Hünsborn. Der Hünsborner Hausarzt Stefan Spieren plant ein digitales Ärztehaus. Patienten sollen dort fast nur noch mit Ärzten auf Bildschirmen reden.

„Ich bin sehr guter Dinge und freue mich, das Projekt endlich angehen und für die Gemeinde Wenden eine zukunftsorientierte medizinische Versorgung etablieren zu können“, sagt Allgemeinmediziner Stefan Spieren aus Hünsborn über „sein Baby“. Gemeint ist das Digitale Ärztehaus, das Spieren mit anderen Investoren für mehrere Millionen Euro auf einem Grundstück am Rande des Neubaugebietes „An der Wahre“ bauen möchte.

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Verkauf stockte mehrere Monate

Nachdem die Verkaufsverhandlungen wegen „unterschiedlicher Auffassungen über die Verkaufsmodalitäten“ mehrere Monate ins Stocken geraten waren, sind jetzt offenbar alle Hürden beseitigt. Spieren ist optimistisch, dass das Ärztehaus schon im Herbst 2024 bezogen werden kann.

Allgemeinmediziner Stefan Spieren aus Hünsborn will auf dem Grundstück am Rande des Baugebietes An der Wahre in Hünsborn sein digitales Ärztehaus errichten. Im Herbst 2024 soll das Ärztehaus fertig sein. Nachbar (Hintergrund) ist unter anderem die Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) mit ihrem neuen Kindergarten.
Allgemeinmediziner Stefan Spieren aus Hünsborn will auf dem Grundstück am Rande des Baugebietes An der Wahre in Hünsborn sein digitales Ärztehaus errichten. Im Herbst 2024 soll das Ärztehaus fertig sein. Nachbar (Hintergrund) ist unter anderem die Gesellschaft der Franziskanerinnen zu Olpe (GFO) mit ihrem neuen Kindergarten. © Josef Schmidt

Den Wendener Kommunalpolitikern hatte er seine Idee schon vor etwa einem Jahr präsentiert und weitgehende Zustimmung mitnehmen können. Jetzt will Spieren ernstmachen.

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Geplant ist auf dem rund 800 Quadratmeter großen Grundstück gegenüber dem Nahkauf zwischen Siegener Straße und „Über der Delle“ ein mehrstöckiges Praxisgebäude. Das aber so gar nicht dem entspricht, was sich Lieschen Müller unter einer üblichen Facharztpraxis auf dem Lande so vorstellt: Telefonisch bei einer überlasteten Arzthelferin um einen Termin betteln, dem Arzt von Angesicht zu Angesicht plausibel machen, dass der Rücken schmerzt, die Verdauung klemmt oder sich ein undefinierbarer Fleck auf dem Unterarm gebildet hat. Um dann nach der Sprechstunde mit einem Rezept in der nächsten Apotheke auf Medikamente zu warten. „Nein, damit wird das Prozedere im neuen Ärztehaus nicht mehr viel zu tun haben“, lächelt Spieren im Gespräch mit unserer Redaktion: „Im überwiegenden Teil der Praxisbesuche wird der Patient einen Arzt oder eine Ärztin nur auf dem Bildschirm sehen und mit ihm sprechen.“

Nur ein Arzt ist vor Ort

Maximal ein einziger Arzt werde dort noch zugegen sein, sozusagen für den Notfall. Ziel sei es, die Begegnung zwischen Patient und Arzt ausschließlich virtuell zu gestalten. Spieren nennt ein konkretes Beispiel: „Einer unserer Partner, der seine Teilnahme an dem Projekt bereits zugesagt hat, ist der Neurochirurg Prof. Dr. Veit Braun, Chefarzt der Neurochirurgie im Jung-Stilling-Krankenhaus in Siegen. Wenn ein Patient mit starken Rückenschmerzen und dem Verdacht auf einen Bandscheibenvorfall dann seine Expertise in Anspruch nehmen will, ordert er online einen Termin und beschreibt dort bereits seine Symptome. Er erhält eine digitale Terminbestätigung und die Legitimation, die er entweder ausgedruckt oder per Handy als Eintrittskarte ins Ärztehaus nutzen kann.“ Im Ärztehaus angekommen, werde der Patient am Bildschirm aufgenommen und in eines von vermutlich sechs oder sieben Behandlungsräume geleitet. Besitze er bereits ein MRT, bringe er das mit und zeige es dem Professor per digitaler Übermittlung, und anschließend entscheide der Professor, ob eine OP angezeigt sei, eine Krankengymnastik, eine Reha und/oder Medikamente.

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Ähnlich werde das mit Kardiologen angestrebt, mit Psychotherapeuten, Onkologen oder Dermatologen, um nur einige medizinische Fach-Disziplinen zu nennen.

Angst vor der neuen Technik brauche niemand zu haben. Eigens ausgebildete Beratungskräfte würden bei technischen Hürden beraten und sie bei Bedarf aus dem Weg räumen. Für sie gebe es sogar schon eine offizielle Bezeichnung: „DIHRA“, das stehe für Digitale Hausärztliche Versorgungs-Assistenten“.

Weshalb liegt Stefan Spieren so viel daran, diesen Schritt zu tun? „Uns fehlen die Menschen. Wo wir bisher unserem medizinischen Fachpersonal den Roten Teppich ausrollen mussten, sind es jetzt Goldene Teppiche.“ Wer die Patientenversorgung mit weniger Personal aufrecht erhalten wolle, komme um digitale Modelle nicht herum. Und Spieren ist überzeugt: „Wir sind der Zeit um zehn Jahre voraus.“