Kreis Olpe. Bei horrenden Gas- und Strompreisen ist Energie sparen in aller Munde. Energieberater Bastian Halbe (Hünsborn) sagt, wie viel Geld drin steckt.

Viele Häuslebauer raufen sich derzeit die Haare: Was tun, wenn sie die Strom- und die Gasrechnung um den Verstand bringt? Allein das Heizen mit Erdgas kann durch dessen Preisexplosion Jahresrechnungen von über 6.000 oder 7.000 Euro und mehr verursachen. War die Kilowattstunde (kWh) aus Erdgas vor der Krise noch für rund 5 Cent zu haben, sind es derzeit 18, 20 oder noch mehr Cent/kWh. je nach Anbieter. Also mindestens eine Vervierfachung. Beim Strom sieht es nicht ganz so dramatisch aus, aber Verdoppelungen des Vor-Kriegsniveaus sind nicht unrealistisch. Eines haben die Preise für alle Energieträger, übrigens auch beim Öl und den Holzpellets, gemeinsam: Sie legten im zurückliegenden Jahr eine rasante Berg- und Talfahrt hin.

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Energieberater Bastian Halbe aus Wenden-Hünsborn.
Energieberater Bastian Halbe aus Wenden-Hünsborn. © Privat

Energie-Effizienz-Experten im Internet

Bastian Halbe (29) stammt aus Hünsborn, ist gelernter Zerspanungsmechaniker, arbeitet ab März 2023 als Projektleiter bei einem Versorgungsunternehmen und nebenberuflich als Energieberater (Prüfung der Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle, kurz: BAFA). Politisch gehörte Halbe jahrelang aktiv zur Piraten-Partei, kandidierte 2013 für den Bundes- und 2017 für den Landtag.

Wer Energie-Experten und geprüfte Energieberater sucht, wird im Internet unter www.energie-effizienz-experten.de fündig. Unter dem Stichwort „Energieberatung Wohngebäude“ im Umkreis von Olpe sind rund 20 Berater aufgelistet.

Das weiß auch Energieberater Bastian Halbe aus Hünsborn, der viele interessierte Bürger aus der Gemeinde Wenden und der Stadt Drolshagen Ende des vergangenen Jahres in Infoveranstaltungen darüber informierte, was allen auf den Nägeln brennt: Wie kann ich als Hausbesitzer Energie sparen, bevor ich zum Rundumschlag aushole und 40.000, 50.000 Euro oder mehr investiere, um funkelnagelneue Heizungs- und Photovoltaikanlagen einbauen zu lassen. „Manchmal wundern sich meine Kunden, mit welch einfachen Mitteln für vergleichbar wenig Geld ‘was zu machen ist“, sagt Halbe im Gespräch mit unserer Redaktion. Wir stellten mit dem Energie-Experten einen Fünf-Punkte-Plan auf, welche Maßnahmen er favorisiert.

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1. Dämmung der Kellerdecke

„Viele unterschätzen das. Für wenig Geld ist ein spürbarer Effekt zu erzielen“, versichert Halbe. Der Wärmeverlust, der aus dem Wohngeschoss über dem Keller sozusagen nach unten abfließe, sei beträchtlich: „Einfach Styropor oder Hartschaumplatten von unten gegen die Kellerdecke kleben oder verdübeln.“ Ab einer Dämmung von 14 Zentimetern Dicke (bei einer ungedämmten Kellerdecke ohne Fußbodenheizung) werde eine solche Maßnahme gefördert. Mit 15 Prozent. Gebe es einen individuellen Sanierungsfahrplan, seien dies sogar 20 Prozent.

2. Dachschrägen- und Dachbodendämmung

„20 Zentimeter starke Mineralwoll-Matten in den Dachschrägen, aber auch auf ebenerdigem Dachboden bewirken eine Menge.“ Ein Kunde habe ihm berichtet, auf dessen Betondecke des Dachbodens einfach solche Mineralwolle ausgelegt zu haben: „Er hat mir versichert, allein dadurch 500 Liter Heizöl pro Jahr eingespart zu haben. Das entspricht einem Gegenwert von rund 5.000 Kilowattstunden aus Erdgas.“ Oder rund 900 Euro bei einem Gaspreis von 18 Cent/kWh. Reine Materialkosten: Rund 3.000 bis 4.000 Euro je nach Deckengröße. Förderung: 15 bis 20 Prozent.

3. Fenster und Haustüren

„Bei einem Zweifamilienhaus auf dem Land mit beispielsweise 14 Fenstern und rund 35 Quadratmeter Fensterfläche kann man bei einem Baujahr Ende der 90-er Jahre von einem U-Wert der Fenster von etwa 2,7 ausgehen.“ Der U-Wert beziffert den Wärmeverlust, im Fachjargon ist es der Wärmedurchgangs-Koeffizient. im Klartext: Je höher der U-Wert, desto schlechter die Wärmedämmung. Halbe: Moderne Fenster haben einen U-Wert von vielleicht 0,95, also deutlich besser.“

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An Materialkosten mit Einbau kalkuliert er rund 480 Euro pro Quadratmeter, also rund 15.000 Euro. Energieeinsparung: rund 15 Prozent. Beim schlecht gedämmten Zweifamilienhaus, Baujahr 1965, Energieverbrauch pro Jahr: 36.000 kWh, wären das 5.400 kWh - oder rund 900 Euro weniger fürs Erdgas bei aktuell 18 Cent/kWh. Das Prinzip sei bei Haustüren das gleiche: „Alte Haustüren ziehen mitunter wie Hechtsuppe, haben einen hohen Lüftungsverlust. Wenn sie dazu noch direkt zu den Wohnräumen führt, sollten sie getauscht werden. Der U-Wert sollte bei mindestens 1,3 liegen.“ Fördermöglichkeit: 15 bis 20 Prozent.

4. Heizkörper-Thermostate

„Hier lässt sich mehr Energie sparen, als viele vermuten. Thermostate, die sich per Handy regulieren lassen und nur die Räume mit Wärme versorgen, in denen wir uns aufhalten, können den Energieverbrauch bis zu 30 Prozent senken. Das kann enorm sein“, sagt der Energieberater.

5. Heiznischen

Vor allem in älteren Häusern wurden für Heizkörper Nischen ins Mauerwerk eingelassen. Das dünnere Mauerwerk ist energietechnisch fatal, spielte in den 50-er oder 60-er Jahren aber kaum eine Rolle. Halbe: „Ich kenne Kunden, vor allem Käufer von solchen älteren Immobilien, die die Heizkörper dann abmontiert und die Leitungen verlängert haben, um die Nischen auszumauern und die Heizkörper wieder anzumontieren.“ Eine weniger aufwändige Alternative sei es, zwischen Nischenwand und Heizkörper Styropor oder andere Dämmplatten anzubringen.

Gesamteinsparung: Über 50 Prozent möglich

Summa summarum, so schätzt Bastian Halbe, könnten durch diese fünf Sparmaßnahmen mehr als 50 Prozent Kosten eingespart werden. Für das Musterhaus mit 36.000 Kilowattstunden wären das 18.000 Kilowattstunden - oder - bei der Gasheizung rund 3.300 Euro.

Wer den Hebel in Sachen Energiekosten mit einer neuen Heizungsanlage anlegen will, muss sich auf erhebliche Investitionskosten einstellen. Bastian Halbe: „Die Luft-Wärmepumpen sind momentan der aktuelle Trend. Aber selbst als Energieberater muss ich aufklären, dass angesichts der aktuellen Preissprünge bei Energieträgern böse Überraschungen nicht völlig auszuschließen sind." Sollte der Gaspreis nur wenige Cent sinken und der Strompreis spürbar steigen, könne sich der Spar-Effekt umkehren.

Neue Heizung ein finanzieller Kraftakt

Bei aktuellem Preisniveau von Gas und Strom sei die Luftwärmepumpe für einen Neubau oder eine grundlegende Haussanierung die effizienteste Lösung:

Eine-Luft-Wärmepumpe neben einem sanierten Gebäude.
Eine-Luft-Wärmepumpe neben einem sanierten Gebäude. © FUNKE Foto Services | Martin Möller

Für das alte, schlecht gedämmte Zweifamilienhaus mit rund 200 Quadratmeter Wohnfläche und rund 36.000 Kilowattstunden Gasverbrauch müsste der Hausbesitzer derzeit bei 18 Cent pro Kilowattstunde rund 6.500 Euro pro Jahr aufbringen. Hinzu käme noch ein Grundpreis von 120 bis 200 Euro je nach Anbieter. Mit einer modernen Luft-Wärmepumpe wären das derzeit beim Strompreis von 40 Cent pro kWh nur rund 2400 Euro.

Also eine jährliche Ersparnis von rund 4.300 Euro. Halbe: „Für eine Luftwärmepumpe für 42.000 Euro gibt es eine Förderung von rund 14.500 Euro, macht eine Investition von rund 27.000 Euro.“

Wer noch eine Photovoltaikanlage „draufpacke“, müsse mit noch einmal rund 25.000 Euro mindestens rechnen.

Trotz aller Förderung komme der Hausbesitzer oder Käufer also deutlich über die 50.000 Euro Investitionskosten.

Eine Erdwärmepumpe mit Tiefenbohrung liege deutlich über diesen Summen, eine Pelletheizung in etwa auf dem Niveau der Luft-Wärmepumpe. Halbe: „Zu beachten ist aber, dass der Gesetzgeber ab 2024 für neue Heizungen vorschreiben will, dass mindestens 65 Prozent der benötigten Energie aus Erneuerbaren kommen müssen.“