Lennestadt. Eine 45-jährige Frau ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. Entscheidende Frage vor dem Amtsgericht. War es Notwehr?
Aus Liebe wurden Hiebe. Am 6. November 2022 eskalierte die Beziehung eines Pärchens in Lennestadt. Nach einer zunächst verbalen Auseinandersetzung kam es zu körperlicher Gewalt. Wegen gefährlicher Körperverletzung war eine 45-Jährige am Donnerstag im Amtsgericht Lennestadt angeklagt. Ein Delikt, für das der Gesetzgeber eine Mindeststrafe von sechs Monaten Freiheitsstrafe vorsieht.
Im Wohnzimmer soll es damals aus finanziellen Gründen zu dem Streit gekommen sein. „Die Angeklagte versetzte ihrem damaligen Lebensgefährten Schläge gegen den Kopf. Sie schlug ihm eine Vase aus Glas, die auf dem Tisch stand, ins Gesicht“, so Amtsanwältin Müller-Lück in der Anklage. Der Mann (45) erlitt mehrere Hämatome, eine blutige Lippe und ein Zahn brach ab.
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Vor Gericht schilderte die Angeklagte den Fall als Notwehr. „Ich habe den Sonntag, wie immer, im Schlafzimmer verbracht, weil er trinkenderweise auf der Coach im Wohnzimmer saß. Es gab Streit, weil er ungefragt Geld von meinem Konto abgehoben hatte. Dann filmte er mich und ich sollte vor der Kamera sagen, was ich haben wollte.“
Es habe dann eine Rangelei gegeben: „Er drückte mich mit seinem ganzen Körpergewicht von 120 Kilo auf die Coach. Ich wusste mir nicht mehr anders zu helfen. Ich hatte Panik, weil ich keine Luft mehr bekam. Da habe ich die Vase gepackt und sie gegen ihn geschlagen.“ Die Vase aus Glas sei dabei komplett zertrümmert. Sie sei dann zur Haustür gelaufen und habe um Hilfe gerufen.
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Die Angeklagte räumte ein, dass sie an dem Tag Wein getrunken hatte. Ihr damaliger Lebensgefährte sei ein halbes Jahr arbeitslos gewesen und habe schon morgens betrunken auf der Coach gesessen, wenn sie zur Arbeit gegangen sei: „Er trank immer eine Flasche Rum am Tag.“ Zur Frage von Amtsanwältin Müller-Lück, warum sie denn nicht schon früher ausgezogen sei, meinte die 45-Jährige: „Es war seine Wohnung. Das war alles nicht so einfach. Ich musste wieder von vorne anfangen.“
Der damalige Lebensgefährte erzählte im Gericht eine andere Version des Geschehens. Er sei an dem Tag aufgestanden, sei nüchtern gewesen und habe sehr gute Laune gehabt, weil er am Vortag bei einem Bewerbungsgespräch eine mündliche Zusage erhalten habe: „Sie war aber ziemlich schlecht gelaunt. Es ging um Geld. Wegen ihrer schlechten Laune habe ich sie ignoriert, den Fernseher angemacht und Bundesliga geguckt. Ich glaube, das hat sie wütend gemacht.“ Dann habe sie ihm einen Bierkrug ins Gesicht geschlagen, so der 45-Jährige.
Seine damalige Lebensgefährtin habe nicht von ihm abgelassen: „Ich wurde mehrfach angegriffen, auch mit einer Vase. Ich habe sie festgehalten, weil sie mir ins Gesicht schlug. Ich habe versucht, mich zu schützen.“ Er habe gerufen, dass sie aufhören soll: „Sie hat sich aber immer wieder befreit und Dinge geworfen. Die Attacken hörten nicht auf.“ Sie habe auch gesagt, dass sie ihn fertigmachen wolle.
Einstellung des Verfahrens
Er sei definitiv nicht der Aggressor gewesen, beteuerte der 45-Jährige: „Ich habe die Polizei gerufen. Ich war einfach geschockt. Das war schon heftig.“
Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen bat Richter Nils Sinner zum Rechtsgespräch mit Staatsanwaltschaft und Verteidiger. Ergebnis: Das Verfahren wurde auf Kosten der Landeskasse eingestellt. „Wir haben die Aussagen Revue passieren lassen. Wir sind von keiner Geschichte überzeugt. Andere Zeugen, die die Tat gesehen haben, gibt es nicht. Wir schließen eine Notwehrsituation mit der Vase nicht aus“, meinte Richter Sinner.