Drolshagen-Benolpe. Gabi Engels aus Benolpe wollte ihrem Ehemann Josef zum 70. Geburtstag ein besonderes Geschenk machen - und hatte eine ungewöhnliche Idee.

Gabi Engels (67) ist das, was man unter einer waschechten Sauerländerin versteht: Gerade heraus, mit reichlich handfestem Humor gesegnet, gemischt mit einem herzerfrischenden Temperament à la Gilbert Becaud (Mr. 100.000 Volt). Als es darum ging, sich ein Geburtstagsgeschenk für ihren Mann Josef auszudenken, gesellte sich noch eine gehörige Prise Einfallsreichtum hinzu: „Ich habe den Joachim so lange bekniet, bis er ja gesagt hat“, lacht sie im Nachhinein über ihren ausgefallenen Plan, ihrem Josef etwas ganz Besonderes zum 70. überreichen zu können. Wobei „überreichen“ nicht so ohne weiteres möglich war. Vielmehr musste Hobby-Holzsäger Joachim Reißaus aus Drolshagen die rund 400 Kilogramm schwere Skulptur aus Eichenholz, nachdem sie fertig war, mit einem Traktor aus Feldmannshof nach Benolpe transportieren und den „Holz-Jupp“ dort mit zwei Helfern in den Garten hieven. Dass er mit stählerner Konstruktion sattelfest positioniert wurde, versteht sich von selbst. Das Problem: All das musste, da es ja eine Riesenüberraschung sein sollte, sozusagen hinter dem Rücken von Josef Engels passieren. Aber wie?

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„Wir sind mit unserer Geburtstagsschar nach Köln ins Früh am Dom gefahren und erst am Abend wieder zurückgekehrt“, lüftet Gabi Engels das Geheimnis. Wie der Kultkünstler Christo hatte Reißaus seinen hölzernen Giganten in Lebensgröße - Josef Engels misst 1,90 Meter - in Folie eingewickelt, so dass das Geburtstagskind noch ein bisschen rätseln durfte.

Der „ausgestopfte Ehegatte“

In Benolpe angekommen, wurden die Augen von Josef Engels nach der Enthüllung immer größer. „Ich war sprachlos“, charakterisiert der 70-Jährige seinen Gemütszustand. Und Gattin Gabi hatte allen Grund, sich die Hände zu reiben: Überraschung gelungen.

Ein Geschenk muss eingepackt sein - das gilt auch für eine lebensgroße Holzfigur.
Ein Geschenk muss eingepackt sein - das gilt auch für eine lebensgroße Holzfigur. © privat | Joachim Reißaus

Nicht nur in der Nachbarschaft, vermutlich in ganz Benolpe und darüber hinaus dürfte sich so mancher Fußgänger oder Autofahrer, der vorbei fährt, die Augen reiben, beim Anblick des hölzernen Hünen. Gabi Engels hat das allgemeine Stimmungsbild schon eingefangen: „Die Leute sagen schon: Oh Herre, jetzt hat sie ihn ausgestopft.“

Über derartige Frotzeleien ist das Ehepaar allerdings erhaben. Die unübersehbare Freude über das gelungene Abbild des Hausherren bestimmt den Gemütszustand.

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„Als ich mich bei Ihnen gemeldet habe, ob das mal etwas für die Zeitung wäre“, erklärt sie mir, „ging es mir vor allem darum, die Leistung vom Joachim hervorzuheben.“

Worauf Joachim Reißaus eigentlich gar keinen Wert legt: „Das ist nur ein Hobby, mehr nicht.“ Der ungewöhnliche Zeitvertreib verbirgt allerdings eine lange Vorgeschichte in sich: Denn schon der inzwischen verstorbene Vater Gerhard Reißaus widmete sich der künstlerischen Betätigung mit der Motorsäge. Das gefiel Sohn Joachim so gut, dass er in dessen Fußstapfen trat. Als Gerhard Reißaus 80 Jahre alt wurde, sägte Sohn Joachim seine erste Holzskulptur zum Geburtstag. Da die Familien Engels und Reißaus schon viele Jahre befreundet sind, kannte Gabi Engels die Figur, die Pate stand für ihre eigene Geburtstags-Idee: „Eigentlich wollte ich Familie Reißaus die Figur abkaufen, die wollten ihren Gerhard aber verständlicherweise behalten.“ Deshalb musste Joachim noch mal ran.

80 Zentimeter Durchmesser

Was gar nicht so einfach war: „Wir mussten dem Besitzer die Eiche, ein immerhin stattlicher Baum mit einem Durchmesser von rund 80 Zentimetern und rund 20 Metern Höhe, erst einmal abkaufen.“ Anschließend wurde der Baum maßgerecht gefällt: „Genau am 23. Februar habe ich angefangen, den liegenden Stamm zu bearbeiten.“

Meine Frage, ob Eichenholz für die Bearbeitung einer Skulptur nicht ein zu hartes Holz sei, zerstreut er: „Die Säge muss nur scharf sein, dann ist alles gut.“ Reißaus hat schon viele Holzstämme in kleine und große Kunstwerke verwandelt. In der Adventszeit machte er zum Beispiel aus abgesägten Stümpfen auf Borkenkäferflächen Adventskerzen. Deren hölzerne Dochte aber von hirnlosen Zeitgenossen mittlerweile abgebrochen wurden.

Nur mit Hilfe eines Traktors war die lebensgroße Eichen-Figur zu transportieren.
Nur mit Hilfe eines Traktors war die lebensgroße Eichen-Figur zu transportieren. © privat | Joachim Reißaus

Der lebensgroße Holz-Jupp für Familie Engels war allerdings eine andere Hausnummer: „Wie viele Stunden ich daran gesägt und mit einer Flex bearbeitet habe, weiß ich gar nicht“, berichtet der Drolshagener. Etwa zwei Drittel der Figur sei aus dem liegenden Baum entstanden, für die Rückenpartie und den hinteren Teil des Kopfes habe der Stamm natürlich aufgerichtet werden müssen. Reißaus: „Ursprünglich wollte ich dem Josef noch einen Hut oder eine Kappe aufsetzen.“ Doch da widersprach Gabi Engels: „Mein Josef hat noch nie eine Mütze oder Kappe aufgesetzt. So kennen ihn die Leute hier nicht.“

Ein Missverständnis müssen Gabi Engels und Joachim Reißaus noch aufklären, bevor ich mich verabschiede: „Das da in der Mitte ist eine natürliche Verfärbung des Eichenholzes“, grinsen sie verschmitzt. Das habe nichts mit dem Geschlecht der Figur zu tun. Darüber hätten schon so einige Gäste im Garten von Familie Engels voreilige Mutmaßungen angestellt.