Hillmicke. Der örtliche Beschaffungsverband gibt seine eigene Gewinnung auf. Durch den Anschluss an die Kreiswerke droht eine Explosion des Wasserpreises.
Es gab keine Vollbremsung auf der Zielgeraden, keine Umkehr in letzter Minute: Im Rahmen der jüngsten Verbandsversammlung des Wasserbeschaffungsverbands Hillmicke meldete sich wie schon in den vergangenen Sitzungen niemand, der bereit ist, ab 2024 Verantwortung zu übernehmen, wenn die Amtszeit des derzeitigen Vorstands endet. Damit ist klar, dass der 1959 gegründete Verband über kurz oder lang aufgelöst wird. Die Verantwortung für die Wasserversorgung in Hillmicke, Wendenerhütte, Büchen, Huppen und Schwarzbruch fällt dann zurück an die Gemeinde Wenden. Waren bei der vergangenen Sitzung über 100 Verbandsmitglieder zusammengekommen, trafen sich diesmal rund 40 und damit gerade genug, um beschlussfähig zu sein. Auf Antrag des Vorstands wurde die Sitzung einstimmig für öffentlich erklärt, was eine Berichterstattung möglich macht.
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Nach dem Verlesen des ausführlichen Protokolls der vorigen Sitzung berichtete Wolfgang Schneider über die Fortschritte hinsichtlich des im September gefassten Umstellungsbeschlusses. Wie berichtet, hat der Verband entschieden, die Eigengewinnung von Trinkwasser aufzugeben und sich dem Netz der Kreiswerke Olpe anzuschließen. Der Verband, so Schneider, habe mit einer Olper Fachfirma alternative Trassen für eine Anschlussleitung zu einem Hochbehälter der Kreiswerke geprüft. Allerdings hätten diese alle anderen Möglichkeiten verworfen und erklärt, es bleibe nur ein Anschluss an den Hochbehälter „Rübenkamp“ in Wenden. Schneider verwies auf ein ausführliches Positionspapier des WBV, das für jedermann öffentlich aus dem Internet heruntergeladen werden kann (https://kurzelinks.de/lxhc ). Darin wird deutlich gemacht, dass es klare Differenzen zwischen der Gemeinde und dem Verband gibt, insbesondere, was die Übernahme des Leitungsnetzes angeht. Die Gemeinde hat inzwischen per Ratsbeschluss festgelegt, dass dafür lediglich der Buchwert gezahlt werden soll. Der Verband ist davon überzeugt, dass jedoch der deutlich höhere Sachzeitwert Anrechnung finden müsste. Schneider verdeutlichte dies an einem Beispiel: Das Service-Auto des Verbands sei längst abgeschrieben und stehe daher mit 1 Euro in den Büchern. Bei einem Verkauf lasse sich aber mit Sicherheit ein vierstelliger Betrag dafür erzielen.
Sachzeitwert deutlich über Buchwert
Nach Ansicht des Vorstands wäre es angemessen, den deutlich höheren Sachzeitwert zu berechnen und damit den ohnehin anstehenden Kostensprung beim Wasserpreis in Grenzen zu halten. Denn um die Eigenversorgung zu ersetzen, muss eine Anschlussleitung von Hillmicke nach Wenden gelegt werden, die als letzte große Investition vom Wasserbeschaffungsverband Hillmicke zu bauen ist. Die Kosten werden auf fast 1 Million Euro geschätzt, Stand heute, Kostentendenz eher steigend als fallend. Das würde im schlimmsten Fall dazu führen, dass der Wasserpreis in Hillmicke, derzeit 1,82 Euro pro Kubikmeter, nach der Umstellung auf Fremdbezug auf mehr als 3,50 Euro steigen würde.
Daher sieht der Vorstand einige Punkte als diskussionswürdig an, die ebenfalls juristisch abgeklärt werden sollen. Auch hier gab der Verband dem Vorstand einstimmig Rückhalt. So sei es nicht fair, dass die Hillmicker die Kosten der langen Zuleitung zum Hochbehälter „Rübenkamp“ in Wenden allein schultern müssten – mögliche andere, kürzere Leitungswege zu anderen Netzabschnitten der Kreiswerke würden dem Verband verwehrt, weil dann andere Dörfer bei eventuellen künftigen Neubaugebieten hinsichtlich der Wasserversorgung Nachteile haben könnten. Der WBV Hillmicke müsse also praktisch für die Entwicklungsmöglichkeiten anderer Dörfer zahlen. Auch schlägt der Verband der Gemeinde vor, die zwei künftig nicht mehr nötigen der drei Hochbehälter in Eigentum zu übernehmen, damit diese für die drohenden Waldbrände in immer trockeneren Sommern als schnell nachfüllbare Löschwasser-Reservoirs vorgehalten werden können – nicht nur für Hillmicke, sondern auch umliegende Dörfer. Auch werde durch den Anschluss von Hillmicke ans Kreiswerke-Netz möglich, eine kurze und preiswerte Anschlussleitung nach Gerlingen zu legen und damit die Löschwasserversorgung im Industriegebiet „Auf der Mark“ nachhaltig zu verbessern.
Ein weiterer einstimmiger Beschluss der Versammlung: Der Vorstand soll den Kontakt zu den vier im Wendener Rat vertretenen Fraktionen suchen, um mit ihnen über die Folgen des jüngst gefassten Beschlusses zu sprechen, bei Netzübernahmen nur den Buchwert zu zahlen. Ziel ist, den Ratsbeschluss aufzuheben und dafür zu sorgen, dass der aus Sicht des Vorstands angemessene Sachzeitwert ermittelt und bezahlt wird, was eine deutlich geringere Anhebung des Wasserpreises zur Folge haben würde.
Wird der Wasserberschaffungsverband Hillmicke tatsächlich aufgelöst, wie es nach der jüngsten Mitgliederversammlung aussieht (wir berichteten), endet eine Geschichte, die 1959 begann. Der Verband wurde auf Veranlassung der Gemeinde und Betreiben der unzufriedenen Bürgerinnen und Bürger gegründet, weil die durch die Gemeinde betriebene Wasserversorgung in Hillmicke insbesondere in den Sommermonaten schlichtweg katastrophal war. Zwar war 1931 eine erste öffentliche Wasserleitung in Betrieb genommen worden, doch blieb die Versorgung höhergelegener Häuser mehr als mangelhaft. Die Bewohner waren auf die Versorgung aus einem öffentlichen Brunnen oder aus Quellen angewiesen, aus denen sie das Wasser in Kübeln oder Eimern nach Hause trugen. Als der neue Verband in einem Kraftakt neue Quellen erschlossen, Hochbehälter gebaut und Leitungen verlegt hatte, war es 1962 soweit, dass der Ort mit einem zünftigen „Wasserfest“ die nun vollständige Versorgung feierte. Seitdem sorgt der Verband mit ehrenamtlichem Vorstand und Helfern, die lediglich eine Aufwandsentschädigung für ihre Arbeit erhalten, dafür, dass ganz Hillmicke und im Lauf der Jahre auch Wendenerhütte, Büchen, Schwarzbruch und Huppen mit frischem, sauberem Trinkwasser versorgt werden. Doch diese Ära geht nun unwiderruflich zu Ende, hatten die Hillmicker doch schon Ende vergangenen Jahres beschlossen, den schmerzlichen Schritt zu gehen und die Eigenversorgung aufzugeben. Die Klimakrise zeigt hier ihre Auswirkungen. Es begann mit immer häufigeren Starkregenfällen, die Schwebstoffe in manche Gewinnungsanlage eintrugen und für deren Schließung sorgten. Zuletzt war Mangan im Wasser ausgeflockt (wir berichteten), außerdem stehen erhebliche Investitionen an, um die Hochbehälter an die neuesten Vorgaben anzupassen.