Welschen Ennest. Obwohl ein Biotop in Welschen Ennest unter strengem Schutz steht, soll es aufgebaggert werden. Die Alternative wäre sehr teuer.
Eine Baumaßnahme in Welschen Ennest macht ungewöhnlichen bürokratischen Aufwand nötig. Kein Wunder: Soll doch mitten in einem Naturschutzgebiet gebaggert werden, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Doch ausgerechnet der Kreis Olpe, selbst Untere Naturschutzbehörde und damit Wächter über die Naturschutzgebiete an Bigge und Lenne, muss diesen Eingriff vorantreiben.
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Im Bereich Alte Königsstraße befindet sich ein Schieberfeld der Kreiswerke, das zu einer Hauptwasserleitung der Kreiswerke gehört. Schieber sind große Absperrventile, die eingesetzt werden, um einzelne Leitungsabschnitte außer Betrieb nehmen zu können. Dies kann etwa für die Inspektion eines Rohrs nötig sein, aber auch und gerade, um im Fall eines Rohrbruchs für eine rasche Beseitigung des Lecks sorgen zu können und Wasserverluste zu vermeiden. Die betreffende Trinkwasserleitung, bei den Kreiswerken mit der laufenden Nummer 54 geführt, führt vom Hochbehälter Rahrbach zum Hochbehälter Hohe Lohe und ist die Hauptleitung zur Trink- und Löschwasserversorgung für den Kernort Kirchhundem sowie sämtliche Ortschaften im Rahrbachtal. Die hier in einem Bereich konzentrierten Schieber sind laut Kreiswerken abgängig und müssen zeitnah saniert werden.
Die zugehörige Leitung mit einer Nennweite von 20 Zentimetern wurde im Jahr 1974 in Betrieb genommen. Um die Schieber auszutauschen, muss diese freigelegt werden. Allerdings ist die genaue Tiefenlage des Rohrs nicht bekannt. Anhand eines unmittelbar benachbarten Bachlaufs vermuten die Kreiswerke eine Tiefe von 2,50 Metern, da so eine Kreuzung der Leitung mit dem Gewässer möglich wäre. Die dafür nötige Baugrube mit einer Größe am Boden von 3 mal 4 Meter muss laut entsprechender Vorgaben mit einer Neigung von 45 Grad abgeböscht werden. Das würde bedeuten, dass die Baugrube an ihrer Oberkante etwa 8 mal 5 Meter groß sein wird. Doch direkt am zu erneuernden Schieberfeld „und insoweit in seinem unmittelbaren funktionalen Umfeld“ liegt ein nach Bundesnaturschutzgesetz gesetzlich geschütztes Biotop, der Quellbereich des nahen Baches. Der Kreis vermutet, dass seinerzeit „zur Sicherung des Schieberfeldes und der damaligen Baugrube direkt oberhalb eine Böschungssicherung aus Natursteinen errichtet und um das Schieberfeld ein Graben angelegt wurden, um das gesammelte anfallende Schichtenwasser abzuleiten. Insofern wurde dieser nun geschützte Bereich künstlich hergestellt. Durch die geplanten Baumaßnahmen wird das geschützte Biotop mindestens erheblich beeinträchtigt, ggf. sogar zerstört“. Die einzige Alternative zu einer Schieberfeldsanierung sei die vollständige Verlegung der gesamten Trinkwasserleitung, wobei die defekten Schieber im unangetasteten Boden verbleiben könnten. Die Kosten für die Verlegung würden sich jedoch im hohen sechsstelligen Bereich bewegen. „Zudem hätte eine Neuverlegung der Leitung einen deutlich größeren Eingriff in Natur und Landschaft in unmittelbarer Nähe zur Folge“, so die Kreisverwaltung. Das gesamte Gebiet oberhalb des Schieberfeldes sei sehr feucht, sodass dort mit anderen geschützten Bereichen zu rechnen sei. „Durch entsprechende Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen soll die Betroffenheit des Biotops in Abstimmung mit der unteren Naturschutzbehörde und der unteren Wasserbehörde möglichst gering gehalten werden, so dass es im besten Falle zu keiner erheblichen Beeinträchtigung oder Zerstörung kommt bzw. das Biotop an Ort und Stelle wiederhergestellt werden kann.“
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Die genaue Bauausführung ist noch nicht geplant. Der Kreis geht davon aus, dass eine Ausnahmegenehmigung für den Eingriff in das Naturschutzgebiet möglich ist. Sollte dies nicht so sein, müsse eine Befreiung nach Bundesnaturschutzgesetz erfolgen. In diesem Fall müsste der Naturschutzbeirat hinzugezogen werden, der sicherheitshalber in seiner nächsten Sitzung schon einmal ausführlich informiert wird. Doch sei, so der Kreis, „prognostisch davon auszugehen, dass der öffentliche Belang der Trinkwasserversorgung die Belange des Naturschutzes überwiegen wird und damit die Voraussetzungen für die Erteilung einer Befreiung vorliegen“.