Drolshagen. Die „Buchhandlung am Markt“ in Drolshagen macht zu – und das nach mehr als 25 Jahren. Treue Stammkunden können die Nachricht kaum fassen.

Einige ihrer treuen Stammkunden hätten sogar Tränen vergossen, erzählt Elisabeth Nierhoff während meines Besuches in ihrer schmucken und vielfältig sortierten „Buchhandlung am Markt“. Der Grund für die Tränen ist für alle diejenigen nachvollziehbar, deren Herz mehr oder weniger für Literatur jeder Gattung schlägt. Nach über 25 Jahren wird Elisabeth Nierhoff, die von ihrem Mann Joachim Nierhoff stets unterstützt wurde, ihr Geschäft schließen. Für den ohnehin nicht auf Rosen gebetteten Drolshagener Einzelhandel ein herber Verlust. „Am 31. Mai“, sagt Elisabeth Nierhoff aber, durchaus mit ein bisschen Wehmut in der Stimme, „ist Schluss“.

Aus Oldenburg und dem Münsterland

Obwohl die Nierhoffs keine gebürtigen Sauerländer sind, haben sie in Hützemert Wurzeln geschlagen. Joachim Nierhoff stammt aus dem Münsterland, seine Frau Elisabeth aus Oldenburg. Schon 1984 verschlägt es die beiden nach Drolshagen. Der heute 74-Jährige ist eigentlich Diplom-Pädagoge, war aber viele Jahre Verkaufsleiter eines Buchverlages und hat bis heute fast 20 Bücher veröffentlicht. Unter anderem viele Besuche von Buchmessen weckte auch bei Elisabeth Nierhoff das Interesse vor allem für Bildungsliteratur.

Die Entscheidung, versichert das Ehepaar aus Hützemert, sei endgültig: „Ich habe immer gesagt, wenn ich mal 25 Jahre geschafft habe, denke ich so langsam ans Aufhören“, lacht sie ihrem geschäftlichen Ruhestand entgegen. Und: „Ich möchte endlich mehr Zeit für meine Enkelkinder haben.“

Die Frage, ob sie sich an den Tag der Eröffnung erinnern könne, beantwortet sie, ohne zu zögern: „Das war am 5. September 1997. Gut eineinhalb Jahre zuvor hatten wir schon die Einliegerwohnung in unserem Haus in Hützemert zu einer kleinen Buchhandlung umfunktioniert, genau am 1. Januar 1996.“

Elisabeth Nierhoff beendet am 31. Mai eine über 25-jährige Ära des Buchhandels in der Stadt Drolshagen. Die Buchhandlung am Markt wird schließen.
Elisabeth Nierhoff beendet am 31. Mai eine über 25-jährige Ära des Buchhandels in der Stadt Drolshagen. Die Buchhandlung am Markt wird schließen. © WP | Josef Schmidt

Mehr oder weniger durch einen Zufall sei es dann zur Geschäftsgründung am Marktplatz im Zentrum der Rosestadt gekommen: „Jürgen Sack, Finanz- und Immobiliendienstleister, hatte offenbar von unserem erfolgreichen Start in Hützemert gehört und suchte eine Nachfolge für das Ladenlokal hier in der Hagener Straße. Als wir das hier sahen, haben wir sofort gedacht: Das ist ja ideal“, freut sich die Mutter von drei Kindern heute noch über ihren mutigen Entschluss. Dass es dann über 26 Jahre geworden seien, habe ihr Mann Joachim, selbst Buchautor im Bereich der Heimathistorie, damals gar nicht geglaubt.

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Weit gefehlt. Wie die Drolshagener heute wissen. Mit dem 5. September 1997 begann eine Erfolgsgeschichte. Die Buchhandlung am Markt wurde zu einer Institution. Mit einem breitgefächerten Sortiment - vom Kinder- und Jugendbuch über Sachliteratur zu Garten, Gesundheit und Ernährung bis hin zu Fantasy, Krimis, Reiseratgebern und Science-Fiction. Dass im kleinen Laden nicht immer alle Titel vorrätig waren, war kein wirkliches Handicap: „Über unsere Großhändler sind wir bis heute in der Lage, fast alle gewünschten Bücher zu bestellen. Viele wollen das gar nicht glauben“, triumphiert Elisabeth Nierhoff, „aber wer bei uns ein Buch abends vor 18 Uhr bestellt, kann es am nächsten Morgen schon abholen.“

Elisabeth Nierhoff in ihrer Lieblingsecke bei den Kinder- und Jugendbüchern.
Elisabeth Nierhoff in ihrer Lieblingsecke bei den Kinder- und Jugendbüchern. © WP | Josef Schmidt

Der Erfolg, fügt Joachim Nierhoff hinzu, habe nicht zuletzt mit dem überdurchschnittlichen Engagement seiner Frau zu tun: „Hier fanden sehr interessante Lesungen statt, jedes Jahr am Welttag des Buches am 23. April hat es Aktionen mit Schulen gegeben, mit Stadtrallye, einem Zauberer, Lesungen und vielem mehr.“ „Gerne denke ich an die Lesungen mit den Krimi-Autorinnen Kathrin Heinrichs und Melanie Raabe zurück“, hebt die Buchhändlerin hervor, die einen Hauch von Bestseller-Atmosphäre nach Drolshagen gebracht hätten.

Aber auch die Harry-Potter-Begeisterung sei eine schöne Erinnerung wert: „Es war schon toll, diese Faszination der jungen Menschen mit zu erleben. Damals standen plötzlich verkleidete Kinder mit ihren Eltern morgens um 5 Uhr früh vor dem Schaufenster.“ Und durch die Hilfe des früh verstorbenen Konditors Rudolf Hesse habe man diesen Verkauf sogar mit passenden Torten und Gebäck flankieren können.

Bis auf zwei unangenehme Erfahrungen mit Trickbetrügern können die Nierhoffs durchweg an eine schöne Ära des Buchhandels in Drolshagen zurückblicken. Sogar während der Pandemie erreichte Elisabeth Nierhoff ihre Stammkunden: „Ich bin eben herumgefahren und habe die Bücher an die Haustüre gebracht.“

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Zur ihrer grundsätzlichen Bewertung über die Zukunft ihrer Branche befragt, macht die studierte Ernährungsexpertin aber keinen Hehl aus ihrer pessimistischen Prognose: „Ich fürchte, langfristig macht der Onlinehandel die Läden kaputt.“ Und das, obwohl auch stationäre Geschäfte wie ihres Bestellungen schnell befriedigen könntene. Aber: „Viele wissen das gar nicht, vor allem junge Menschen.“

Elisabeth Nierhoff beendet am 31. Mai eine über 25-jährige Ära des Buchhandels in der Stadt Drolshagen. Gemeinsam mit ihrem Mann Joachim Nierhoff lebte sie ihre Begeisterung für Literatur.
Elisabeth Nierhoff beendet am 31. Mai eine über 25-jährige Ära des Buchhandels in der Stadt Drolshagen. Gemeinsam mit ihrem Mann Joachim Nierhoff lebte sie ihre Begeisterung für Literatur. © WP | Josef Schmidt

Wie sehr die Rosestadt den Abschied der Nierhoffs bedauert, fasst Regine Rottwinkel, Vorsitzende von Drolshagen Marketing, in Worte: „Ich habe mich da immer sehr wohl gefühlt. Man wurde gut beraten, und wenn ein Buch mal nicht da war, wurde es bestellt und war flink da. Ich bin sehr traurig, wenn Drolshagen tatsächlich kein Buchgeschäft mehr hat. Die Buchhandlung am Markt war für mich und meinen Mann immer eine Institution und auch für viele Bekannte von uns.“ Nach dem Prinzip Hoffnung kramt Regine Rottwinkel dann doch noch einen Funken Optimismus hervor: „Vielleicht findet sich plötzlich doch noch ein geeigneter Buchhändler, der diesen Laden übernimmt.“

Dazu sagen die Nierhoffs aber nichts. Die Frage der Nachfolge sei noch nicht zu beantworten.