Drolshagen. In der Drolshagener St.-Clemens-Kirche steht eine moderne Orgel. Doch die Pfeifen sind nur lose eingesteckt - kein Ton ist bislang erklungen.

Seit über einem Jahr herrscht Stillstand in Sachen Orgelbau in der Drolshagener St.-Clemens-Kirche. Besucher der sogenannten „neuen Kirche“ sehen zwar einen prächtigen, modernen Orgelprospekt, doch sind die Pfeifen nur lose eingesteckt; kein Ton ist bislang aus dem großen Instrument erklungen. Der Grund ist einfach, aber schwierig zu lösen: eine zweifache Insolvenz.

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Der Orgelprospekt lässt nicht ahnen, dass das neue Instrument noch keinen Ton von sich geben kann. Die Pfeifen der vordersten Reihe sind der Optik wegen lose eingesteckt.
Der Orgelprospekt lässt nicht ahnen, dass das neue Instrument noch keinen Ton von sich geben kann. Die Pfeifen der vordersten Reihe sind der Optik wegen lose eingesteckt. © Josef Schmidt

Denn gleich zwei Firmen, die für die Fertigstellung des Orgelbaues in der St.-Clemens-Kirche zuständig sind, können nicht liefern. Im Juli 2021 stellte die Firma Laukhuff aus Weikersheim in Baden-Württemberg ihren Geschäftsbetrieb endgültig ein. Der einst weltgrößte Lieferant von Orgelteilen war auch Spezialist für Orgelsteuerungen, und eine solche war 2018 in die neue Orgel im alten Teil der Kirche eingebaut worden. Dabei wurde alles vorgesehen, um beim zu dieser Zeit schon fest geplanten Bau der Orgel in der neuen Kirche eine Besonderheit zu schaffen: Beide Orgeln sollten auch zusammen gespielt werden können, und zwar von beiden Spieltischen aus. Geplant war, dass der Organist sich an die Orgel in dem Teil der Kirche setzt, in dem Messe oder Gottesdienst gehalten werden, und von dort aus beide Instrumente bedient.

Neun Register aus alter Orgel

Doch während die Orgel im alten Teil der Kirche fertig und einsatzbereit ist, steht im neuen Teil das lediglich fertig aussehende Instrument, das derzeit nur eine Fassade ist – und auch auf mittlere Sicht bleiben wird. Denn nun ist auch noch die Firma Eisenbarth in vorläufiger Insolvenz. Das Passauer Unternehmen hat die Orgel für die neue Kirche gebaut. Die Einzelteile der Mechanik sind da, darunter auch neun Register aus der alten Orgel, die erhalten und aufgearbeitet wurden. Aber die gesamte Steuerung und Elektronik fehlen. Dass im frisch renovierten, größeren Teil der Drolshagener Kirche überhaupt Messen mit musikalischer Umrahmung gefeiert werden können, ist einer kleinen elektronischen Orgel zu verdanken, die schon im Jahr 2000 als Provisorium angeschafft wurde.

1500 einzelne Pfeifen

Thomas Grütz ist Organist der St.-Clemens-Kirche und berichtet vom Dilemma, in dem die Gemeinde durch die doppelte Insolvenz steckt. „Wir suchen nun zum einen jemanden, der die neue Orgel komplettiert. Das ist schwieriger als es klingt, denn obwohl alle Teile da sind, muss die Orgel komplett zusammengebaut und mit der nötigen elektronischen Steuerung versehen werden. Und dabei ist jede einzelne Pfeife zu stimmen, was entscheidend für die Klangfarbe des gesamten Instruments ist.“ Die Orgel der neuen Kirche wird 30 Register mit jeweils rund 50 Pfeifen haben, mit anderen Worten: rund 1500 einzelne Pfeifen gilt es zu stimmen und einzubauen. Und zum anderen sucht die Kirchengemeinde einen Fachmann oder ein Unternehmen, der in der Lage ist, die beiden Orgeln wie geplant zu koppeln, was aber noch schwieriger ist, denn kaum jemand kennt detailliert die fertige, für diesen Einsatz vorgesehene Technik der einstigen Firma Laukhuff. „Es gibt da jemanden, der das wohl kann, der hat aber bis über beide Ohren zu tun, weil so viele Orgeln mit Laukhuff-Technik ausgestattet sind“, so Thomas Grütz.

Idealerweise würde sich ein Orgelbauer finden, der beides kann: die neue Orgel fertigbauen und den Anschluss an das Instrument in der alten Kirche vornehmen. „Wenn das nicht gelingt, dann müsste die Orgel in der alten Kirche mit neuer Technik versehen werden, damit sie als Fernwerk der zweiten Orgel einsetzbar ist“, schildert Thomas Grütz, „das ist aber ein Aufwand, der sich kaum darstellen lässt.“ Derzeit laufen noch Bemühungen des Kirchenvorstands, des Orgelsachverständigen des Erzbistums und des Organisten, um entsprechende Fachfirmen zu finden. Auch laufen noch Gespräche mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter von Eisenbarth. Sollte dies nicht gelingen, „dann müssen wir uns hinsetzen und überlegen, wie wir weiter vorgehen. Ob wir beispielsweise auf die Kopplung beider Orgeln verzichten wollen“, so Thomas Grütz, der deutlich macht, dass das für ihn die schlechteste Lösung wäre.