Olpe. An der Bruchstraße in Olpe ist ein neuer Radweg entstanden. Doch die „Berg- und Talbahn“ sorgt für wenig Begeisterung.
Die Stadt Olpe ist gerade dabei, ein Mobilitätskonzept zu erstellen. Die von der Stadt beauftragten Planer setzen unter anderem auch auf einen spürbaren Ausbau der Fahrrad-Infrastruktur. Denn seit der Erfindung des „Pedelec“ genannten Fahrrads mit Unterstützungs-Elektroantrieb hat auch das bergige Sauerland seinen Schrecken für Radler verloren. In Olpe ist kein anderes Verkehrsmittel auf innerstädtischen Strecken schneller das als Rad, und immer mehr Menschen nutzen das Rad auch in Olpe. Groß war daher die Erwartung, als nach rund zweijähriger Bauzeit eine der Hauptverkehrsachsen durch die Stadt wieder für den Verkehr freigegeben wurde: Die Bruchstraße bietet seit ihrer grundlegenden Neugestaltung nun eine vollkommen andere Verkehrsführung als vorher. Das Paradoxe: Ausgerechnet für Radfahrer hat sich die Situation – und das sogar rapide – verschlechtert.
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Während Radler vor den Bauarbeiten die Fahrbahn zu nutzen hatten, sie daher mit Autos und Motorrädern teilten, müssen sie jetzt laut Beschilderung die überbreiten Bürgersteige nutzen.
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Das mag ein Gelegenheits-Radler gut finden, doch wer regelmäßig fährt und das Rad nicht für die Lustfahrt zur Eisdiele, sondern den Arbeitsweg nutzt, der wird durch die neue Verkehrsführung regelrecht abgeschreckt. Zum einen liegt das daran, dass an jeder Ein- und Ausfahrt der gesamte Bürgersteig abgesenkt wird. Der Radler fährt also an jeder dieser Passagen über eine Neigung, die so stark sind, dass auch bei gefederter Vordergabel ein spürbarer Schlag durchs Rad geht. Stadtauswärts gezählt rund 60-mal. Während diese Tatsache „nur“ unkomfortabel ist, führt die Tatsache, dass nur wenige Autofahrer sich an die Verkehrsregeln halten, zu weit größeren Problemen: Denn durch das Abdrängen des Radverkehrs auf den Bürgersteig vergessen viele Autofahrerinnen und Autofahrer, dass die Radlerinnen und Radler ebenso mit Vorrang auf der Hauptstraße unterwegs sind wie die Autofahrer, und an jeder Einmündung kann es daher zu Konflikten kommen, bei denen der Radfahrer stets der Schwächere ist. Dass parkende Autos und abgestellte Mülltonnen für Radler zu einem ärgerlichen Hindernis werden, kommt hinzu.
ADFC würde Vorgaben ändern
Ein weiteres Problem: Mehrere Bushaltestellen wurden auf dem Bürgersteig angelegt. Ist hier ein Radler unterwegs, muss er gegebenenfalls stoppen und warten, bis die aus- oder einsteigenden Menschen den Weg freigemacht haben. Unsere Anfrage beim ADFC ergab ein klares Bild. Zwar gibt es in Olpe bislang keine Ortsgruppe dieses Fahrradclubs, aber in Siegen, und deren Mitglieder waren zum Testen in Olpe, von Mitgliedern angesprochen auf die neue Radwegführung. Holger Poggel ist 1. Vorsitzender und war bei der Bereisung mit dabei. Sein Fazit: „Der Weg ist eine Fehlkonstruktion, vermutlich wegen veralteter Planungsgrundlage.“ Er weist weiterhin darauf hin, dass Radler hier durchgängig auf Betonpflaster unterwegs sind, was grundsätzlich eine schlechtere Oberfläche darstelle als Asphalt. Und wer von Olpe Richtung Freudenberg fährt, erlebt das, was für den ADFC-Mann der Gipfel ist: „Der Spurwechsel und das Stückwerk am Kreisel machen den Weg ziemlich sinnlos.“ Da man die Neuanlage aber kaum gleich wieder abreißen werde, schlägt Poggel vor, die Nutzung dieses Radwegs den Radlern nicht vorzuschreiben, sondern nur freizustellen. Nach dem Vorbild von Münster könne es so möglich werden, beispielsweise unsicheren Radfahrern die vermeintliche Sicherheit auf dem breiten Bürgersteig zu gewähren, schnelle Verkehrs-Radfahrer aber die normale Fahrbahn nutzen zu lassen. „Das wäre eine mögliche Lösung des Dilemmas, dass ungeübte Radfahrer sich oft sicherer fühlen, wenn sie von Verkehr durch einen Bordstein abgetrennt fahren, schnelle Radfahrer aber lieber auf der Straße fahren.“
Für die Planung der neuen Straße ist nicht die Stadt Olpe, sondern der Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen zuständig. Dessen Pressesprecher Andreas Berg erklärt auf Anfrage unserer Redaktion, die Bruchstraße mit einer durchschnittlichen Tagesverkehrsbelastung von 18.000 Fahrzeugen lasse keine andere Lösung zu, wenn, wie bei der Ausbauplanung gewollt, der Rad- vom motorisierten Verkehr getrennt werden solle. Da man sich im Bestand bewege, bleibe aufgrund vorgegebener Breiten keine andere Lösung als eine gemeinsame Fläche für Radfahrer und Fußgänger, wissend um die Problematik bei allen Ein- und Ausfahrten: „Auf das Verhalten der Verkehrsteilnehmer haben wir als Planer leider keinen Einfluss.“ Im Grunde müsse aber jeder Autofahrer wissen, dass er beim Abbiegen dem Radverkehr Vorrang zu gewähren habe. „Die Straße ist nach Stand der Technik so ausgebaut worden, wie es bei einer gewollten Separierung des Radverkehrs anders nicht zu machen wäre.“
An Linksabbieger nicht gedacht
Ortstermin mit einem Profi. Dr. Olaf Hähner wohnt in Olpe, arbeitet in Siegen und muss regelmäßig Schulen in der ganzen Region aufsuchen. Er legt pro Jahr rund 6000 Kilometer mit seinen Fahrrädern zurück – oft mit dem Renn-, aber auch mit einem Crossrad. Für ihn ist das Rad Sportgerät wie Verkehrsmittel. Sein Urteil über den neuen Weg: „Katastrophal.“ Wie der ADFC-Fachmann, fährt auch Hähner innerorts am liebsten im Verkehr mit. „Dieses Pflaster hat höheren Rollwiderstand als Asphalt. Die Absenkungen schlagen selbst bei einer Vorderradgabel durch. Und an den Tankstellen wurden die Zu- und Abfahrten in Asphalt über den kombinierten Rad- und Fußweg geführt. Spätestens bei auswärtigen Tankkunden ist niemandem bewusst, dass da auf diesem Bürgersteig vorfahrtberechtigte Radfahrer unterwegs sind. Jeder wird bis zur Bordsteinkante vorfahren und den Radler zum Stoppen zwingen.“ In Höhe einer der Tankstellen hat ein Autofahrer sein Anhängergespann kurzerhand auf den Bürgersteig gestellt und zwingt Olaf Hähner zum Ausweichen über die Fahrbahn. Und ein weiterer Kritikpunkt: „Was ist, wenn ein Radfahrer aus Richtung Stadt kommt und in die Stubicke abbiegen will? Wie kommt er auf die Abbiegespur? Wie fädelt er sich in den Verkehr ein? Das hat nichts mit dem Vermeiden von Gefahren zu tun, ganz im Gegenteil.“ Er hat für sich eine Lösung gefunden: „Ich fahre schlicht und einfach nicht mehr hierher, sondern durch die Trift. Da bin ich auf der Fahrbahn unterwegs und habe wieder Spaß am Radfahren.“