Benolpe. Familienväter erzählen, warum sie drei Wochen Sommerurlaub für staubige Meilertage in Benolpe opfern.
Die Meilertage in Benolpe sind vorbei, in wenigen Tagen ist der Platz auf- und abgeräumt, alle Utensilien wieder verstaut. Die Besucher werden diese schönen Tage noch einige Zeit in guter Erinnerung behalten, dann verschwinden sie irgendwann in der Dorfchronik. Aber das gilt nicht für alle. Für ein Dutzend Männer im besten Alter waren die Meilertage mehr als eine Auszeit vom Alltag, vielleicht sogar eine Erfahrung fürs Leben.
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Tag und Nacht war das Köhlerteam um Köhler Christof Kordes im Einsatz, schluckte eine Woche Staub en masse, schwitzte in der Sonne und fror in den frühen Morgenstunden, wenn nach kurzer Nacht wieder die Hand an die Köhlerschüppe musste. Eine Woche Knochenarbeit im Dreck, Staub in jeder Pore und das alles ohne zählbares Entgelt. Was sind dies für Typen, die keine Abenteurer, sondern Familienväter sind und drei oder mehr Wochen ihres wertvollen Sommerurlaubs für die Maloche am Meiler opfern, während andere irgendwo im Urlaubsparadies die Seele baumeln lassen? Die Antworten auf diese Frage sind ein Plädoyer für Heimat und Ehrenamt.
Meilertage beginnen nicht mit dem Anzünden des Meilers. Einige Veranstalter beginnen mindestens ein Jahr vorher mit der Planung. So viel Zeit hatten die Benolper nicht. „Bei uns musste das alles sehr schnell gehen, weil wir erst Ende 2022 die endgültige Entscheidung für den Meiler getroffen haben“, sagt Alexanders Kordes, Vorsitzender des ausrichtenden Heimat- und Fördervereins. Zig Treffen, Versammlungen, Ortstermine, Recherchen, Behördenabsprachen, Anträge stellen, Personal- und Einsatzpläne schmieden, Equipment besorgen, unzählige Telefongespräche führen und vieles mehr kamen seitdem auf das Meilerteam zu, Kordes als Ansprechpartner und eine Art „Mädchen für alles“ mittendrin. Als Mitglied des Köhlerteams war der Familienvater (2 Kinder, 2 und 4 Jahre alt) in den letzten Tagen eigentlich nur zum Duschen zuhause. „Meine Frau hat mir gesagt, sie sei im Moment zwar alleinerziehend, aber sie komme damit klar“, lacht Kordes. Der 40-Jährige, beruflich in der IT-Branche tätig, hat am Meiler seine persönliche Erfahrungen gemacht: „Wenn du morgens aufwachst und keiner da ist, die Ruhe, die Natur, das ist so was von schön hier, das fuchst einen an, das ist wie Urlaub.“ Aber die eigentliche Motivation, sich als Vereinsvorsitzender zu engagieren und die Meilerstrapazen auf sich zu nehmen, ist eine andere: „Das Dorf liegt mir am Herzen, ich wollte hier nie weg. Und wenn eine Sache funktioniert, so wie bei uns, dann macht das einfach Spaß.“
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Der Faktor Spaß ist elementar für das Ehrenamt, das hat das Magazin Happiness herausgefunden. Nur, wenn Ehrenamt Spaß macht, kann man die Vorteile ehrenamtlicher Tätigkeit persönlich erfahren. 1. Ehrenamt verbindet und ist eine tolle Möglichkeit, neue Leute kennen zu lernen. 2. Ehrenamt schafft Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl. Gutes für andere und die Gemeinschaft zu tun, schafft ein natürliches Erfolgserlebnis. Es kann dazu beitragen, Selbstvertrauen zu stärken, indem man aus seiner natürlichen Komfortzone und Umgebung tritt. 3. Ehrenamt verbessert die körperliche und geistige Gesundheit und 4. Ehrenamt hilft bei der Sinnsuche. Man entscheidet sich für Themen und Organisationen, die man für wichtig hält oder mit denen man sich besonders identifizieren kann.
So wie Köhler Christof Kordes. Der 43-Jährige ist seit 1994 nebenberuflich als Köhler tätig, lernte von seinem Ausbilder Georg Sasse das alte Handwerk und möchte die Köhlertradition im Sauerland erhalten. „Ich bin gelernter Schreiner, altes Handwerk fasziniert mich. Ein Meiler ist immer eine Herausforderung, aber es muss gemacht werden, sonst stirbt sowas aus“, so der Heinsberger. Auch Dirk Japes, seit fast 30 Jahren Kassierer des Schützenvereins Benolpe, muss auf der Frage nach seiner Motivation nicht lange überlegen. „Ich mache Ehrenamt, weil mir mein Verein und mein Dorf wichtig sind“, sagt der gelernte Bankkaufmann.
Die Vorteile des Ehrenamts, die das Magazin Happiness herausgefiltert hat, treffen auf viele Ehrenamtler im Sauerland zu. Doch diese innere, dörfliche Verbundenheit, geradezu eine Verpflichtung gegenüber der Heimat, die in den Sauerländer Dörfern spürbar ist, macht das Ehrenamt hier so besonders und Großprojekte wie die Meilertage in Benolpe erst möglich. Gelingt es diese starken Bande zu bewahren und weiterzugeben, wird es auch in Zukunft Meilertage geben.