Olpe. Olpe kann einen besonderen Gast auf dem Schützenfest begrüßen: Den Botschafter aus Ost-Timor. Er kommt wegen eines besonderen Projekts.

Dass alljährlich Menschen aus aller Herren Länder den Weg zum Olper Schützenfest finden, ist bekannt. Meist sind es ,ausgewanderte Olper’ , die von ihrer liebgewonnenen Tradition nicht ablassen wollen. Was aber den Botschafter von Ost-Timor, dem Mini-Inselstaat in Südostasien, ausgerechnet am berühmten Schützenfest-Montag auf den Ümmerich verschlägt, darauf dürfte sich auf den ersten Blick niemand einen Reim machen. Dr. Everard Braganza (71), mehrere Jahrzehnte Gefäßchirurg am St. Martinus-Hospital, kann die Frage jedoch beantworten, warum der Botschafter mit dem für europäische Verhältnisse endlosen Namen ins Sauerland reist. Jorge Trindade Neves de Camoes heißt der Diplomat, und dass er aus Brüssel nach Olpe kommt, hat einen triftigen Grund.

Spendenkonto

Wer die Ost-Timorhilfe unterstützen möchte, kann auf das Spendenkonto für Ost-Timor bei der Sparkasse Olpe einzahlen auf das Konto: DE 334625 0049 0000 1658 45.

„Er holt hier zwei Ultraschallgeräte ab, die er mit einem Transporter nach Brüssel mitnimmt. Von dort gehen sie als diplomatisches Gepäck in den Flieger nach Ost-Timor“, klärt Braganza auf. Die etwa 15.000 Euro teuren medizinischen Gerätschaften sind unter anderem für das Krankenhaus in der Hauptstadt von Timor-Leste, Dili, bestimmt. Und der Grund, dass der Botschafter den Transport übernommen habe, so Braganza, seien die ansonsten enormen Kosten von rund 4.000 Euro.

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Kommt nach Olpe, um zwei gespendete Ultraschallgeräte mitzunehmen: Der von Ost-Timor, Jorge Camoes.
Kommt nach Olpe, um zwei gespendete Ultraschallgeräte mitzunehmen: Der von Ost-Timor, Jorge Camoes. © Botschaft Ost-Timor

Diese Kosten möchte der Chirurg gerne vermeiden, damit das gespendete Geld ausschließlich für die Ultraschallgeräte verwendet werden kann. Das Geld stammt überwiegend von wohlwollenden Bürgern, die meisten davon Mitglied im Lions-Club Olpe-Kurköln.

Besuch am Schützenfestmontag reiner Zufall

Dass Jorge Camoes ausgerechnet am Schützenfest-Montag die Ultraschallgeräte ins Auto packt, ist reiner Zufall. Dennoch hat Braganza ihm versprochen, ihn bei der Gelegenheit auf das außergewöhnliche Volksfest mitzunehmen. „Die Menschen in Timor-Leste sind in der Regel Katholiken, und sie trinken sehr gerne Bier.“ Was bedeutet, dass der Botschafter schon mal zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt, um im Sauerland spontan Fuß zu fassen. Darüber hinaus, so der Chirurg weiter, bringe der Diplomat neben dem Sekretär der Botschaft auch seinen Fahrer mit. Dem einen oder anderen Krombacher steht also nichts im Wege.

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Fortbildung an einem Ultraschallgerät in Räumlichkeiten der Ost-Timoresischen Ärztekammer. Solche Kurse leitet Dr. Everard Braganza seit vielen Jahren.
Fortbildung an einem Ultraschallgerät in Räumlichkeiten der Ost-Timoresischen Ärztekammer. Solche Kurse leitet Dr. Everard Braganza seit vielen Jahren. © WP | Privat

Doch wie kommt ein Chirurg aus Olpe dazu, sich für Ost-Timor zu engagieren? „Das ist eine lange Geschichte“, erzählt Braganza, der selbst aus dem westindischen Goa stammt. Wie Ost-Timor (1,3 Mio. Einwohner) war auch Goa portugiesische Kolonie, geriet aber nach der portugiesischen Aufgabe seiner Kolonien in einen brutalen Konflikt mit dem benachbarten indonesischen Riesenreich (270 Millionen Bewohner). Erst 2002 wurde Ost-Timor unabhängig. Everard Braganza: „Ich hatte mein Studium in England 1975 beendet und stieß durch Berichte auf das Schicksal Ost-Timors, das mich nicht mehr losgelassen hat.“ Fortan verfolgte er die Entwicklung im Mini-Insel-Staat, und entschloss sich dazu, den Menschen dort mit seinem medizinischen Know how zu helfen. Seit 44 Jahren ist Braganza zwar mit einer Deutschen verheiratet und hat drei Kinder. Bis vor zwei Jahren war er aber noch britischer Staatsbürger: „Erst der Brexit hat vieles verkompliziert, so dass ich vor zwei Jahren die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen habe.“ Zudem, und das hebt der Chirurg mehrmals hervor, sei er Mitglied im Lions-Club Olpe Kurköln. Nicht nur der Club als Institution mit Präsident Jens Hoffmann an der Spitze, auch einige sehr wohltätige Mitglieder hätten mit ihren Spenden ermöglicht, die Ultraschallgeräte kaufen zu können: „Die Ultraschalldiagnostik ist ein ganz wichtiges Instrument im Krankenhaus, zudem eine günstige Alternative zu vielen anderen diagnostischen Möglichkeiten. Sie sind vielfältig einsetzbar, zum Beispiel in der Chirurgie, der Frauenheilkunde und der Inneren Medizin“, klärt der Mediziner auf.

Fast 30 Kurse gehalten

Doch was nützt hochwertige Technik ohne das notwendige Know how. Das übermittelt Braganza seit 2015 während zahlreicher Reisen zum Inselstaat: „2022 habe ich während einer Rundreise mehrere Kurse gegeben, wobei mir sehr daran liegt, dass die Ärzte dort nach einer Einweisung auch in der Lage sind, weitere Kollegen fortzubilden.“ Im Laufe der Jahre habe er fast 30 Kurse in Ost-Timor mit diesem Ziel gehalten. An den jetzt bereits verpackten Geräten, die die Exemplare sechs und sieben seien, die aus Olpe gesponsert worden seien, wird Braganza vermutlich schon bald die nächsten Einweisungen vornehmen: „Im September fliege ich das nächste Mal nach Dili, der Hauptstadt Ost-Timors, wo das Krankenhaus steht, in dem die Ultraschallgeräte eingesetzt werden.“ Seine Hilfsaktionen wolle er solange fortsetzen, wie es gehe, sagt Braganza.

Zunächst jedoch freuen sich Lions-Präsident Jens Hoffmann und er auf Besuch aus Brüssel. Auf den Königsvogel wird der Botschafter allerdings wohl nicht anlegen.