Olpe/Siegen. Am achten Verhandlungstag gab es im Siegener Schwurgericht die Plädoyers. Verteidiger Martin Kretschmer ist völlig anderer Meinung.

Mit Spannung waren die Plädoyers im Messerstecher-Prozess beim Olper Schützenfest im Siegener Schwurgericht erwartet worden: War der angeklagte und seit acht Monaten in U-Haft sitzende Olper (19) der Täter oder sein Freund aus Lennestadt (19), der die Tat überraschend Ende Januar im Prozess gestanden hatte? Am Donnerstagnachmittag gab es im Siegener Schwurgericht die Schlussvorträge von Staatsanwalt, Nebenklage-Vertreter und Verteidiger.

Dabei sah Rainer Hoppmann den Angeklagten als sicher überführt. „Durch den Zeugen ist er eindeutig identifiziert worden“, sagte der Staatsanwalt. Der Angeklagte habe den Wendener (29) fünfmal gestochen. Dieser habe berichtet, dass der Angreifer vor ihm stand: „Er hat den Angeklagten eindeutig erkannt. Er hat ihm direkt ins Gesicht gesehen. Er ist sich absolut sicher.“

Keine Augenzeugen gebe es indes im Fall des zuvor zweimal gestochenen Olpers (29) am 17. Juli 2022 um 1.35 Uhr in der Schützenstraße. „Es spricht viel dafür, dass er das auch war, aber das hat keiner gesehen. Es bestehen Restzweifel“, so Hoppmann. Fakt sei aber, dass der Angeklagte den 29-jährigen Olper grundlos angegriffen und geschlagen habe.

Die Einlassung des Angeklagten und des geständigen Freundes bezüglich des fünfmal gestochenen und lebensbedrohlich verletzten Wendeners würden nicht stimmen, so der Staatsanwalt: „Das ist in Telefonaten abgesprochen worden, um das Gericht zu täuschen und mit einem Freispruch oder einer milden Strafe davon zu kommen. Ich gehe von einer falsch verstandenen Freundschaft und einer Manipulation des Angeklagten aus.“ Der Angeklagte und sein Freund hätten die Tatwaffe unterschiedlich beschrieben: „Da hat die Absprache zwischen den Beiden dann doch nicht so funktioniert.“

Tötungsvorsatz

Der Angeklagte habe mit Tötungsvorsatz gehandelt, so Hoppmann: „Die Verletzungen waren lebensbedrohlich. Er hat sehr viel Glück gehabt. Er hätte weiter auf den hilflos am Boden liegenden Mann eingestochen, wenn nicht ein Zeuge dazwischen gegangen wäre.“

Schuldminderungsgründe gebe es keine, sagte der Staatsanwalt. Der angeklagte junge Olper sei schon mehrfach verurteilt worden: „Ganz gravierend sind die schlimmen Folgen, die der Zeuge durch diese sinnlose Tat erlitten hat. Er hat heute noch mit körperlichen Beeinträchtigungen zu kämpfen.“ Hoppmann forderte sechs Jahre Jugendstrafe und die Aufrechterhaltung des Haftbefehls.

Dr. Réne Gülpen, Nebenklage-Vertreter des fünfmal gestochenen Wendeners (29), schloss sich dem Staatsanwalt an und plädierte für eine längerfristige Freiheitsstrafe. Der Anwalt aus Troisdorf sprach von einem „Täuschungsmanöver und einer großen Inszenierung“ des Angeklagten: „Diese hochmanipulative Art ist durchaus strafschärfend zu werten.“ Dem Angeklagten fehle jegliche Empathie: „Er hat eine ganz kurze Zündschnur. Er reagiert sofort aufbrausend und aggressiv.“

Sein Mandant habe nicht damit gerechnet, dass er Stunden später nach dem Olper Schützenfest in seinem Blut auf dem Asphalt liege, so Gülpen: „Der Angeklagte hat ihn völlig grundlos angegriffen. Beinah wäre ein Menschenleben ausgelöscht worden, nur weil sich der Angeklagte nicht im Griff hat. Er ist für die Allgemeinheit wirklich gefährlich.“

Verteidiger Martin Kretschmer sprach von „einer romantischen Verbrecherehre. Da geht man lieber selber in den Bau.“ Der geständige Lennestädter sei der Täter: „Er hat Angst vor der JVA, aber trotzdem hier zweimal gesagt, dass er es war. In den Händen meines Mandanten war kein Messer.“

Urteil am 29. März

Vermutungen, der Lennestädter habe vom Angeklagten Geld für sein Geständnis bekommen, wies Kretschmer zurück: „Mein Mandant kommt aus gutem Elternhaus, ist aber kein Millionärssohn, dass er ihm irgendetwas versprechen könnte.“ Kretschmer forderte die Aufhebung des Haftbefehls: „Mein Mandant sitzt jetzt acht Monate in Haft. Das wäre auch das Strafmaß, das angemessen ist. Das wäre mit der U-Haft abgebüßt.“

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Im letzten Wort meinte der Angeklagte: „Ich war dabei und habe zugeschlagen. Es war eine sehr dumme Aktion, aber ich habe niemanden gestochen. Es tut mir sehr leid, dass das so aus dem Ruder gelaufen ist.“ Das Urteil wird am 29. März gesprochen.