Kreis Olpe. Bei unserem großen „MedizinCheck“ kommt heraus: Nur die Gynäkologie hat im Kreis noch längere Wartezeiten als die Dermatologie.

Es ist sprichwörtlich: Was einem nahegeht, geht einem „unter die Haut“. Das größte Organ des menschlichen Körpers ist auch das präsenteste. Die Haut schützt den Körper vor Umwelteinflüssen, sorgt durch das Schwitzen für Abkühlung bei Hitze. Über den Tastsinn erfüllt sie wichtige Funktionen der Wahrnehmung. Im Schnitt verfügt jeder Mensch über 1,73 Quadratmeter davon. Und durch ihre Schutzfunktion sowie ihre Präsenz ist die Haut des Menschen oft gefährdet: Verletzungen wie Erkrankungen können medizinische Behandlungen erforderlich machen. In vielen Fällen genügt menschliche Erfahrung – bei einem „normalen“ Sonnenbrand geht wohl niemand zum Hautarzt, und kleinere Kratzer oder Schürfungen versorgt man mit Salbe, Pflaster oder erträgt sie, bis sie heilen. In schlimmeren Fällen ist hautärztliche Versorgung nötig: Die Dermatologie als eigene Sparte der Medizin nimmt in ihrer Bedeutung stetig zu – sorgt doch die Zerstörung der Ozonschicht für immer aggressivere Sonnenbestrahlung, was die Gefahr von Hautkrebs deutlich hebt.

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Beim großen Medizin-Check unserer Zeitung meldeten sich 22 Prozent der Teilnehmer, die einen Hautarzt aufgesucht hatten. Die Wartezeiten waren häufig Ausgangspunkt der Kritik: Schließlich gaben immerhin 30 Prozent an, mehr als acht Wochen auf einen Dermatologen-Termin gewartet zu haben. Noch schlimmer war diese Situation nur bei Psychiatrie-Terminen, genauso gefragt wie Termine beim Hautarzt sind nur die bei Gynäkologen.

Ein typischer Fall: Ein Leser berichtete, von Kreisrundem Haarausfall betroffen zu sein. Als die Symptome quasi schlagartig auftraten, versuchte er, einen Hautarzttermin im Kreis Olpe zu bekommen. Doch alle Anfragen seien mit dem Hinweis beantwortet worden, so etwas sei kein Notfall; Wartezeit: günstigstenfalls drei Monate.

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Lange Fahrstrecken

Die Versorgung mit Hautärzten ist im Kreis Olpe sehr unterschiedlich verteilt. Während in der Kreisstadt Olpe drei Hautarztpraxen betrieben werden, gibt es in Attendorn, Kirchhundem, Wenden, Finnentrop und Drolshagen keine einzige entsprechende Facharztpraxis, in Lennestadt eine.

Viele Patientinnen und Patienten aus dem Kreis Olpe suchen daher Hautarztpraxen in Gummersbach, Siegen oder Kreuztal auf. Daraus folgt, dass immerhin 10 Prozent der Antworten melden, mehr als 20 Kilometer zum Hautarzt fahren zu müssen. Die meisten (23 Prozent) fahren sechs bis zehn Kilometer weit zur Praxis.

Medizin-Check - Die Infos

Es haben rund 1300 Menschen im Kreis Olpe am großen „Medizin-Check“ unserer Zeitung teilgenommen. Die meisten Teilnehmer (20 Prozent) stammen aus Kirchhundem, gefolgt von Olpe (18 Prozent), Lennestadt (14 Prozent) und Attendorn (13 Prozent) und Wenden (13 Prozent) sowie Drolshagen (12 Prozent) und Finnentrop (9 Prozent).

Die meisten Teilnehmer (21 Prozent) waren zwischen 50 bis 59 Jahren, gefolgt von Bürgern zwischen 40 und 49 Jahren (20 Prozent). 67 Prozent der Teilnehmer waren weiblich.

Die Menschen haben im Rahmen unserer Umfrage angegeben, wie lange sie auf einen Facharzttermin warten bzw. wie weit sie bis zum Facharzt fahren müssen.

Wir greifen im Rahmen einer großen Serie unter anderem die Facharztrichtungen auf, die im Rahmen des Medizin-Checks in den einzelnen Städte und Gemeinden mit besonders langen Wartezeiten hervorstechen. Wir fragen Experten nach Ursachen und Lösungen.

Laut Kassenärztlicher Vereinigung Westfalen-Lippe ist für den Kreis ein Soll von 3,3 Sitzen vorgesehen – tatsächlich vorhanden seien vier, daher sind keine freien Sitze in der Liste. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unseres „MedizinChecks“ kritisierten unter anderem ein Screening beim Hautarzt sei innerhalb eines ganzen Jahres nicht möglich gewesen. Ein anderer klagte, über sechs Monate gewartet zu haben.

Stefan Spieren, Hausarzt in Hünsborn, ist Vorsitzender des Ärztevereins im Kreis Olpe und in dieser Funktion auch mit der Situation dieses speziellen Zweigs seines Berufsfelds vertraut. Er betont im Gespräch mit unserer Redaktion, dass das Problem langer Wartezeiten nicht spezifisch für die Region sei, sondern auch bundesweit auftrete. Es könne unter anderem eine Folge davon sein, dass der große Trend zur Tätowierung auch nach sich ziehe, dass die mühevoll eingestochenen Bilder oft irgendwann nicht mehr gewollt seien. War es bis Ende 2020 beispielsweise auch Heilpraktikern erlaubt, mit einem Laser Tattoos zu entfernen, fällt dies seitdem unter den „Ärztevorbehalt“. Nur approbierte Ärzte dürfen seitdem Laser zu kosmetischen Zwecken einsetzen. Spieren weist darauf hin, dass insbesondere im Fall eines Hautkrebs-Screenings auch die meisten Allgemeinmediziner über die nötige Qualifikation verfügten. Hinzu komme, dass Hautauffälligkeiten prädestiniert für die Tele-Medizin seien. Auch Krankenkassen haben diesen Trend erkannt und bieten mittlerweile zeit- und ortsunabhängig Telemedizin für Hauterkrankungen an.

Ein weiteres Problem, das er aus seiner eigenen Praxis kenne, sei, dass Menschen selbst in der Regel harmlosen Hautrötungen beim Hautarzt vorsprächen, der in einem solchen Fall aber mit Sicherheit nicht der erste Ansprechpartner sein müsse.

Der Leser mit dem Kreisrunden Haarausfall löste sein Problem kreativ: Bei einem Sylt-Urlaub nutzte er die offene Sprechstunde, die dort die Hautärzte stets morgens anbieten. Nach knapp einer halben Stunde war er an der Reihe und bekam Hilfe.