Meggen. Mal lachen, mal weinen. Das Schauspiel „Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“ berührt das Publikum im PZ.
„Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“, heißt das Schauspiel nach dem Roman von Joachim Meyerhoff, das die Kulturgemeinde im PZ präsentierte. Der Titel stellte sich im Verlauf der imposanten Darbietung des Altonaer Theater Hamburg als zentraler Ausspruch der Hauptfigur Joachim, überzeugend gespielt von Marc Laade, heraus.
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Worum es in dem Schauspiel geht: Der junge Joachim, aufgewachsen auf dem Gelände einer riesigen Psychiatrie, zieht im Prozess der Selbstfindung und -orientierung zuhause aus. Seine Schulzeit und ein Austauschjahr hatte er in Amerika hinter sich gebracht hat. Nun steht er kurz vor dem Antritt einer Ausbildung an der Otto Falkenberg Schauspielschule in München.
Er zieht zu seinen Großeltern in den vornehmen Stadtteil Nymphenburg. In deren großbürgerlichen Villa wird er herzlich empfangen von seinem etwas strengen und ehrwürdigen Großvater, ein emeritierter Philosophieprofessor - gekonnt gespielt von Jaques Ullrich - und seiner Großmutter, die einst selbst Schauspielerin war und deren Attitüden einer Diva gleichen. Beide erleben die Alltäglichkeit einhergehend mit festen Ritualen, zu denen auch der „Sechs Uhr Whisky“ am Abend gehört, dem weitere alkoholische Köstlichkeiten folgen, die sodann zu schwelgerischen Dialogen zumeist aus vergangenen Tagen führen und auch philosophischen Diskursen des Großvaters.
Bei schlichtem Bühnenbild, gelungener Gestaltung von Maske und Kostüm, ließ sich die Darbietung, begleitet von Mattie Winnitzki am Klavier - nicht nur musikalisch, sondern auch in der Rolle der Pianistin - zunächst recht komödiantisch an.
Zu Beginn wird Joachim von der Großmutter, bravourös dargestellt von Jessica Kosmalla, mit den Worten „Liebeling ist da“ empfangen und prompt finden sich mit dem Großvater alle drei beim abendlichen Ritual, dem „Sechs Uhr Whisky“, auf dem opulenten Sofa ein, die Großmutter wie eine Diva mit rauchender Zigarettenspitze. Das Publikum zeigte sich bereits jetzt amüsiert. Dass sich dieses Sofa-Ritual durch das gesamte Stück ziehen wird und immer wieder zu Lachern führen sollte, war abzusehen.
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Dann der Szenenwechsel: Bei der Vorsprechrolle in der Schauspielschule zeigt sich Joachim zunächst vollkommen untalentiert und zwar derart, dass das Publikum ob der Wortkargheit und Unbeholfenheit herzlich und nahezu kopfschüttelnd zum Lachen verführt wird.
Natürlich auch durch die hinzukommenden Schauspielschüler, imposant dargestellt von Franziska Schulze und Tobias Olaf Schaller. Antje Ottenson bot gleich drei Rollen im Wechsel dar, darunter die der Schauspiellehrerin. Es gelang ihr in komplett andere Figuren zu schlüpfen.
Brillant zeigte sich Kai Hufnagel, nicht nur in der Rolle des Direktors, sondern später auch als Körpertrainer Larry, der als totaler Freak mit amerikanischem Akzent und ausgeprägter Verrücktheit in Szene gesetzt war.
Das Stück zeigte nun im weiteren Verlauf immer wieder Elemente des Lernens der Schauspielerei, von Stimm- und Sprechübungen, wozu Lippenflattern und auch Tonleiterübungen auf und ab gehörten, vom Spielen eines Tieres - ein Nilpferd - bis zum Sprechen ohne dabei nach Luft zu schnappen. Letzteres bot Marc Laade so ausgiebig, dass er die Zuschauer im PZ zu großem Staunen und lautem Zwischenapplaus brachte.
Allerdings, was manche bezüglich dieser Szenen vergnüglich stimmte, wurde anderen zu viel und wirkte auf sie verstörend, wenn nicht gar etwas zu albern - so die ein, oder andere Publikumsmeinung während der Pause. In der Tat waren die Darstellungen das ein oder andere mal etwas überzeichnet. Für allgemeine Begeisterung - zu hören am jeweiligen Applaus - sorgte die Szene, als die Großmutter das Gretchen aus Goethes Faust darbot.
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Insgesamt waren die Musikeinlagen sehr stimmungsvoll, zum Beispiel der Song von Velvet Underground & Nico: „I´ll Be Your Mirror“, gesungen von Franziska Schulze. Auch die Gesangseinlage von Jaques Ullrich und Jessica Kosmalla berührte: „Sag beim Abschied leise Servus“, ein Lied von Peter Alexander.
Hier ließ sich bereits vermuten, dass die Erzählung eine Wendung nehmen würde und so kam es auch. Was mit viel Klamauk begann und eher einer Komödie glich, wurde dann doch zu einem ernsthaften Schauspiel. Zwar bestand Joachim seine Schauspielprüfung und erhielt auch ein Engagement in Kassel, doch damit kam auch der Abschied von den Großeltern, die allmählich immer mehr vom Alter gezeichnet waren.
Zunächst erhielt er die Nachricht, dass sein bereits zuvor erkrankter Vater verstorben war und in Folge verstarben auch die Großeltern. Marc Laade berührte am Schluss das Publikum mit echten Tränen und der Satz stand im Raum: „Ach diese Lücke, diese entsetzliche Lücke“. Der Beifall war groß.