Gerlingen. Die Kosten für den Ausbau der Bruchstraße in Gerlingen steigen um mehr als ein Drittel. Warum die Anlieger jetzt mehr zahlen müssen.
Die Anlieger in der Bruchstraße in Gerlingen sind stocksauer. Grund: Beim Ausbau ihrer Straße werden sie deutlich mehr zur Kasse gebeten als ursprünglich geplant. Es ist eine lange Geschichte. In der Anliegerversammlung am 24. März 2015 waren die beitragsrelevanten Straßenbaukosten zunächst mit 277.000 Euro angegeben worden. Nun ergeben sich Mehrkosten von 100.743 Euro. Die Kostensteigerung beim Ausbau der Bruchstraße war jetzt Thema im Haupt- und Finanzausschuss (HFA) und im Rat.
+++ Lesen Sie auch: Wenden: Junge Frau hilft beim Kampf gegen unheilbare Krankheit +++
„Ich bin mehr als verärgert. Die Anlieger müssen zahlen. Das halte ich nicht für gerechtfertigt“, meinte Sven Scharz (SPD) im HFA. Dies könne noch rechtliche Konsequenzen haben. Es sei unglücklich, dass sich die Sache so lange verzögert habe, so Bürgermeister Bernd Clemens. Es sei ein jahrelanges Verfahren gewesen, um die Ursache zu ermitteln: „Aber einen Schuldigen zu suchen, hilft uns nicht weiter. Wer das rechtlich überprüfen will, das steht jedem offen.“
Leitungen an falscher Stelle
Die Mehrkosten seien insbesondere auf eine erhöhte Anzahl von Längsbehinderungen zurückzuführen, so die Verwaltung. „Grund sind Leitungen von Versorgungsträgern, die nicht an der richtigen Stelle lagen. Dieser Sachverhalt konnte erst vor kurzem geklärt werden. Der umlagefähige Aufwand ist von 308.000 auf 373.000 Euro gestiegen. Das hat Konsequenzen für die Erschließungsbeiträge“, berichtete Bernd Clemens. Die Leitungen hätten an falscher Stelle gelegen und seien nicht tief genug gewesen, so Markus Hohmann, Fachbereichsleiter Bauen und Stadtentwicklung.
Im Zuge der Abrechnung seien die Kostenentwicklungen aufgefallen, so die Verwaltung. Es sei dann ein Anwaltsbüro beauftragt worden mit der Frage, ob die damalige Bauleitung fehlerbedingt an den Mehrkosten beteiligt werden könnte. Dies sei jedoch verneint worden. Daraufhin sei die kommunale Versicherung eingeschaltet und ein Eigenschaden der Gemeinde angemeldet worden.
Der Schaden sei damit begründet worden, dass kein frühzeitiger Abstimmungstermin mit den Versorgern durchgeführt wurde. So sei es versäumt worden, im Vorfeld der Maßnahme, eine Kostenteilung mit den Versorgern anzustreben, wie dieses ansonsten in vergleichbaren Fällen üblich ist. Der Versicherer habe mitgeteilt, dass der Eigenschaden anerkannt wird und eine Summe von 30.000 Euro übernommen.
Heike Quast (UWG) erschien diese Summe zu gering: „Die Frage ist, ob man mit der Versicherung noch mal in den Ring steigen sollte.“ Dazu der Bürgermeister: „Unter der Erde werden oft Dinge vorgefunden, die man nicht ahnen konnte. Das ist erst aufgefallen, als die Straße schon fertig war. Man hat sich auf einen Kompromiss geeinigt. Uns schien das plausibel zu sein. Deshalb haben wir uns geeinigt.“
Versorger zahlen nichts
Auf die Frage von Thorsten Scheen (UWG), wer denn dafür verantwortlich gewesen sei, den Abstimmungstermin durchzuführen, antwortete Clemens: „Die Gemeinde.“ Für den Bürgermeister ist jedoch nichts dran zu ändern: „Das ist Bundesrecht. Nach dem Baugesetzbuch müssen 85 Prozent der Kosten auf die Anlieger umgelegt werden.“
„Der Dumme ist der Bürger, der zahlen muss. Zahlen denn die Versorger, die ihre Leitungen nicht ordnungsgemäß verlegt haben, auch etwas?“, fragte Wolfgang Solbach (CDU) im HFA. Dazu Markus Hohmann: „Die Versorger zahlen nichts, weil das erst später aufgefallen ist.“
+++ Lesen Sie auch: Messerstiche: Angeklagter soll Zeugen manipuliert haben +++
Auch im Rat kochte das Thema noch mal kurz hoch. „Das Ganze ist unter der Bauleitung der Gemeinde passiert. Es ist meine feste Überzeugung: Das dürfen wir dem Bürger nicht aufbürden. Ich bitte zu prüfen, ob das so in Ordnung ist.“ Bürgermeister Clemens blieb dabei: „Es ist sehr ärgerlich, aber wir sind dazu gezwungen, die Maßnahme nach Recht und Gesetz abzurechnen, auch wenn Fehler passiert sind.“