Heinsberg. Mario Löcker aus Heinsberg hatte einen Hirntumor. Warum der 53-Jährige die Strapazen einer anstrengenden Radtour auf sich nimmt.

Der 21. April rückt langsam näher. Für Mario Löcker aus Heinsberg ist dieser Freitag ein besonderer Tag. Gegen 10 Uhr will er vom Rhein-Weser-Turm aus auf die erste Etappe seiner Spendentour nach Berlin gehen - und zwar mit einem Liegerad. Unterwegs und über Sponsoren will er so Spenden für das Elisabeth-Hospiz in Altenhundem und den Förderverein des focus-Wohnhauses Am Cölschen Heck in Welschen Ennest sammeln. Aber die 1550 Kilometer lange Radtour hat noch eine weitere Botschaft. Sie soll anderen Menschen Mut machen: Auch nach einer schweren Erkrankung geht das Leben weiter, wenn auch anders als zuvor.

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gebäude Zuvor, da spielte der heute 53-Jährige mit Leidenschaft das erste Flügelhorn im Musikverein seines Heimatortes Heinsberg, fast 30 Jahre lang. Dann, vor drei Jahren im März 2020, wurde bei ihm ein Hirntumor entdeckt. Es folgten zwei komplizierte Operationen, mehrere Rehaaufenthalte, aber Beeinträchtigungen wie zum Beispiel Lähmungserscheinungen und Sehstörungen blieben. Mario Löcker gab nicht auf, nach und nach kämpfte sich der gelernte Werzeugmechaniker, der im Nebenerwerb Lang-und Kurzholztransporte fuhr, zurück ins Leben. Es ging ihm immer besser, aber Gleichgewichtsstörungen, eine 80-prozentige Gehbehinderung und andere Handicaps blieben und werden bleiben. Das aktive Musikmachen musste er deshalb aufgeben. Seine Mobilität jedoch, die wollte er um jeden Preis behalten. Mit einem E-Liegerad fand er das für ihn perfekte Fortbewegungsmittel. „Innerhalb von zwei Jahren ist es mir dann gelungen, vom verhassten Rollstuhl auf das Liegerad zu kommen“, blickt Mario Löcker zurück. Mit seinem Hightech-Rad sieht man ihn oft im Kirchhundemer Land, im letzten Jahr kam er auf 4500 gefahrene Kilometer.

„Viele sagen, ich hätte einen schweren Weg hinter mir, aber mit einem Ziel vor Augen und guten Freunden habe ich das gar nicht so empfunden“, so der Heinsberger. Nun, so sagt er, sei die Zeit gekommen, etwas zurückzugeben und dabei etwas Sinnvolles zu tun. Im August letzten Jahres begann er mit der Planung einer Spendenfahrt zunächst nach Berlin, dann über Leipzig, Erfurt, Eisenach, Bad Hersfeld zurück ins Sauerland. 21 Etappen zwischen 50 und 120 Kilometern, rund 11400 Höhenmetern wird Löcker auf seiner 1550 Kilometer langen Tour überwinden müssen. Die Idee in den Osten zu fahren entstand am Vatertag (Christi Himmelfahrt) 2022 in Würdinghausen. Damals traf er einen Schulfreund, der bei der Firma Mennekes tätig ist. Er fragte Mario Löcker, welche Touren er so plane. Da antwortete Löcker spontan: „Ich fahre einen Stecker von Mennekes von Kirchhundem nach Neudorf“. Dort hat das Elektrotechnik-Unternehmen ein zweites Werk.

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Dies ist aber nur ein Ziel mit Sauerländer Bezug auf seiner Reise. In Berlin wird er den heimischen Bundestagsabgeordneten Florian Müller (CDU) am Reichstag treffen. Auf der weiteren Reiseliste steht das Teslawerk in Grünheide und auch das Zweitwerk der Firma Elektro Bals, wo Löcker einst als Lehrling tätig war. Übernachten will er unterwegs durchweg in Jugendherbergen.

Für die große Reise hat sich Mario Löcker mittlerweile ein auf ihn persönlich abgestimmtes Liegerad gekauft. Das Rad des tschechischen Herstellers Azub wurde von Firma Trike-x-press in Detmold auf E-Antrieb umgerüstet, bekam einen Elektromotor sowie ein angepasstes Bremssystem und eine entsprechende Beleuchtung verpasst. „Alles von deutschen Herstellern“, betont Löcker. Ausgestattet mit zwei Akkus ist er überzeugt, dass er mit dem 34 Kilo schweren und 13.000 Euro teuren Rad plus Gepäck gut über die Berge kommt.

Die große Dankbarkeit, die er nach seiner Genesung empfindet, möchte der Heinsberger in Form von Spenden zurückgeben, für das Elisabeth-Hospiz in Altenhundem und den Förderverein des focus-Wohnhauses Am Cölschen Heck in Welschen Ennest, wo Menschen mit Behinderungen leben. Über beide Institutionen hat sich Löcker persönlich informiert. Er hofft, dass viele Menschen in der Heimat und unterwegs seine Spendenaktion unterstützen. Einige Sponsoren hätten bereits ihre Zusage gegeben. Rolf Wilms aus Albaum wird Löcker auf seiner Tour begleiten, ebenso der Seniorchef seines Fahrradausrüsters in Detmold. „Wer will, kann gerne eine oder auch mehrere Etappen mitradeln“, so Löcker. Wer kein eigenes geeignetes Fahrrad hat, dem würde Löcker auch sein zweites Elektro-Liegerad zur Verfügung stellen. Wenn alles gut geht, wird der Heinsberger am 13. Mai wieder am Rhein-Weser-Turm ankommen, wahrscheinlich mit vielen Eindrücken und Geschichten im Gepäck.