Olpe. Ein 55-jähriger Mann aus Olpe wollte wegen einer Zwangsräumung seine Wohnung anzünden. Hinter dieser Straftat verbirgt sich ein tragischer Fall.
Wegen versuchter schwerer Brandstiftung wurde ein heute 55-jähriger Angeklagter vom Olper Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Matthias Witte zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt. Weil das Gericht einen minderschweren Fall attestierte, kam der psychisch kranke Mann aus Olpe mit einer Bewährungsstrafe davon, für die strenge Auflagen gelten. So muss sich der Angeklagte um einen Platz in einer ambulanten Wohneinrichtung kümmern, einen Antrag auf Grundsicherung stellen und eine ärztliche Behandlung aufsuchen.
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„Das ist schon eine erhebliche Straftat“, blickte Richter Witte auf die Ereignisse vom 27. Februar zurück. Weil er seinem Vater und Hausbesitzer seit längerem keine Miete für das Jugendzimmer gezahlt hatte, in dem der heute 55-Jährige seit einigen Jahren weitgehend von der Familie und Außenwelt isoliert lebte, wurde eine Zwangsräumung beantragt und eingeleitet. „Sein Zimmer war der letzte Anker“, schilderte Rechtsanwalt Klaus Hesse die damalige „Ausnahmesituation“, in der sich sein Klient wähnte, und die zu einer „Kurzschlussreaktion“ führte.
Mann versuchte, seine Wohnung anzuzünden
So stand der Mann beim Räumungstermin der Gerichtsvollzieherin und zwei sie begleitenden Mitarbeitern des Olper Ordnungsamtes mit einem Messer oder einen Schraubenzieher gegenüber und forderte später die herbeigerufenen Polizisten auf, ihn zu erschießen. Zwischenzeitlich hatte der heute 55-Jährige versucht, seine Dachgeschosswohnung anzuzünden und sich durch eine Rauchvergiftung das Leben zu nehmen. Die Tapete, der Teppich und Fußleisten hatten schon angefangen zu brennen.
Als sich die Situation einigermaßen beruhigt hatte, wurde der Olper von Polizei und Rettungsdienst in die Klinik für Psychiatrie des St. Martinus-Hospitals gebracht, wo er bis zum Erlass eines Haftbefehls knapp zwei Wochen blieb. Seitdem sitzt der Angeklagte fast sieben Monate in Untersuchungshaft, zuletzt in der JVA Attendorn. Bei seiner Aufnahme in die Psychiatrie sei der Patient abgemagert gewesen und habe sehr bedrückt gewirkt, erinnerte sich Chefärztin Dr. med. Christine Menges. Für den Olper war es bereits der dritte Aufenthalt in der Psychiatrischen Klinik.
Im Laufe der Jahre hat der Angeklagte nach Ansicht von Gutachter Dr. Bernd Roggenwallner eine wahnhafte Vorstellung entwickelt, „dass mit seinem Körper etwas nicht stimmt“. Eine vermeintliche Pilzerkrankung im Darm wollte der Angeklagte aushungern. Entsprechende Informationen hatte er im Internet gelesen. Auch schien er mehr und mehr davon überzeugt, dass ihn ein Pilz im Kopf krank mache. Im Krankenhaus wurde aber nur eine Entzündung der Magenschleimhaut festgestellt.
Angeklagter entwickelte paranoide Ideen
Laut Dr. Roggenwallner, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus Dortmund, entwickelte der Olper „deutliche paranoide Ideen“. Seit 2011 zog sich der Angeklagte immer mehr zurück, kappte seine sozialen Bindungen und lebte am Rande der Gesellschaft. Sein Jugendzimmer im Haus des Vaters wurde zum Rückzugsort. Als die Zwangsräumung drohte und die Gerichtsvollzieherin am 27. Februar vor der Tür steht, eskalierte die Situation und es kam zu einer „situativ bedingten Tat“, so Gutachter Dr. Roggenwallner. „Er wollte nicht aus der Wohnung gehen.“ Das Messer oder den Schraubenzieher habe der 55-Jährige aber nur gegen sich selbst gerichtet und nicht versucht, jemanden anderen zu attackieren. Trotzdem war es für die Polizisten eine gefährliche Situation, wie einer der Ordnungshüter vor Gericht ausgesagt hatte. Der 82-jährige Vater und Hausbesitzer lag damals im Krankenhaus.
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„Er wollte niemanden anderen gefährden“, betonte Staatsanwältin Vanessa Zimmermann. Auch die Vertreterin der Anklage sah eine „erheblich verminderte Schuldfähigkeit“ und sprach in ihrem Plädoyer von einer „akuten persönlichen Belastung“. Da sie dem nicht vorbestraften und geständigen Olper eine günstige Sozialprognose und eine „emotionale Ausnahmesituation“ attestierte, beantragte sie wegen versuchter schwerer Brandstiftung in einem allerdings minderschweren Fall eine Freiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung. Dem folgte das Schöffengericht unter Vorsitz von Richter Matthias Witte.
„Ich hoffe, dass ich von ihnen eine günstige Sozialprognose bekomme“, hatte der Angeklagte zuvor in seinem „letzten Wort“ an das Schöffengericht appelliert und von einer „Affekthandlung“ gesprochen. Rechtsanwalt Klaus Hesse und die Staatsanwältin verzichteten auf das Einlegen von Rechtsmitteln. Damit wurde der Haftbefehl gegen den 55-Jährigen aufgehoben. Der muss jetzt unter strengen Auflagen versuchen, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Sonst droht im endgültig ein längerer Gefängnisaufenthalt.