Attendorn. Der Ex-Sprengmeister Werner Berkemeier hat in den 70er-Jahren in Attendorn zufällig eine Höhle gefunden – was er dort fand, überraschte ihn.
„Als ich das vom Höhlenfund am Himmelsberg gelesen habe, war ich nicht überrascht“, sagt Werner Berkemeier. Mitte Mai hatte diese Zeitung darüber berichtet, dass bei Bauarbeiten unterhalb der Stadthalle mehrere Höhlenöffnungen entdeckt worden sind. „Es ist nichts Ungewöhnliches, dass man im Raum Attendorn auf Höhlenaustritte stößt. Interessant sind allerdings einige Sinterformationen, da diese deutlich auf ein ehemals geschlossenes Höhlensystem mit entsprechenden Bedingungen zur Sinterbildung hinweisen“, hatte damals Prof. Dr. Michael Baales, Leiter der LWL-Außenstelle Olpe, den Fund kommentiert.
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Auf eine Höhle mit Tropfsteinen war Werner Berkemeier Mitte der 1970er-Jahre per Zufall bei Bauarbeiten einige Hundert Meter weiter an der Straße „Am Hollenloch“ gestoßen. Der Attendorner arbeitete als Sprengmeister für ein bekanntes Bauunternehmen. Plötzlich tat sich ein Spalt auf und Berkemeier bot sich der Blick in eine faszinierende Unterwelt. „Ich bin zuerst ganz alleine hineingegangen“, erinnert sich Berkemeier noch gut. Später hat dann jemand ein paar wackelige Foto von ihn gemacht, umgeben von Stalagmiten und Stalaktiten. Es lagen auch überall Knochen herum. „Hier mussten sich Tiere aufgehalten haben“, blickt Werner Berkemeier zurück. Welche Tiere? „Das kann ich nicht sagen, ich bin ja kein Archäologe.“
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„Ich habe nichts rausgenommen“, betont Berkemeier. Später wurde in der Höhle alles kaputtgeschlagen. „Das ärgert mich heute noch“, schüttelt der ehemalige Sprengmeister mit dem Kopf. Wer dafür verantwortlich gewesen ist? Darüber kann der Attendorner nur spekulieren.
Interessiert sind in diesem Zusammenhang zwei Zeitungsausschnitte, die Werner Berkemeier und seine Frau Heidi aufbewahrt haben. In einer WP-Ausgabe aus dem Jahr 2005 hat ein Schüler des Ursula-Gymnasiums für das Projekt „Zeitung in der Schule“ einen Bericht mit der Überschrift „Durch Kellerfenster in geheimnisvolle Höhle“ verfasst. Darin heißt es über eine „1976 beim Bau eines Einfamilienhauses entdeckte“ sogenannte Kellerhöhle unter anderem: „Kurz nach der Entdeckung wurde die Höhle wieder verschlossen, da Bauarbeiter und Nachbarn unerlaubt begannen, die Höhle um ihre jahrtausendealten Schätze zu berauben.“
Bei den meisten Tierknochen soll es sich um Überreste von Fledermäusen gehandelt haben. Dann schreibt der angehende Gymnasiast, der mit Freunden selbst in der Höhle gewesen ist: „Einige aber wurden vom Naturkundemuseum Dortmund eindeutig als Skelett-Teile der Höhlenbären identifiziert, die vor 20.000 Jahren ausgestorben sind (…) Der Eingang in die Kellerhöhe erfolgte durch ein Kellerfenster, daher der Name. Nachdem man sich 5 Meter durch einen schmalen Schacht abgeseilt und auf allen Vieren durch einen Spalt gezwängt hat, erreicht man das Höhleninnere. Aber der Blick über die unzähligen Sinterablagerungen im Licht der Taschenlampen und das Gefühl, einer der wenigen Menschen zu sein, die je einen Fuß in diese Höhle gesetzt haben, sind unbeschreiblich.“ Ein Gefühl, das auch Werner Berkemeier beschlich, als er an einer anderen Stelle den Zugang zur Kellerhöhle gefunden hatte. In diesem Augenblick fühlte er sich ein bisschen wie bei der Entdeckung der Attahöhle. Umso erboster war der Sprengmeister, als er später erfahren musste, dass die kleine Höhle „Am Hollenloch“ mit ihren Tropfsteinen mutwillig zerstört worden ist. „Alles war weg, das hat mir richtig weh getan.“
Mit spektakulären Funden
Von einer 1974 entdeckten Tropfsteinhöhle am Attendorner Hollenloch mit spektakulären Funden und einer „archäologischen Sensation“ ist auch in einem Zeitungsbericht vom 28./29. August 1976 die Rede. Unter der Überschrift „Neandertal-Knochen bei Attendorn“ wird dort berichtet: „Einige Wochen dauerte es, bevor die Wissenschaftler des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Münster ihres sensationellen Fundes sicher waren. Die Knochen (…) können als solche von Neandertalmenschen klassifiziert werden. In Lehm eingehüllt, waren die Knochen von einer Höhlenforschergruppe aus Münster und Mitgliedern des Attendorner Heimatvereins entdeckt worden. Relativ schnell konnte sichergestellt werden, daß ein Teil der Knochen vorzeitlichen Höhlenbären und Mammuts zugeordnet sind.“
Natürlich hatte die Stadt Attendorn damals ein starkes Interesse, „daß die Knochen der Neandertalkinder einmal ihren Platz im Kreisheimatmuseum (heute Südsauerlandmuseum, d. Red.) finden würden.“ Diesen Optimismus bremste laut Zeitungsbericht von 1976 der Leiter des Westfälischen Museums für Vor- und Frühgeschichte, Dr. Bendix Trier. „Sehr wahrscheinlich (…) sollen die Funde im Museum für Vorgeschichte des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe in Münster zu sehen sein.“
Wie die Zeitungsberichte zeitlich zusammenpassen und ob es sich um das gleiche Höhlensystem im Bereich Am Hollenloch/Am Himmelsberg handelt. Diese Fragen kann nach so vielen Jahren Werner Berkemeier nicht beantworten. Aber der ehemalige Sprengmeister ist aus langjähriger beruflicher Erfahrung und Gesprächen mit Fachleuten überzeugt, dass im Attendorner Untergrund noch viele kleine oder größere Höhlen auf ihre Entdeckung warten. Eine davon hat der Hansestädter vor vielen Jahren zufällig gefunden. Geblieben sind ihm davon nur noch zwei, drei etwas unscharfe Fotos.
In den 1970er-Jahren haben auch die Wagenbauer der Karnevalsgesellschaft die „Höhlenfunde“ auf die Schippe genommen. An einem Karnevalswagen der Mooskämper stand der Spruch „Der starke Werner“. Das hat Werner Berkemeier damals gar nicht gefallen. Heute kann er darüber schmunzeln und möchte wissen, in welchem Jahr das gewesen ist und ob es noch Fotomaterial gibt. Die Wagenbauer des SV 04 Attendorn haben 1977 unter dem Motto „Höhlenfunde am Himmelsberg“ eine tonnenschwere Höhle aus Gips gebaut, die mit einem Kranwagen auf das Untergestell gehoben werden musste.