Feldmannshof. Nach Vollmilch kommt nun auch Joghurt aus der Bauernmolkerei im Drolshagener Land. Dieser unterscheidet sich von Industrieprodukten.

Seit einem halben Jahr läuft in der kleinen Bauernmolkerei in Feldmannshof die Produktion. Nachdem das Gemeinschaftsunternehmen der landwirtschaftlichen Betriebe Engels (Feldmannshof) und Alterauge (Drolshagen) sowie des Hünsborner Lebensmittelfilialisten Dornseifer mit frischer Vollmilch und A2-Vollmilch angefangen hatte, ist nun ein weiteres Produkt im Angebot: Seit kurzem gibt es in heimischen Dornseifer-Märkten sowie einigen Rewe- und Nahkauf-Märkten zwischen Gummersbach und Siegen unter dem Markennamen „Volle Kanne“ auch Joghurt. Immer aus Vollmilch hergestellt, wird Naturjoghurt im 500-Gramm-Becher angeboten, dazu in 150-Gramm-Bechern die Sorten Erdbeer, Pfirsich-Maracuja, Kirsch und Stracciatella-Schokosplits.

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Ein Automat füllt die Becher und schweißt die Deckel auf die Joghurts.
Ein Automat füllt die Becher und schweißt die Deckel auf die Joghurts. © Jörg Winkel

Die Herstellung läuft nur im Prinzip so wie bei anderen Joghurts, denn anders als bei Großmolkereien ist „Volle Kanne“ praktisch eine Manufaktur. Anna Bieker ist Chefin der Molkerei, sie stammt aus der Familie Engels und kümmert sich gemeinsam mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Familien von der Abfüllung bis zur Warenwirtschaft praktisch um das komplette Portfolio dessen, was zu tun ist, um aus der Milch vom familieneigenen Hof und der befreundeten Familie Alterauge ein regalfertiges Produkt werden zu lassen. „Wir lassen dem Joghurt deutlich mehr Zeit zum Reifen“, erklärt sie: Zunächst wird aus der Rohmilch durch Pasteurisierung und Homogenisierung frische Vollmilch gemacht. Diese wird dann mit Joghurtkulturen versetzt.

Bei 40 Grad Celsius reift der „Volle Kanne“-Joghurt 14 Stunden und wird dann langsam auf Verarbeitungstemperatur heruntergekühlt. „Durch die längere Reifung und anschließende Ruhephase vor der Abfüllung kommen wir bei unserem Joghurt ganz ohne milcheigene und somit nicht deklarationspflichtige Zusätze aus, welche in der Industrie oftmals zum Einsatz kommen, um die Konsistenz bei kürzerer Reifung zu kompensieren“, informiert Anna Bieker. Die Abfüllung selbst erledigt eine kleine Abfüllanlage, die die cremige Substanz entweder als Naturjoghurt oder nach Zugabe des Fruchtanteils als Fruchtjoghurt mit mindestens 6 Prozent Fruchtanteil in Becher pumpt und die Deckel aufschweißt. Per Hand werden die vollen Becher dem Automaten entnommen und etikettiert. Immer wieder wird zur Kontrolle gewogen, bevor die Becher per Hand in Gitterboxen gestellt und anschließend zur Nachreife in die Kühlung gebracht werden. Von dort geht es in die Regale der Märkte.

In der Hofmolkerei
In der Hofmolkerei "Volle Kanne" wird nun außer Vollmilch auch Joghurt produziert. Unser Bild zeigt Molkereileiterin Anna Bieker bei der Kontrolle der Rohmilch vor der Verarbeitung. © Jörg Winkel

Cremig und weniger süß

Mehrfach hat „Volle Kanne“ das neue Produkt nun in Dornseifer-Märkten vorgestellt und dabei die Kundinnen und Kunden kosten lassen. „Was vielen auffällt und was gut ankommt, ist, dass die Joghurts sehr cremig und weniger süß schmecken. Wir haben lange experimentiert, bis wir zum Beispiel bei der Erdbeer-Variante genau die Menge an Fruchtzugabe herausgefunden haben, sodass er fruchtig schmeckt, ohne zu süß zu werden. Noch mehr Frucht brächte jetzt nur mehr Süße, aber genau die Kombination aus der Fruchtsüße und der Säure des Joghurts macht ja den Geschmack aus“, ist Anna Bieker vom Produkt überzeugt. Auch der Geschmack der „Volle Kanne“-Milch werde oft gelobt, „aber wir hören dann auch oft, dass die Haltbarkeit nicht ausreiche. In der Tat ist ein Liter in einem Single-Haushalt, der die Milch nur im Kaffee trinkt, ziemlich viel, aber der Geschmack kommt ja genau daher, dass wir klassische Vollmilch anbieten und nicht wie fast alle anderen Anbieter ESL-Milch.“ ESL steht für „extended shelf life“, wörtlich „erweiterte Regallebensdauer“ und allgemeinverständlicher schlicht „länger haltbar“ genannt. Doch wird dies durch eine Mikrofilterung erreicht, die nicht nur für längere Haltbarkeit, sondern auch eine Geschmacksveränderung sorgt. Ihr Tipp für solche Fälle: Die „Volle Kanne“-Frischmilch eignet sich dazu, selbst Dickmilch anzusetzen, die zum Beispiel mit Zimt und Zucker ein erfrischendes Dessert ist.

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Bauernjoghurt, der viel Zeit zum Reifen hatte: Das neue Produkt von „Volle Kanne“ auf dem Weg in die Kühlung.
Bauernjoghurt, der viel Zeit zum Reifen hatte: Das neue Produkt von „Volle Kanne“ auf dem Weg in die Kühlung. © Jörg Winkel

Unterdessen laufen bei der „Vollen Kanne“ die Vorbereitungen für die nächsten beiden Produkte, die gegenseitig voneinander abhängen: Zum einen wird bald Schlagsahne mit 30 Prozent Fett, zum anderen Magermilch mit 1,8 Prozent Fett abgefüllt. Noch laufen die Tests bezüglich der Mindesthaltbarkeit und der nötigen Umstellung der Abfüllautomaten, aber in wenigen Wochen, ist Molkereichefin Anna Bieker zuversichtlich, wird beides zu haben sein. Im Herbst sollen dann Quark und Frischkäse folgen – auch hier: frisch aus der Region für die Region.

Ursprünglich entstand Joghurt aus der zufälligen Säuerung und Dicklegung von Milch durch Milchsäurebakterien. Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die verursachenden Mikroorganismen isoliert, identifiziert und nach ihrer Wirkweise selektiert, eine gezielte Joghurtproduktion somit möglich. Die Herstellung von Joghurt durch die Milchsäurebakterien ist eine Fermentation. Spezielle Milchsäurebakterien können Milchzucker (Lactose) in Milchsäure (Lactat) umwandeln, was Joghurt auch für Menschen mit leichter Lactose-Intoleranz verträglich macht. Joghurt kann auch selbst zubereitet werden, indem wenige Löffel Joghurt in erwärmte Milch verrührt werden. Die Kulturen wandeln die Milch binnen weniger Stunden in Joghurt um. Auch gibt es Joghurtkulturen in Pulverform zu kaufen, um Joghurt selbst herzustellen.