Lennestadt. Der Systemausfall hat zum Teil kuriose Auswirkungen. Aber kreative Lösungen wirken. In Lennestadt gibt es nun wieder Baugenehmigungen.

„Natur genießen – entspannen – durchatmen“, erscheint auf dem Bildschirm, wer im Internet auf die Homepage Lennestadt-Kirchhundem.de klickt. Der gute Rat zu mehr Gelassenheit, unterlegt mit einem Bild von einer Wandergruppe in der Natur, klingt ein bisschen wie Hohn und Spott angesichts der aktuellen Situation nach dem Hackerangriff auf die Rathäuser im Kreis Olpe. Aber wer über die Google-Suche nach der Internetseite für die Stadt Lennestadt sucht, der bekommt oben in der Liste die Homepage der Urlaubsregion Lennestadt und Kirchhundem angeboten statt der gesperrten, offiziellen Homepages der Stadt- bzw. Gemeindeverwaltung. Der Hackerangriff hat die Verwaltungen weiterhin im Griff, aber mit kreativen Lösungen bleibt das Rathaus handlungsfähig.

„Es gibt derzeit keinerlei Prognosen oder Einschätzungen, wie lange der Ausfall noch andauern wird.“
Tobias Puspas, Bürgermeister Stadt Lennestadt

Es dürften nicht wenige Bürger sein, die bei der Suche nach Informationen auf die Seite lennestadt-kirchhundem.de klicken. Wie viele es real sind, weiß derzeit niemand, „denn bei uns kann ja keiner anrufen oder uns eine Mail schicken“, so Luisa Möser, Chefin der Tourismus-AG Lennestadt und Kirchhundem im Bahnhof in Altenhundem. Die Homepage ist nicht mit dem gehackten Netzwerk der SIT-Südwestfalen gekoppelt und deshalb erreichbar. Telefon und E-Mail dagegen sind mit dem gehackten Netzwerk verbunden und deshalb offline.

Verirrte Internetnutzer

Um die „verirrten“ Internetnutzer, die in der Urlaubsregion standen, wieder in die Realität zurückzuholen, wird auf der Startseite die Info eingeblendet: „Aufgrund eines überregionalen Hackerangriffs sind wir bis auf Weiteres weder per E-Mail noch telefonisch erreichbar.“ Dazu gibt es die neue Notfallnummer der Stadt (02723/7197323) und einen weiteren Link zu weiteren Infos, der zur Seite des Stadtmarketings führt, die ebenfalls noch erreichbar ist. Dort hat Martin Steinberg, Bereichsleiter für Presse und Öffentlichkeitsarbeit, zwischen Weihnachtswerbung und Gewinnspiel aufgeführt, was derzeit im Rathaus geht und vor allem, was nicht funktioniert (wir berichteten).

Neue Notfallseite für Lennestadt

Eine neue Interims-Homepage unter lennestadt.de, die in der letzten Woche in Aussicht gestellt wurde, gibt es noch nicht. Immerhin können die wichtigsten Infos seit gestern auf der Seite https://notfallseite.sit.nrw/stadtlennestadt abgerufen werden, die täglich ausgebaut werden soll. Die IT-Abteilung im Lennestädter Rathaus will in Kürze auch dezentrale E-Mail-Postfächer für jeden Bereich der Stadtverwaltung einrichten. Ein Indiz dafür, dass sich die Verwaltung auf einen längeren Totalausfall des IT-Systems einstellt, sei das aber nicht, versichert Bürgermeister Tobias Puspas, der ständig mit der SIT im Austausch sei. „Es gibt derzeit keinerlei Prognosen oder Einschätzungen, wie lange der Ausfall noch andauern wird“, bekräftigt der Bürgermeister, der als Kriminalhauptkommissar früher selbst eine Abteilung gegen Cyberkriminalität leitete.

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In der Stadtverwaltung versuchen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihren Job irgendwie zu machen, durch Nutzung von privaten Mobilnummern, e-mail-Adressen oder den Messengerdienst Whats-App, etc. Martin Steinberg druckt Plakate für Veranstaltungen derzeit zuhause aus. Luisa Möser nutzt die gewonnene „freie Zeit“, um die Beherbergungsbetriebe persönlich zu besuchen, neue Projekte zu besprechen. Persönliche Treffen lösen in diesen Zeiten ohnehin wieder die Online-Meetings ab, die in der Coronazeit ihren Aufschwung nahmen. „Man bekommt dadurch wieder einen anderen Focus“, stellt Bürgermeister Puspas fest. Auch er selbst nutze die Zeit für persönliche Gespräche und Besuche, die manchmal wegen Zeitmangels zu kurz kämen.

Kreative Lösungen

„Die Kolleginnen und Kollegen sind sehr kreativ unterwegs, um ihre Arbeit zu machen“, so der Bürgermeister, Auch wenn das sehr mühselig sei. So müssten die Einladungen für den nächsten Sitzungsblock per Hand neu eingegeben werden, weil die Vorlagen nicht verfügbar sind. Natürlich seien einige Bereiche, die auf digitale Daten und Zahlen angewiesen sind, derzeit ausgebremst, so Martin Steinberg. Verwaltungen, die konsequent auf digitale Archivierung umgestellt haben, hätten jetzt das Nachsehen. „Aber wir werden jeden Tag wieder arbeitsfähiger“, gibt sich Bürgermeister Puspas optimistisch. So könnten ab sofort auch wieder Baugenehmigungen für einfache Bauvorhaben wie Balkone etc. vergeben werden. Bei komplexen Bauprojekten funktioniere das leider noch nicht, denn dafür fehlte der Zugriff auf die Daten im Computersystem.