Lennestadt. Der Stadt Lennestadt droht ein finanzieller Engpass. Die Bürger müssen mit Steuererhöhungen rechnen.

Die Stadt Lennestadt geht finanztechnisch schweren Zeiten entgegen. Sparen wird das Gebot der nächsten Jahre werden. Politik und Verwaltung müssen konsequent den Rotstift ansetzen und Vieles, was schon geplant ist oder war, wird sich so schnell nicht umsetzen lassen. Die Bürgerinnen und Bürger werden ihre Erwartungen zurückschrauben müssen und die Stadt wird nicht um Steuererhöhungen herumkommen. Lennestadts Bürgermeister Tobias Puspas spricht Klartext: „Ich bin ein Freund davon, frühzeitig zu sagen, was los ist, bevor es zum bösen Erwachen kommt.“ Konkrete Zahlen liegen zwar noch nicht vor, aber - da sind sich die Finanzstrategen im Rathaus einig: Sie werden dramatisch sein. Vor allem die exorbitant steigende Kreisumlage und die Tariferhöhungen schlagen ins Kontor.

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Dabei hatte es in den letzten Jahren noch so gut ausgesehen. Seit 2016 legten die Unternehmen eine beispiellose Serie hin. Die Gewerbesteuereinnahmen sprudelten wie nie zuvor auf einen Rekordbetrag von mehr als 30 Millionen Euro in diesem Jahr. Selbst Corona konnte diesen „Flow“ nicht stoppen. Und Lennestadt investierte kräftig, mehr als 17 Millionen Euro in Schulen, Tiefbau und Feuerwehr und weitere fast 4 Millionen im Wasser- und Abwasserbereich – alles zusammen also über 21 Millionen Euro. Trotz eines Lochs von 4,6 Millionen Euro im Ergebnisplan des 75 Millionen-Euro-Haushalts leistete sich die Stadt auch deutliche Nachlässe bei Abwasser- und Abfallgebühren und verzichtete auf Steuererhöhungen, um die durch Energiekrise und Inflation bzw. hohe Preissteigerungen gebeutelten Bürger zu entlasten. CDU-Fraktionschef Gregor Schnütgen hatte in der Haushaltssitzung des Stadtrates vor einem Jahr noch kommentiert: „Läuft die Wirtschaft rund, ist alles gut.“

Doch diese Formel stimmt nicht mehr. Denn auch für das kommende Jahr geht der Städte- und Gemeindebund nur von einem leichten Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen aus, die Stadt bekommt dennoch die Enden nicht mehr zusammen. Laut Bürgermeister Puspas kann die Kommune die größten Kostentreiber gar nicht beeinflussen - allen voran die Kreisumlage. In diesem Jahr musste die Stadt bereits 26,9 Millionen Euro nach Olpe überweisen, 3,6 Millionen mehr als noch 2022. Für 2024 war Kämmerer Jochen Biermann zunächst noch von einer Steigerung auf 28,6 Millionen (plus 1,7 Millionen) ausgegangen. Dann informierte der Kreiskämmerer, dass die Umlage für Lennestadt um ein Vielfaches der bisherigen Steigerungen ausfallen könnte, wegen der Explosion der sozialen Leistungen, die sich der Landschaftsverband über die Landschaftsumlage bei den Kreisen wiederholt. Die Kreise wiederum geben die Kosten über die Kreisumlage an die Kommunen weiter.

„Das können wir allein nicht mehr auffangen“, so Bürgermeister Puspas. Die Stadt spekuliert in den nächsten Wochen auf haushaltsrechtliche Erleichterungen seitens des Landes und mehr Sparanstrengungen auch im Olper Kreishaus. Puspas: „Ich hoffe, dass der Kreis unsere Sorgen zum Anlass nimmt, den Rotstift anzusetzen.“ Bis die exakten Eckdaten vorliegen, hat die Stadt alle Haushaltsberechnungen gestoppt und die Stadtverordneten darüber informiert, dass die Einbringung des Haushalts vom 8. November auf den 13. Dezember verschoben wird.

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Als Preistreiber Nummer 2 erwiesen sich die Tariferhöhungen um mehr als zehn Prozent für die tariflich Beschäftigten im Rathaus. „Ich freue mich, dass unsere Arbeitnehmer mehr Geld verdienen, aber wir müssen Gehälter, Löhne und Rückstellungen aus dem laufenden Haushalt finanzieren“, so der Bürgermeister. Das sind bei Personalkosten von rund 10 Millionen Euro mehr als eine Million Euro plus in jedem Jahr. Dies werde Auswirkungen auf den Stellenplan haben. Einen weiteren - bisher fest eingeplanten Landschaftsgärtner - für die Grünpflege im Stadtgebiet werde es laut Bürgermeister nicht geben. Und auch die Grundsteuer B für Grundstücksbesitzer von derzeit 458 Prozent werde steigen müssen. Der Durchschnittswert in NRW liegt bei 501 Prozent. Puspas: „Wir werden es uns nicht leisten können, darunter zu bleiben.“

Sollte die Stadt drei Jahre hintereinander fünf Prozent oder mehr aus der allgemeinen Rücklage entnehmen müssen, muss sie bereits Anfang 2024 ein Haushaltssicherungskonzept für die nächsten zehn Jahre vorlegen. Dann wären viele freiwillige Leistungen wie Fördermittel für Sport, Kultur oder Familien nicht mehr finanzierbar. Für Puspas ein Unding. „Wenn das Konstrukt der Umlagefinanzierung nicht geändert wird, dann läuft das auf sozialen Unfrieden hinaus.“