Lennestadt. Die Grundsteuer sollte kräftig steigen. Die Ratsfraktionen einigten sich auf einen Kompromiss und nehmen das, was das Land empfiehlt.

Die Bürger der Stadt Lennestadt müssen sich im neuen Jahr auf steigende Gebühren und Steuern einstellen, und zwar in allen Bereichen. Als am Mittwoch der Rat zur turnusmäßig letzten Sitzung im Altenhundemer Rathaus zusammenkam, standen Abstimmungen über die Erhöhung von Wasser-, Abwasser-, Abfall- und Straßenreinigungsgebühren ebenso auf der Tagesordnung wie eine neue Hebesatzsatzung. Hinter diesem bürokratischen Ausdruck verbirgt sich nichts anderes als eine kräftige Erhöhung der Grundsteuern – und doch wurde der ganz große „Steuerhammer“ rechtzeitig wieder eingepackt.

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CDU-Fraktionschef Gregor Schnütgen war Berichterstatter aus dem Haupt- und Finanzausschuss und fasste zusammen, dort habe die Meinung vorgeherrscht, ohne den durch die Cyber-Attacke noch nicht vorliegenden Haushalt könne über die Grundsteuer nicht entschieden werden, weil keine belastbaren Zahlen vorlägen. Dann sei einstimmig beschlossen worden, das Ganze unter Ausschluss der Öffentlichkeit im Ältestenrat zu diskutieren. „Innerhalb von nur einer Stunde ist dann am Montag im Ältestenrat ein bemerkenswertes Ergebnis im engen Schulterschluss zwischen Verwaltung und allen Fraktionen gefunden worden.“ Bürgermeister Tobias Puspas (CDU) ergänzte: „Uns als Verwaltung war klar, dass unser Vorschlag beraten und auch kritisiert werden muss.“ Die vorgeschlagene kräftige Anhebung sei quasi ein Warnsignal gewesen: Der ursprüngliche Haushaltsplanentwurf habe ein erwartetes Defizit von 11 Millionen Euro aufgewiesen. Dies würde recht sicher den Gang in die Haushaltssicherung bedeuten, ein Status, bei dem eine Kommune ihre Ausgaben nicht mehr selbst, sondern unter der Aufsicht der Bezirksregierung planen muss. Allen Beteiligten sei klar gewesen, dass die Grundsteuer B, die, die für alle bebauten Grundstücke erhoben wird, spürbar angehoben werden müsse. Zunächst habe sich „zum Glück“, so Puspas, bis zur Ältestenratssitzung die eine oder andere positive Veränderung gegeben, weitere Verbesserungen seien durch die Suche nach Einsparpotenzial erreicht worden, insgesamt eine Verbesserung von rund 4 Millionen Euro.

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Ursprünglich hatte die Verwaltung vorgeschlagen, den Hebesatz der Grundsteuer B von 458 auf 550 Prozent zu erhöhen. Doch angesichts der Verbesserungen und in der Diskussion im Ältestenrat sei einhellig beschlossen worden, lediglich auf 501 Prozent anzuheben – die Zahl, die das Land als fiktiven Hebesatz annimmt, der also quasi auch als Empfehlung des Landes angenommen werden kann. „Das ist damit eher eine Steueranpassung als eine -erhöhung, und zwar auf das, was der Gesetzgeber sieht und nicht darüber hinaus.“

Steigende Steuern und Gebühren

Hier eine Übersicht über die künftigen Steuern und Gebühren in der Stadt Lennestadt: Die Straßenreinigung im Sommer wird bei Anliegerstraßen von 1,77 auf 2,30 Euro pro laufenden Meter erhöht, bei Straßen des innerörtlichen Verkehrs von 1,18 auf 1,53 Euro und bei Straßen des überörtlichen Verkehrs von 89 Cent auf 1,15 Euro. Der Winterdienst hingegen wird günstiger: Entsprechend der Straßeneinstufung von 2,11 auf 1,73 Euro, von 1,41 auf 1,15 Euro bzw. von 70 auf 58 Cent. Dies wird in den milden Wintern der vergangenen Jahre begründet, bei denen weniger Räum- und Salzkosten anfielen. Beim Trinkwasser bleiben die Grundgebühren gleich, die Verbrauchsgebühr steigt von 1,79 auf 1,99 Euro pro Kubikmeter. Beim Abwasser steigt die Gebühr für die Reinigung von Schmutzwasser von 3,05 auf 3,42 Euro und bei Niederschlagswasser von 43 auf 50 Cent pro Kubikmeter. Und auch die Abfallgebühren steigen deutlich: die Grundgebühr sinkt zwar um rund 8 Prozent von 25,88 auf 23,78 Euro, die Entsorgungskosten gehen jedoch um 22 bis 35 Prozent nach oben. Die Verwaltung hat beispielhaft errechnet, dass ein Vier-Personen-Haushalt für das jeweils kleinstmögliche Müllgefäß von 80 Litern für Rest- und Biomüll künftig 200,79 Euro zu bezahlen – Im Jahr 2023 wären es 163,86 Euro gewesen, erhoben wurden jedoch nur 90 Prozent, was 147,47 Euro entspricht. Dabei gab es deutliche Differenzen im Rat: SPD und Grüne kritisierten den Zweckveband Abfallwirtschaft Kreis Olpe (ZAKO), die Mitgliedschaft der Stadt in diesen sei mitursächlich für die steigenden Kosten. Doch CDU und Bürgermeister widersprachen: Die Stadt Attendorn sei nicht umsonst gerade erst dem Verband beigetreten, denn im größeren Verbund seien deutlich bessere Konditionen zu erwirken als einzeln.

Doch mit der angepriesenen Harmonie des Ältestenrats war es rasch vorbei, als Heinz Vollmer (SPD) das Wort ergriff: „Man kann die Dinge im Nachhinein schönreden. Aber wenn es unsere Initiative nicht gegeben hätte, den Ältestenrat zu einem Kompromiss zusammenzurufen, dann wären es 550 Prozent geworden.“ Andreas Verbeek von den Grünen gab Vollmer recht, dass dieser die Anregung gegeben hat, „aber ob das jetzt die Ursache für den Kompromiss war“, wage er zu bezweifeln. Kerstin Bauer von der UWG nannte als ursächliches Problem, „dass wir im Wesentlichen fremdgelenkt sind, Stichwort Kreisumlage“. Sie erklärte, es sei möglicherweise der bessere Weg, in die Haushaltssicherung zu gehen, denn dann werde es für den Bürger verständlicher, dass überall Gebühren erhöht und dann noch die Steuern angehoben werden müssten.

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Der sichtlich angefasste Bürgermeister hatte zunächst eine heftige Replik angekündigt, ließ diese dann aber aus: „Ich könnte noch ganz viel sagen, ich will aber das Ergebnis der Ältestenratssitzung nicht in Gefahr bringen.“ Bei Enthaltung des fraktionslosen Stefan Volpert sprach sich der Rat dann einstimmig dafür aus, die Grundsteuer A von 240 auf 259 Prozent anzuheben, die Grundsteuer B von 458 auf 501. Die Gewerbesteuer bleibt bei 440 Prozent, hier erhebt die Stadt schon mehr als den fiktiven Hebesatz des Landes, der bei 416 Prozent liegt.