Lösungen.“ Und in Sachen Migration stütze die Ampel den aktuell strengen EU-Kurs. Bis zu den Landtagswahlen vergehe zudem noch fast ein drei viertel Jahr. Hintergrund: Laut einer neuesten Umfrage des Civey-Meinungs-Forschungsinstitutes für Sachsen legt die AFD dort auf 37 Prozent zu, während die SPD mit 3 Prozent und die FDP mit 1 Prozent deutlich unter die Fünf-Prozent-Hürde gerutscht ist.
Andreas Stenzel, langjähriger FDP-Fraktionssprecher im Olper Stadtrat, spricht sich ebenfalls gegen die „Ampel-Flucht“ seiner Partei aus: „Ich habe für den Verbleib der FDP in der Regierung gestimmt. Wir sollten gerade in der jetzigen Situation nicht den Schwanz einziehen und uns nicht vor der Verantwortung drücken.“ Deutschland befinde sich in einer schwierigen Phase. Einfache Lösungen gebe es nicht. Zu den Horror-Umfragewerten aus dem Osten Deutschlands für die FDP sagt Stenzel: „Im Bundestrend liegen wir immer noch knapp über fünf Prozent. Ich sehe keine Gefahr, dass die FDP untergeht.“
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Stenzels Olper Fraktionskollege Martin Moseler (Sondern) bestätigte, sich ebenfalls an der Abstimmung beteiligt zu haben. Sein Abstimmungsverhalten wolle er aber nicht öffentlich machen: „Es war von Anfang an klar, dass eine solche Regierungsbildung ein Experiment sein würde.“ Zum ersten Mal müssten sich drei Parteien auf eine Linie verständigen, die von ihren Ideologien weit auseinander lägen. Während die Grünen noch auf eine halbwegs stabile Wähler-Basis bauen könnten, benötige die FDP immer auch viele Wechselwähler. Moseler: „Das Gesamtbild der Partei in der Öffentlichkeit ist nicht gut, obwohl bei Themen wie Migration oder Rente die richtigen Akzente gesetzt worden sind.“ Den aktuellen Umfrageschock aus Ostdeutschland kommentiert Moseler nach dem Prinzip Hoffnung: „Die FDP ist schon häufiger totgesagt worden. In der Mitte einer Wahlperiode sind die Zahlen meist deutlich schlechter als die tatsächlichen Ergebnisse bei den Wahlen.“
Nicole Kristes, FDP-Kreigeschäftsführerin teilte auf Anfrage mit, dass es im Kreisverband in den vergangenen Monaten keine spürbare Austrittswelle unter FDP-Mitgliedern gegeben habe: „Aktuell hat der Kreisverband 106 Mitglieder. Wir haben in 2023 sowohl vereinzelte Austritte, als auch vereinzelte Eintritte verzeichnet.“ Über ihr eigenes Abstimmungsverhalten sagte sie: „Ich persönlich habe mit Nein, also für den Verbleib in der Ampel gestimmt, da ich der Meinung bin, dass man die Chancen zur Gestaltung weiter nutzen und Verantwortung für unser Land übernehmen sollte.“
Nach dem von ihm angestoßenen „Brandbrief“ an über 200 Orts- und Kreisverbände der FDP zeigt sich der Wendener Unternehmer Reinhard Schönauer etwas enttäuscht über das wenn auch knappe Abstimmungsergebnis gegen den Ampelaustritt: „Für mich ist das das Ende der FDP.“ Er könne sich nur den Worten des ehemaligen FDP-NRW-Fraktionsvorsitzenden Gerhard Papke anschließen: „Die FDP verdampft in dieser Regierung.“ Spätestens nach der nächsten Bundestagswahl sei die FDP Geschichte. Das jetzige Abstimmungsergebnis zeige deutlich, wie gespalten die Partei sei: „Ich könnte mir gut vorstellen, dass es jetzt zu einer Austrittswelle kommt.“
Vaterfreuden bei FDP-Spitzenpolitiker Johannes Vogel - keine Stellungnahme
Keine Stellungnahme zu den aktuellen Entwicklungen wollte Johannes Vogel, Olper FDP-Kreisvorsitzender, MdB und NRW-Generalsekretär, momentan übermitteln. Das, so sein Büroleiter und Pressesprecher Max Möller, habe jedoch einen triftigen Grund: „Vogel ist kurz vor dem Jahreswechsel Vater einer Tochter geworden, kümmert sich verständlicherweise jetzt um seine Familie.“