Olpe. Seit 2017 ist Holger Köster Schulleiter des Städtischen Gymnasiums Olpe. Uns berichtet er, warum er ein Sabbatjahr einlegt.
Burnout? Keine Lust mehr auf Schüler? Oder die Nase voll von einer Bildungspolitik, die die Schulen mit immer neuen Ideen quält? „Nichts von alledem“, sagt Holger Köster, Schulleiter des Städtischen Gymnasiums Olpe, auf die Frage, warum er das tut, was er ab 1. Februar 2024 tun wird: Ein sogenanntes Sabbatjahr einlegen. „Streng genommen nennt man das im Beamtendeutsch Teilzeit im Blockmodell“, klärt der Mathe- und Physiklehrer auf. Heißt: Dreieinhalb Jahre Verzicht auf einen Teil des Gehaltes, das dann mit Abschlag im Jahr der Auszeit durchbezahlt wird.
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Bleibt die Frage nach dem Warum - nicht zuletzt deshalb, da Köster landauf, landab als Rektor gilt, der nicht gerade durch Lethargie auffällt, sondern eher Zielstrebigkeit und Dynamik ausstrahlt. Einer also, der eigentlich keine Pause braucht und will. Köster: „Also gesundheitlich geht es mir gut, ich fühle mich nicht erschöpft, habe keinen Burnout, und von den Schülern habe ich auch nicht die Nase voll“, lacht er im Gespräch mit unserer Redaktion.
„In den vergangenen Jahren ist allerdings, das darf man nicht verschweigen, sehr viel zusammengekommen.“ Alle Schulen, aber eben gerade das Städtische in Olpe, hätten vielfältige Aufgaben bewältigen müssen.
Sehr viel passiert in wenigen Jahren
Köster zählt auf: Die Einführung der Internationalen Schule, die jetzt vor dem ersten Abitur steht, das ständige Ringen um die Verbesserung der Gebäudesituation, die Themen Digitalisierung, Integration und Inklusion, der politische Zickzack-Kurs rund um G 8 und G 9, eine fast dreijährige Corona-Pandemie mit endlosen, immer wieder neuen Vorgaben und spontan mitgeteilten Bestimmungen, jetzt die Folgen des Krieges. Auch das in Freudenberg verübte unfassbare Verbrechen von Schulkindern spiele in den Olper Schulalltag und somit auch in das Leben eines Schuleiters mit hinein: „Wir haben Schüler aus Freudenberg, die mit den Täterinnen in Kindergarten und Schule gegangen sind.“ Last not least die Spätfolgen von Corona: „Das spüren wir teilweise erst jetzt. Der soziale Umgang hat sich bei dem einen oder anderen verändert, bei manchen ist das Selbstvertrauen geschwunden.“ Und seit dem vergangenen Jahr ein Krieg in Europa, dessen Folgen nicht spurlos an den Kindern und Jugendlichen vorbeigehe. Dass es vielen Schulträgern immer schwieriger falle, Rektoren oder Konrektoren zu finden, sei angesichts der Fülle von Aufgaben und Problemen nicht verwunderlich.
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„Vielleicht ist es auch die letzte Gelegenheit für mich, es zu machen“, sagt Köster. Eins steht fest: Bislang verlief das Leben des 48-jährigen ebenso schnurgerade wie pausenlos. Köster wurde am 2. Dezember 1974 in Olsberg geboren, nach Abitur in Meschede und Studium in Münster folgten Referendariat, danach die Stelle als Studienrat am Städtischen Gymnasium Olpe. 2012 wurde er Konrektor, 2017 Schulleiter. Bis vor Kurzem war er zudem Sprecher für die Gymnasien im Kreis Olpe. Ganz „nebenbei“ ist Köster verheiratet und Vater zweier Kinder.
Keiner sauer?
Drängt sich die Frage auf, ob denn niemand im Kollegium oder in der Familie die Nase gerümpft habe? „Ich habe sehr viel Verständnis entgegengebracht bekommen“, sagt er, „auch meine Frau hat gesagt: ,Mach das!’“ Und die Reaktion im Lehrer-Kollegium sei ähnlich gewesen. „Ich hatte den Eindruck, dass mir die meisten das gönnen. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass wir personell recht gut aufgestellt sind. Auch Eltern haben mir gewünscht, ich solle die Zeit genießen.“
Britta Inden übernimmt
Das Städtische Gymnasium Olpe (SGO) hat derzeit ein Lehrerkollegium mit etwa 75 Pädagogen, davon sechs Referendare.
Einen personellen Ersatz für Holger Köster gibt es bei einem Sabbatjahr nicht.
Die Schule wird ab dem 1. Februar 2024 für ein Jahr von der jetzigen Konrektorin Britta Inden (Foto) geleitet.
Unterrichtet werden am SGO 850 Schüler.
Laut dem Internetportal table.media suchen aktuell neun Prozent aller Schulen in NRW einen Schulleiter. Bei den Stellvertreterposten ist jede fünfte Stelle vakant.js
Und was macht ein Schulrektor mit einem ganzen Jahr Ferien? „Sicherlich wird die eine oder andere größere Reise dabei sein, die in der üblichen Schulzeit bisher nicht möglich war“, erklärt er. Unter anderem Südamerika, dort Peru und Brasilien, aber auch Ostasien oder Afrika könne zu den Zielen dazugehören. Köster: „Unser Besuch der Bongaschule in Afrika hat mich seinerzeit sehr beeindruckt.“
Besuche in der Allianz-Arena
Dass der eine oder andere Besuch in der Allianz-Arena problemloser möglich werde, verschweigt der Bayern-Fan (und Vereinsmitglied) ebenfalls nicht.
Ganz sicher aber werde er das Sabbatjahr auch nutzen, mehr und intensivere Zeit mit der Familie zu verbringen. Heißt im Klartext: Nicht nur der Pädagoge und Schulmanager muss sich an seine neue Rolle gewöhnen, auch die beiden sechs und elf Jahre alten Kinder, die dann den Vater und Lehrer dauernd im Hause haben. Köster: „Das wird auch für mich erst einmal Neuland sein. Vor allem auf die ersten Wochen bin ich gespannt.“ Ob der eine oder andere Schüler aufatmet, sei dahingestellt. Sein pädagogisches Grundprinzip beschreibt Köster kurz wie treffend: „Es darf jeder zu jeder Zeit zu mir kommen, der ein Problem hat. Wer zu mir kommen muss, hat aber ein Problem.“