Olpe. Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten, gab im Gespräch mit Dr. Eckart von Hirschhausen sehr persönliche Einblicke.
Es wurde viel und herzlich gelacht am Dienstagabend in der Olper Stadthalle. Und das nicht trotz, sondern wegen der Tatsache, dass sich der komplette Abend letztlich um Krankheiten, Tod und den Umgang damit drehte. Diesen Spagat verdankte das Publikum im Wesentlichen einer Person: Dr. Eckart von Hirschhausen, Mediziner und Moderator, Kabarettist und Schriftsteller, Wissenschaftler und Humorist. Er hatte sich bereiterklärt, anlässlich des 20-jährigen Bestehens des Olper Vereins „Kompetenz gegen Brustkrebs“ einen Benefiz-Abend zu moderieren und zu gestalten.
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Den Auftakt bildeten drei Interviews, die er nacheinander auf der Bühne der Stadthalle vor einer rund zu einem Drittel gefüllten Stadthalle führte. Der etwas sperrige Titel der Podiumsdiskussion lautete „Wie findet man Zuversicht und Humor in Krisen und Krankheiten?“. Den Löwenanteil seiner Zeit widmete er dabei Elke Büdenbender. Die „First Lady“ der Bundesrepublik als Ehefrau von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier berichtete in sehr persönlicher und anrührender Weise von ihrer eigenen schweren Erkrankung, einem Nierenversagen, das sie dank einer Organspende ihres Ehemanns überstand. Es folgten Dr. Jürgen Schwickerath, Chefarzt der Frauenklinik am Olper Krankenhaus und Initiator des Vereins, sowie Erfolgsautorin Nicole Staudinger, die selbst eine schwere Brustkrebs-Erkrankung überstand. Im Mittelpunkt der Gespräche standen nicht die medizinischen Aspekte, sondern der Umgang mit der Krankheit – durch die Erkrankten selbst, aber auch durch ihre Mitmenschen. Hirschhausen konstatierte etwa, das Dümmste, was ein Arzt zu einem todkranken Patienten sagen könne, sei „Wir können nichts mehr für Sie tun“, denn auch wenn dies rein medizinisch hinsichtlich der Heilung zutreffe, dann könne selbstverständlich noch viel für den Betroffenen getan werden. „Wir sind ja nicht nur Körper, sondern auch Seele.“
Glaube gibt Elke Büdenbender Halt
Elke Büdenbender, die kürzlich ein Buch mit dem Titel „Der Tod ist mir nicht fremd“ mitverfasst hat, räumte ein, dass in Deutschland vieles im Gesundheitswesen im Argen liege, aber der medizinische Fortschritt sei ein Grund, dankbar zu sein. Hirschhausen bestätigte: „95 Prozent der Welt wären gern Kassenpatient in Deutschland.“ Elke Büdenbender appellierte an Freunde und Angehörige von Erkrankten, das Wichtigste, was getan werden könne, sei, dem oder der Erkrankten „Du bist nicht allein“ zu signalisieren. Das bedeute nicht, stets gute Laune zu spielen oder Optimismus zu heucheln, das könne auch das Teilen von Emotionen sein. Mit einem Lächeln dankte sie einer im Publikum anwesenden Freundin aus ihrem Heimatort Netphen-Salchendorf, einer Wegbegleiterin seit dem Kindergarten. Diese habe in schlimmsten Phasen stellvertretend für sie auch schon mal das Schimpfen übernommen. Auf Hirschhausens Frage nach der Bedeutung des Glaubens für sie in Krankheit und Schmerz erklärte die im Siegerland aufgewachsene Juristin, die Spiritualität sei ihr enorm wichtig und gebe ihr Halt. Auch wenn sie derzeit an ihrer katholischen Kirche leide, sei sie ihr Halt und so etwas wie Heimat.
Jürgen Schwickerath wurde von Hirschhausen unter anderem über Empathie bei Ärzten befragt. Der Chefarzt berichtete, das Überbringen schlechter Nachrichten habe zu seiner Zeit nicht zur Ausbildung von Ärzten dazugehört. Dabei sei zur Genesung von Patientinnen bei Brustkrebs viel mehr nötig als das, was die Kassen bezahlten. Still wurde es, als er von einem Fall berichtete, in dem er im Kreißsaal bei einem Kaiserschnitt Musik gespielt wurde und die Eltern ihm anschließend berichteten, just im Moment der Geburt sei genau das Lied gelaufen, das zwei Wochen zuvor als besonderer Wunsch des Verstorbenen bei der Beerdigung eines der Großväter des neuen Erdenbürgers gelaufen sei.
Empathie wichtiger als Abi-Schnitt
Nicole Staudinger sorgte für ungläubiges Staunen, als sie berichtete, bei der ersten Diagnose ihres Brustkrebses habe der Arzt ihr dies mit den Worten vermittelt, er wolle in nächster Zeit nicht in ihrer Haut stecken. Sie betonte, dass dies aber ein absoluter Ausreißer gewesen sei und sie ansonsten fast ausschließlich auf wundervolle, hilfsbereite und tröstende Menschen gestoßen sei. Eckart von Hirschhausen fasste das Gehörte zusammen: Empathie sei beim Arztberuf wohl wichtiger als der Abiturschnitt. Für viele seiner Kollegen gelte, sie sollten ruhig Mediziner sein, aber bitte in der Forschung. Für sie sollte gelten „Finger weg von Menschen“.
Nach einer kurzen Pause folgte der kabarettistische Teil des Abends. Hier zeigte Hirschhausen sich glänzend aufgelegt abwechselnd komisch, aufklärend, auch mal belehrend und ganz selten sogar albern, in jedem Fall aber bestens unterhaltend, ob mit einem Seiltrick oder als Sänger. Einer der Höhepunkte des Abends: Hirschhausens kongenialer Partner am Piano, Christoph Reuter, „übersetzte“ das Geburtsdatum der Schirmherrin des Vereins „Kompetenz gegen Brustkrebs“, Petra Mennekes, in Noten und improvisierte daraus ein schier bombastisches Musikstück. Außer der Medizin war Hirschhausen mindestens ebenso wichtig, die Gefahren der Klimakrise zu vermitteln und klarzumachen, dass „menschengemacht“ beim Klimawandel bedeute, dass der Mensch dies auch weiterhin beeinflussen könne und nun gelte, alles zu tun, um die Erderwärmung zu stoppen. Er führte zahlreiche Stellschrauben an, von Fleischkonsum bis Flugreisen, und wies auf seine kürzlich gegründete Stiftung „Gesunde Erde - Gesunde Menschen“ hin, für die er mehr Zeit einsetzen will. Und obwohl Dr. Eckart von Hirschhausen seine Bühnen-Karriere eigentlich gerade beendet, kündigte er am Ende seines Auftritts in Olpe an, soeben mit dem Hallenmanagement über eine mögliche Wiederholung im nächsten Jahr gesprochen zu haben – tosender Applaus zeigte, dass das Publikum dieser Idee sehr aufgeschlossen gegenüberstand.