Olpe/Gronau. Nach dem politischen Desaster in Gronau gerät die Pyramis GmbH auch in Olpe in die Diskussion: UCW und Grüne stellen kritische Fragen.

Obwohl sich das Geschehen rund 185 Kilometer von Olpe entfernt abgespielt hat, sind die politischen Schallwellen bis in die sauerländische Kreisstadt zu spüren: Denn im Mittelpunkt einer aufsehenerregenden politischen Kontroverse in der 46.000-Einwohner-Stadt Gronau (Münsterland) taucht die Pyramis GmbH auf, die bekanntlich auch in Olpe, Drolshagen und Wenden ihre Fühler ausgestreckt hat, um als Genossenschaftsmitglied Bauprojekte umzusetzen. Während die Pyramis Immobilien Entwicklungs GmbH hierzulande an der Seite der Sparkasse Olpe-Wenden-Drolshagen und mit Hilfe des ehemaligen Landrates Frank Beckehoff mühelos eine Hürde nach der anderen nimmt, stellt sich die politische Großwetterlage in Gronau anders dar.

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Dort musste Pyramis eine Niederlage einstecken. Der Mini-Fraktion der UWG gelang es, für ein städtebauliches Großprojekt eine Mehrheit im Stadtrat hinter sich zu versammeln, um Pyramis ‘rauszukegeln. In Olpe will Pyramis bekanntlich die Industriebrache Olper Hütte bebauen, in Gronau ging es darum, dem Kurt-Schumacher-Platz städtebaulich neues Leben einzuhauchen. Doch die UWG witterte von Anfang an politische Ränkespiele der CDU. Auf ihrer Homepage schreiben die Gronauer Unabhängigen von einem „dubiosen Geschäftsmodell“, von einem „sehr gut bezahlten Auftrag für die Pyramis GmbH“, von „CDU-Freunden“, die sich „gegenseitig die Aufgaben zuschieben“, von einem „zweifelhaften Genossenschaftsmodell als reiner Abzocke“ und von einer „komplett fremdgesteuerten Planung und Verwaltung“. Das Ende vom Lied: Trotz einer CDU-Mehrheit im Stadtrat fiel die politisch-geschäftliche „Eheschließung“ ins Wasser - bei 24:15 Stimmen gegen die Beteiligung der Pyramis GmbH.

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Glaubwürdigkeitsproblem?

Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der UCW im Stadtrat Olpe: Andreas Zimmermann.
Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der UCW im Stadtrat Olpe: Andreas Zimmermann. © WP Olpe | Josef Schmidt

Zumindest den Olper Oppositionsfraktionen UCW und Grüne sind die Vorfälle im Münsterland nicht verborgen geblieben. Andreas Zimmermann, stellv. Fraktionschef der UCW: „Der Unterschied zu Olpe ist, dass der Gronauer Stadtrat die Gründung der Genossenschaft gecancelt hat. Das ist eine herbe Schlappe für Pyramis.“ Es habe offenbar ein Glaubwürdigkeitsproblem gegeben. Mehr als fragwürdig ist für Zimmermann, der selbst in der Baubranche zu Hause ist, dass die Olper Stadtspitze behaupte, es gebe in und um Olpe keine geeigneten Marktteilnehmer, die für eine solche Genossenschaft zur Verfügung stünden. Zimmermann: „Pyramis nutzt den Türöffner Beckehoff, sich ins Spiel zu bringen und ohne jeglichen Wettbewerb Millionenaufträge an Land zu ziehen.“ Insbesondere das private Engagement des heimischen Investors Christof Gerhard sei aufzuklären. Gerhard habe ein eigenes Konzept für die Olper Hütte vorgelegt und jetzt sogar noch einmal einen Grundstückstausch ins Spiel gebracht, der von Pyramis abgelehnt worden sei. Im Zuge dessen hätten noch einmal mehr als 20 Wohnungen entstehen können.

Christof Gerhard wollte auf unsere Anfrage zu dem Thema keine Stellungnahme abgeben.

So soll das Wohngebiet Olper Hütte nach dem Plan der Pyramis Immobilien GmbH einmal aussehen. Der Olper Investor Christof Gerhard kommt nicht zum Zug.
So soll das Wohngebiet Olper Hütte nach dem Plan der Pyramis Immobilien GmbH einmal aussehen. Der Olper Investor Christof Gerhard kommt nicht zum Zug. © Manuela Nossutta/Funkegrafik NRW

Antworten will jedoch die UCW Olpe im Stadtrat am 29. März haben. Fraktions-Chef Peter Lubig hat beantragt, das Thema „Quartiersgenossenschaft Olpe Hütte“ auf die Tagesordnung setzen zu lassen. Erstens geht es um den aktuellen Sachstand und die Planungen der Genossenschaft. Gleichzeitig soll Christof Gerhard die Gelegenheit erhalten, seine Pläne zur Schaffung weiteren Wohnraums an der Olper Hütte zu präsentieren.

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Auch Teile der Grünen und der FDP stehen der Genossenschaft mittlerweile skeptisch gegenüber. Martin Moseler (FDP): „Ich hätte mir eine echte Bürgergenossenschaft gewünscht, nicht eine, die aus zwei staatlichen Institutionen und einer privaten Gesellschaft besteht.“ Auch der Umgang mit Christof Gerhard sei zu hinterfragen.

Kritik an Alternativlosigkeit

Zaklina Marjanovic, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Olper Stadtrat.
Zaklina Marjanovic, Fraktionsvorsitzende der Grünen im Olper Stadtrat. © Josef Schmidt

Grünen-Fraktionssprecherin Zaklina Marjanovic: „Wir hatten uns damals bei der Beschlussfassung enthalten, weil wir zwar eine Genossenschaft grundsätzlich befürworten, vor allem mit Blick auf bezahlbaren Wohnraum. Aber den eingeschlagenen Weg der Verwaltung haben wir abgelehnt, weil es gar keine Suche nach einem anderen Genossenschaftspartner gab. Die Pyramis GmbH wurde als alternativlos vorgestellt. Es gab für uns zu viele Verstrickungen mit ehemaligen CDU-Funktionären wie dem ehemaligen CDU-Landrat des Kreises Olpe, aber auch bei Pyramis selbst.“ Das gesamte Konstrukt sei den Grünen „bis heute zu undurchsichtig.“ Es sei schade, dass die Genossenschaft in Gründung und das Grundstück als Einlage der Stadt schon eingebracht sei. Als der Projektmanagementvertrag plötzlich in der Öffentlichkeit aufgetaucht sei, „der uns als Fraktion überhaupt nicht bekannt war, sind wir erst einmal hinten runtergefallen. Da hätten wir uns eine Information des Bürgermeisters gewünscht“. Fazit der Grünen: „Bei all dem, was man so liest, auch aus Gronau, fragt man sich, ob wir da den richtigen Partner für die Beschaffung bezahlbaren Wohnraumes ausgesucht haben.“ Nicht zuletzt die jetzt auftauchenden Probleme mit dem Nachbarn und Privatinvestor Christof Gerhard, über die sie aber nicht sprechen dürfe, sorgten für Skepsis. Eine detaillierte Vorstellung der aktuellen Situation im Stadtrat sei sinnvoll: „Den Antrag der UCW unterstütze ich vollumfänglich.“

Das sagt Pyramis-Geschäftsführer Michael Kirchner

Zur Situation in der Stadt Gronau und zur aktuellen Sachlage in Olpe baten wir auch Michael Kirchner, Geschäftsführer der Pyramis Immobilien-Entwicklungsgesellschaft, um eine Stellungnahme in Sachen „Olper Hütte“.

Kirchner: „Die Stadtverordnetenversammlung in Olpe hat sich aus den guten Gründen, die in der damaligen Sitzungsvorlage dargestellt sind, am 22. Juni 2022 für die Gründung der Quartiersgenossenschaft ausgesprochen. Das städtische Grundstück Olper Hütte 3 ist in die Genossenschaft eingebracht, die Grundstückseinbringung ist beurkundet und die Genossenschaft ist als neue Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen worden. Die Genossenschaft hat ein Bodengutachten eingeholt, die Abbrucharbeiten für die aufstehende Industriehalle ausgeschrieben und wird den Abbruchauftrag in Kürze vergeben. Mit der Erschließungsplanung wurde begonnen, nachdem mit dem Nachbarn Gerhard keine Einigung über eine gemeinsame Erschließung erzielt werden konnte.“ Gleichzeitig stellte Kirchner den aktuellen Gestaltungsplan für das Grundstück Olper Hütte 3 unserer Redaktion zur Verfügung. Der, so Kirchner, sei den Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat Olpe bekannt. Kirchner weiter: „Vor diesem Hintergrund weiß ich allerdings nicht, welche Vorstellungen die von Ihnen angeführte Olper UCW bzw. die Fraktion der Grünen mit der erneuten Beratung bzw. der Vorstellung des Gerhard-Projekts verbinden.“

Gronau nicht vergleichbar mit Olpe

Zum Thema „Gronau“ wies Kirchner daraufhin, dass er die dortige Entwicklung nicht detailliert bewerten könne, „mangels eigener Beteiligung an den Gesprächen“. Das Projekt sei aber mit dem in Olpe nicht vergleichbar. Auf die Frage, ob und warum eine Genossenschaft schneller sei und günstigeren Wohnraum zur Verfügung stellen könne, was den Mietpreis angehe als ein privater Investor, teilt Kirchner u. a. mit: „Die Gründung einer Wohnungsgenossenschaft mit kommunaler Beteiligung vollzieht sich wesentlich schneller als ein aufwendiges Konzeptvergabeverfahren für ein Investorenmodell.“ Ein wesentlicher Vorteil für die Stadt sei, dass sie das Projekt mit steuern könne und der Haushalt nicht dauerhaft belastet werde. Und weiter: „Bei allem steht nicht die hohe Renditeerwartung eines fremden Hausbesitzers, sondern die Förderung der Mitglieder der Genossenschaft im Vordergrund.“ Allein die Grundstückseinbringung durch die Kommune ermögliche einen günstigeren Mietpreis. Zudem gehe die Genossenschaft davon aus, im Hinblick auf die neue Wohnraumförderung 2023 „neue Zusatzdarlehen für die Genossenschaftsförderung“ zu erhalten. Kirchner: „Einzelheiten hierzu werden wir in Kürze mit der Olper Politik erörtern.“