Kreis Olpe/Südwestfalen. Die IHK Siegen-Olpe übt scharfe Kritik am NRW-Verkehrsministerium. Es gebe parteipolitisches Kräftemessen, das „nur noch auf die Nerven“ gehe.
Die Worte lassen an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „Wir haben die Befürchtung, dass das NRW-Verkehrsministerium Krischer hier auf die Bremse tritt“, schimpft der Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen-Olpe, Klaus Gräbener. Gemeint ist die grundsätzliche Kontroverse zwischen FDP und Grünen zum künftigen Straßenverkehr. Die Grünen, daraus macht Krischer auch gar kein Geheimnis, wollen auf Erhalt des bestehenden Straßennetzes setzen, Bundesverkehrsminister Wissing (FDP) auch auf Neubau.
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Nachdem Krischer den Vorstoß von Wissing öffentlich kritisiert hatte, haben viele Akteure der südwestfälischen Wirtschaft große Befürchtungen, der Straßenbau werde, wieder einmal, politisch zerredet und das Projekt Wissing aus Nordrhein Westfalen ausgebremst. Wie wichtig der Wirtschaft das Thema insgesamt sei, so Gräbener, bewiesen die Mitunterzeichner von zwei IHK-Briefen aus Südwestfalen an Krischer und Wissing: Mit dabei unter anderem der DGB (Südwestfalen), die Kreishandwerkerschaft Westfalen-Süd, die IG Metall Olpe und Siegen, ver.di Südwestfalen und die Arbeitgeberverbände Olpe und Siegen. Während Wissing für seinen Vorstoß in Richtung „Planungsbeschleunigung“ gelobt wird, warnt die IHK den Grünen Krischer, zu bremsen: „Wir halten es für dringend geboten, dass die Projekte zur Engpassbeseitigung (...) auch tatsächlich beschleunigt umgesetzt werden.“ Der Güterverkehr auf der Straße werde dramatisch steigen, ebenso der auf der Schiene. Da Wissing für seine Projekte die Zustimmung des Landes NRW brauche, lautet die eindringliche Bitte an den Grünen Minister Krischer: „Wir appellieren eindringlich an Sie, den (...) aufgeführten Projekten zuzustimmen und die Umsetzung mitzutragen.“ Die große Mehrheit der rund 180.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in den Kreisen Olpe und Siegen erwarte, „dass jetzt Taten folgen.“
Im Gespräch mit unserer Redaktion untermauern und begründen Klaus Gräbener, aber auch IHK-Präsident und Unternehmer Walter Viegener (Attendorn), den Vorstoß nach Düsseldorf: „Erst knüpft man in der Ampelkoalition einen Beschluss in Berlin an die Zustimmung der Länder, und danach wundert sich die Öffentlichkeit, dass die Länder das offensichtlich blockieren wollen.“ Krischer habe den Wissing-Vorschlag zwar noch nicht strikt abgelehnt, aber zumindest kritisch hinterfragt. „Eine Unterstützung hört sich anders an“, so Gräbener weiter. Dabei habe die Koalition in Berlin das Signal ausgegeben, jetzt solle alles schneller gehen, und dann drohe plötzlich eine eingebaute Bremse der Länder.
Viegener nimmt kein Blatt vor den Mund: „Wir haben die Befürchtung, dass wir erneut das Deutschland-Tempo haben, das wir uns nicht weiter leisten können.“
Die aktuelle Realität sei fatal, hebt Gräbener hervor: „Was wir erleben, ist Planung und Genehmigung im Schlafwagentempo. Wir blockieren uns mit den unterschiedlichen Ebenen pausenlos selbst und wundern uns auch noch, dass es nicht voran geht.“ Und dabei gehe es den Unternehmern ebenso wie vielen Privatleuten nur noch auf die Nerven, dass solch wichtige Themen in parteipolitischen Ränkespielen zerrieben würden: „Die Leute interessiert nicht, ob der Bund das schlecht kommuniziert hat, wie Minister Krischer behauptet oder, ob das Land taktisch verzögert, wie Wissing es den Grünen vorwerfen wird. „Entscheidend ist, dass wir keinen Millimeter vorankommen.“
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An dieser Stelle erwarteten die Menschen in NRW auch ein Machtwort von Hendrik Wüst: „Es wäre hilfreich, wenn der Ministerpräsident deutlich sagt, was jetzt gilt“, fordert der IHK-Geschäftsführer.
Ein Beispiel dafür, dass sich die Region Südwestfalen eher an der Nase herumgeführt fühle, sei eine Geschichte aus dem Schienenverkehr. Gräbener holt aus: „Es gibt ein Genehmigungs-Beschleunigungsgesetz, das 312 Schienen-Maßnahmen in Deutschland vorsieht. Unter anderem den Ausbau der Ruhr-Sieg-Strecke. Der wird seit 40 Jahren gefordert, befindet sich seit 2016 im Bundesverkehrswegeplan und mittlerweile im Stadium der ,Vorplanung’ angekommen. Nach sieben Jahren, kein Scherz. Wenn wir uns aber die Pläne der DB-Netz anschauen zur Sanierung des Hochleistungsnetzes bis 2030, dann taucht der Ausbau der Ruhr-Sieg-Strecke dort nicht auf. Solche Dinge hängen den Leuten hier zum Hals heraus.“
Da sei es auch nicht verwunderlich, dass Industrie, Handwerk und Gewerkschaften in Südwestfalen in dieser Frage an einem Strang zögen: „Da passt kein Löschblatt dazwischen“, ist Gräbener sicher. Sein Fazit: „Deutschland blockiert sich zu Tode.“